Game Developers Conference Europe 2010
16.08.2010 11:13, Benjamin Schmädig

Im Zensurland nichts Neues

Auch "Schnitte", "Indizierung" und "Zensur" sind Thema auf der Game Developers Conference: Cryteks Avni Yerli, Matias Myllyrinne von Remedy sowie Stephan Reichart des deutschen Entwicklerverbands G.A.M.E. überlegten im Rahmen einer Diskussion, was Entwickler und Spieler tun könnten, damit Videospiele von einer breiteren Masse und besonders von Politikern wie andere Medien respektiert würden. Moderiert wurde die Runde von ESA-Mitglied Richard Taylor.

Nennenswerte Ergebnisse brachte der Gedankenaustausch leider nicht. Einmal mehr fielen Beispiele dafür, wie bestimmte Elemente, z.B. abgetrennte Finger, nicht einmal während der Konzeption eines Spiels berücksichtigt würden, weil man damit auf dem wichtigen deutschen Markt Probleme haben würde. Myllyrinne nannte im gleichen Zug allerdings auch die Rücksichtnahme auf ethnische Minderheiten anderer Breitengrade ein Ausschlusskriterium für verschiedene Inhalte. Interessant vielleicht, dass Remedy durchaus an einer Lösung arbeitete, um Max Payne vor der deutschen Indizierung zu bewahren - sich aus kreativen Überlegungen heraus allerdings gegen diese Lösung entschied. Auf welche Änderungen er anspielte, erläuterte er dabei nicht.

Der Großteil der Unterhaltung war von Durchhalteparolen geprägt: Besonders der Crytek-Gründer betonte, dass man wohl oder übel 30 Jahre warten müsse, bis eine neue Generation von Politikern den Videospielen die gleiche  Beachtung - bzw. Nichtbeachtung - zukommen lassen würde wie sie andere Medien erfahren. Man solle allerdings nicht nur Däumchen drehen, sondern müsse Berührungsängste abbauen. Crytek tut dies etwa, indem man Politiker zu einem Besuch einlädt, ihnen das Studio und die unterschiedlichen Arbeitsbereiche des kreativen Entwicklungsprozesses erläutert und sie selbst spielen lässt - nicht nur Crytek-Titel, wohl gemerkt. Alleine diese Erfahrung hätte großen Einfluss auf die Einstellung der Besucher und dürfte in der Tat eine bessere Basis für den Dialog fördern.

Schade, dass Yerlis Impulse die einzig konkreten blieben. Myllyrinne unterstrich noch, dass sich nicht nur die Entwickler eines Landes für mehr Toleranz zusammentun müssten, sondern dass ein internationaler Austausch nötig wäre. Abgesehen davon drehte sich das Panel jedoch viel zu lange um die längst bekannte Tatsache, dass Videospiele auf wenig gesellschaftlich Gegenliebe stoßen würden. G.A.M.E.-Geschäftsführer Reichart zog etwa den gewalttätigen Tarantino-Film "Inglourious Bastards" heran, der besonders im deutschen Sprachraum gelobt wurde - und hielt Dragon Age dagegen, das von denselben Politikern als zu brutal eingeschätzt wurde, um im Rahmen des Deutschen Computerspielpreises als bestes internationales Spiel ausgezeichnet zu werden. Reichart leistete sich zudem einen unnötigen Fehlgriff, indem er auf einen Publikumsbeitrag antwortete: "Videospiele zu verbannen ist die moderne Art der Bücherverbrennung." Das symbolische Vernichten von Gedankengut ist nicht das Gleiche wie der u.a. wegen Unwissenheit falsche Umgang mit einem neuen Medium. Moderator Taylor verwies schließlich einmal mehr auf die vielen Studien, die den Videospielen keinen gefährlichen Einfluss attestieren, bevor er das leidlich konstruktive Wundenlecken beendete.

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