Wenn der Regen einsetzt, beginnt der Alptraum: Seltsame Kreaturen schleichen aus ihren Verstecken und rotten sich zusammen. Je heftiger der Regen, desto schlimmer wird es. War es zu Beginn der Serie noch der Unheil bringende Nebel, der sich wie eine schwelende Decke über Silent Hill legte, sind es jetzt die Tropfen, die für den Schrecken sorgen - wer da keinen Unterschlupf findet, wird kämpfen müssen.
Da trifft es sich außerordentlich schlecht, dass der Held des Spiels, auch noch Angst vor Wasser hat. Murphy ist ein Strafgefangener, der von seinen Ketten befreit durch die Stadt streift. Wofür wurde er verurteilt? Was ist das für ein Typ? All das wird in der Präsentation noch nicht enthüllt, aber dafür erkennt man bei seinen Streifzügen durch die dunklen Gassen, dass er richtig Angst hat.
Kein Wunder: Er ist kein Veteran, hat keine Waffen und muss mit dem zurecht kommen, was er findet, um sich seiner Haut zu erwehren. Manchmal sind es schwarze Schatten von Frauen, die ihn mit ihren Schreien betäuben und mit ihren Klauen attackieren, bis er sie abschütteln und fliehen kann. Manchmal ist einfach nur ein unbeschreibliches Etwas, das ihn jagt. Sicher ist nur, dass er immer auf der Flucht ist.
Wenn die Grenzen zwischen realer und alptraumhafter Welt in Silent Hill verschwinden, wachsen Korridore schon mal ins Endlose: Man rennt in Schulterperspektive um sein Leben und kurz bevor man eine Abbiegung erreicht, wird der Flur nochmal länger. Und länger. Dieses Silent Hill setzt auf die Panik der Hilflosigkeit. Was zur Hölle ist in dieser Stadt los? Die psychotischen Verzerrungen der Kulisse wirken allerdings imposanter als die Texturdetails; in dieser Version trübten auch zahlreiche Pop-ups und spät gefüllte Grafiken das stimmungsvolle Gesamtbild.
Spärliche Antworten zum erzählerischen Hintergrund gibt es von einem schwarzen Briefträger: Der Mann taucht immer wieder urplötzlich auf und gibt Murphy mysteriöse Hinweise - aber richtig klar drückt er sich nicht aus. Will er überhaupt helfen? Das gilt es herauszufinden, indem man Häuser, Gassen und Katakomben erkundet, indem man Schlösser aufbricht und Rätsel löst. Immer mit der unguten Ahnung im Nacken, dass es zu regnen beginnt und die Monster aus ihren Löchern kriechen. Wenn dann noch die Musik von Dan Licht unheilvolle Akkorde anstimmt, will man am liebsten wegrennen.
Ausblick:
Ich bin gespannt, wie sich dieses Abenteuer entwickelt, das sich den hervorragenden zweiten Teil zum Vorbild nimmt. Das stimmt optimistisch, auch wenn das Spiel mittlerweile außer Haus in Tschechien entwickelt wird - von japanischen Producern betreut. Es soll viele Nebenquests geben, die diesen Horrortrip zu einem der umfangreichsten der Serie machen könnten. Dazu viele Rätsel, von denen wir nur wenige Schaltervarianten sehen konnten. Leider konnten wir von den angekündigten moralischen Entscheidungen noch keine treffen, aber sie werden zu mehr als drei möglichen Enden führen. Man darf sowohl böse als auch gut agieren und damit die Story beeinflussen; hört sich gut an, sieht gut aus.
gc-Eindruck: gut