Quo Vadis 2011
04.05.2011 13:55, Julian Dasgupta

Die Wertungsdebatte

Nachdem gestern bereits der vermeintliche aktuelle Stand der Spielepresse erörtert wurde, nahm man sich heute ein weiteres, stets aktuelles Thema vor: Wertungen. Es diskutierten in der vor Tom Putzki moderierten Runde: Michael Graf (IDG), André Peschke (Krawall), Heiko Gogolin (GEE), Jochen Hamma (Fantastic Realms) und Ingo Horn (Travian Games). 
Graf: Das 100-Prozent-System sei sehr wohl noch zeitgemäß, weil man so nachvollziehbar argumentieren und bewerten können. Am Ende müsse es ein übesichtliches Ergebnis geben. Peschke merkt an, dass es bei Online-Magazinen auch wichtig sei, bei Portalen wie Critify oder Metacritic erfasst werden können. Der Nutzer müsse sich schnell in dem ganzen Datenmeer orientieren und auch vergleichen können.
Gogolin ist fast erwartungsgemäß kein Fan des Ansatzes - die Vergleichbarkeit sei eingeschränkt. Die Aussagekraft eines Wertungsspektrums, in dem die meisten Spiele im Bereich von 75 bis 100 Punkten bewertet werden, sei fragwürdig. Außerdem würden ja verschiedene Genres vermengt. Horn merkt an: Heute gebe es eine "weniger objektive Wahrnehmung der Wertung" - früher sei eine 70 noch eine gute Note gewesen; aufgrund der Wertungsinflation gelte ein Spiel mit einer 75 heute schon ein Flop. Peschke entgegnet, dass die durchschnittliche Qualität  der Software halt zugelegt hat, was sich eben in den Wertungen niederschlägt.
Hamma: In Deutschland gehe die Presse mit hiesigen Entwicklern eher freundlich um - die Wertungen seien da schon mal 5 bis 10 Punkte höher. Graf entgegnet, dass man bei solchen Spielen vielleicht mehr Vorberichserstattung liefert, aber nicht bessere Noten vergibt. Hamma entgegnet, dies lasse sich an den deutschen und internationalen Durchschnittswertungen von Spielen die Desperados nachweisen, wo doch eine ziemliche Lücke klaffe. Graf: Das lasse sich mit den unterschiedlichen Präferenzen des hiesigen Marktes erklären. Hamma führt an, dass auch ein Spiel wie Crysis hierzulande im Schnitt 5 Punkte mehr bekommen habe - bei Shootern gebe es aber nicht derartige Unterschiede hinsichtlich der Vorlieben. Peschke fragt sich, ob das nicht vielleicht auch einfach heiße, dass die internationale Presse deutsche Produktionen weniger ernst nimmt. 
Putzki plaudert nun über Arcania: Gothic 4 - da seien internationale Wertungen doch teilweise 40 bis 50 Punkten unter den deutschen geblieben. Gogolin merkt an, dass eine Wertungs- bzw. Meinungsvielfalt die Sache doch interessanter mache. Derzeit sei die Szene viel zu homogen. Generell hätten die hiesigen Hersteller ein viel größeres Problem mit Kritik als internationale Publisher.
Hamma erinnert daran, dass die Gamestar einst als kritisches Magazin ins Leben gerufen worden, deren Wertungsschnitt sich zwischen 50 nund 60 (mittlerweile 60 bis 70 laut Hamma) bewegte, aber trotz einer Auflage von 200.000 bis 300.000 nicht profitabel war, weil viele Hersteller keine Anzeigen buchte. Graf widerspricht energisch - ihm sei nicht bekannt, dass das Magazin irgendwann mal nicht profitabel war. Den höheren Schnitt könne man damit erklären, dass man heutzutage nicht mehr jeden Mist teste, den es auf dem Markt gibt.
Peschke meldet sich wieder zu Wort und merkt an, dass der Vorteil einer Wertung sei, dass der Redakteur letztendlich dazu gezwungen sich zu bekennen. Auch geht er auf Gothic 4 ein, welches bei ihm eine 80er Wertung bekam. Er habe das Spiel als gutes Hack & Slay-Titel, nicht unbedingt als gutes Gothic-Spiel wahrgenommen und entsprechend eingestuft. Um jene Unterscheidung zu verstehen, hätte man aber das eigentliche Review mal lesen müssen.
Das derzeitige Wertungssystem gehe von einer vermeintlichen Objektivierbarkeit aus, so Gogolin, der die Argumentation "verkopft" findet und ein bereits gestern angesprochenes Thema aufgreift. Es werde zu viel technifiziert und quantifiziert. Peschke merkt an, dass es mittlerweile auch im Filmbereich sehr wohl Wertungen gebe, würden viele Leute doch heute oft bei IMDB oder Rottentomatoes nachschlagen.
Wertungen seien nicht aus der Luft gegriffen, da man in den Diskussionsrunden jeder einzelnen Kategorie Vergleiche mit bereits früher eingestuften Spielen mache und sich so auf einen Score einige. Dabei greife man auf interne Datenbanken zurück. Auch habe er das Gefühl, dass die ach so schlechte Wahrnehmung einer 70 eher auf Herstellerseite stattfindet, nicht bei den Spielern.
Putzki fragt in die Runde: Wie wolle man zukünftig den Spiele wie Social Games oder iPhone-Apps berücksichtigen im derzeitigen Wertungssystem. Dabei erinnert sich der einstige Phenomedia-Mann an Noten, die ein Spiel wie Moorhuhn von der Fachpresse verpasst bekam. Peschke: Man vergleiche doch auch heute schon allerlei Genres und Plattformen. Gogolin wirft ein, dass Bewertungen von Magazinen heute weniger relevant seien als früher, da die Empfehlung durch Freunde und Bekannter dank der guten Vernetzung heutzutage eine immer größere Rolle spiele. 
Peschke und Graf finden, dass sich die Spieletests im Laufe der Zeit eh weiterentwickeln. Früher habe man deutlich weniger Genres und Plattformen abdecken müssen. Für AppStore-Spiele würde vielleicht schon ein 5-Punkte-System ausreichen. Tests von MMO- und Free-2-Play-Titeln seien ein kritisches Thema, merkt Peschke mit Verweis auf eines der eher jüngeren Genres an. Man müsse deutlich mehr Zeit (und damit: Geld) investieren - der Bericht werde dann aber nicht deutlich deutlich häufiger gelesen. Das Ganze sei oft "ökonomisch nicht sinnvoll". Genau jene Anmerkung wird später aus dem Publikum kritisiert: Der Test von F2P-Spielen sei nicht aufwändiger. Die Presse stehe in der Pflicht, sich altnative Methoden überlegen, wie sie auch solche Spiele ausreichend berücksichtigen.
Graf findet durchaus, dass es Verbesserungsbedarf gebe - allerdings gebe es auch redaktionelle Grenzen. Man könne nicht für jeden Online-Titel einen Tester abstellen, der ein Spiel nach Monaten nochmals unter die Lupe nimmt. 
Nachdem gestern bereits der vermeintliche aktuelle Stand der Spielepresse erörtert wurde, nahm man sich heute ein weiteres, stets aktuelles Thema vor: Wertungen. Es diskutierten in der vor Tom Putzki moderierten Runde: Michael Graf (IDG), André Peschke (Krawall), Heiko Gogolin (GEE), Jochen Hamma (Fantastic Realms) und Ingo Horn (Travian Games). 

Graf: Das 100-Prozent-System sei sehr wohl noch zeitgemäß, weil man so nachvollziehbar argumentieren und bewerten können. Am Ende müsse es ein übesichtliches Ergebnis geben. Peschke merkt an, dass es bei Online-Magazinen auch wichtig sei, bei Portalen wie Critify oder Metacritic erfasst werden können. Der Nutzer müsse sich schnell in dem ganzen Datenmeer orientieren und auch vergleichen können.

Gogolin ist fast erwartungsgemäß kein Fan des Ansatzes - die Vergleichbarkeit sei eingeschränkt. Die Aussagekraft eines Wertungsspektrums, in dem die meisten Spiele im Bereich von 75 bis 100 Punkten bewertet werden, sei fragwürdig. Außerdem würden ja verschiedene Genres vermengt. Horn merkt an: Heute gebe es eine "weniger objektive Wahrnehmung der Wertung" - früher sei eine 70 noch eine gute Note gewesen; aufgrund der Wertungsinflation gelte ein Spiel mit einer 75 heute schon ein Flop. Peschke entgegnet, dass die durchschnittliche Qualität  der Software halt zugelegt hat, was sich eben in den Wertungen niederschlägt.

Hamma: In Deutschland gehe die Presse mit hiesigen Entwicklern eher freundlich um - die Wertungen seien da schon mal 5 bis 10 Punkte höher. Graf entgegnet, dass man bei solchen Spielen vielleicht mehr Vorberichterstattung liefert, aber nicht bessere Noten vergibt. Hamma entgegnet, dies lasse sich an den deutschen und internationalen Durchschnittswertungen von Spielen wie Desperados nachweisen, wo doch eine ziemliche Lücke klaffe. Graf: Das lasse sich mit den unterschiedlichen Präferenzen des hiesigen Marktes erklären. Hamma führt an, dass auch ein Spiel wie Crysis hierzulande im Schnitt 5 Punkte mehr bekommen habe - bei Shootern gebe es aber nicht derartige Unterschiede hinsichtlich der Vorlieben. Peschke fragt sich, ob das nicht vielleicht auch einfach heiße, dass die internationale Presse deutsche Produktionen weniger ernst nimmt. 

Putzki plaudert nun über Arcania: Gothic 4 - da seien internationale Wertungen doch teilweise 40 bis 50 Punkten unter den deutschen geblieben. Gogolin merkt an, dass eine Wertungs- bzw. Meinungsvielfalt die Sache doch interessanter mache. Derzeit sei die Szene viel zu homogen. Generell hätten die hiesigen Hersteller ein viel größeres Problem mit Kritik als internationale Publisher.

Hamma erinnert daran, dass die Gamestar einst als kritisches Magazin ins Leben gerufen wurde, deren Wertungsschnitt sich zwischen 50 und 60 (mittlerweile 60 bis 70 laut Hamma) bewegte, aber trotz einer Auflage von 200.000 bis 300.000 nicht profitabel war, weil viele Hersteller keine Anzeigen buchten. Graf widerspricht energisch - ihm sei nicht bekannt, dass das Magazin irgendwann mal nicht profitabel war. Den höheren Schnitt könne man damit erklären, dass man heutzutage nicht mehr jeden Mist teste, den es auf dem Markt gibt.

Peschke meldet sich wieder zu Wort und merkt an, dass der Vorteil einer Wertung sei, dass der Redakteur letztendlich dazu gezwungen wird, sich zu bekennen. Auch geht er auf Gothic 4 ein, welches bei ihm eine 80er Wertung bekam. Er habe das Spiel als guten Hack & Slay-Titel, nicht unbedingt als gutes Gothic-Spiel wahrgenommen und entsprechend eingestuft. Um jene Unterscheidung zu verstehen, hätte man aber das eigentliche Review mal lesen müssen.

Das derzeitige Wertungssystem gehe von einer vermeintlichen Objektivierbarkeit aus, so Gogolin, der die Argumentation "verkopft" findet und ein bereits gestern angesprochenes Thema aufgreift. Es werde zu viel technifiziert und quantifiziert. Peschke merkt an, dass es mittlerweile auch im Filmbereich sehr wohl Wertungen gebe, würden viele Leute doch heute oft bei IMDB oder Rottentomatoes nachschlagen.

Wertungen seien nicht aus der Luft gegriffen, da man in den Diskussionsrunden jeder einzelnen Kategorie Vergleiche mit bereits früher eingestuften Spielen mache und sich so auf einen Score einige. Dabei greife man auf interne Datenbanken zurück. Auch habe er das Gefühl, dass die ach so schlechte Wahrnehmung einer 70 eher auf Herstellerseite stattfindet, nicht bei den Spielern.

Putzki fragt in die Runde: Wie man zukünftig Spiele wie Social Games oder iPhone-Apps im derzeitigen Wertungssystem berücksichtigen wolle. Dabei erinnert sich der einstige Phenomedia-Mann an Noten, die ein Spiel wie Moorhuhn von der Fachpresse verpasst bekam. Peschke: Man vergleiche doch auch heute schon allerlei Genres und Plattformen. Gogolin wirft ein, dass Bewertungen von Magazinen heute weniger relevant seien als früher, da die Empfehlung durch Freunde und Bekannte dank der guten Vernetzung eine immer größere Rolle spiele. 

Peschke und Graf finden, dass sich die Spieletests im Laufe der Zeit ohnehin weiterentwickeln. Früher habe man deutlich weniger Genres und Plattformen abdecken müssen. Für AppStore-Spiele würde vielleicht schon ein 5-Punkte-System ausreichen. Tests von MMO- und Free-2-Play-Titeln seien ein kritisches Thema, merkt Peschke mit Verweis auf eines der eher jüngeren Genres an. Man müsse deutlich mehr Zeit (und damit: Geld) investieren - der Bericht werde dann aber nicht deutlich deutlich häufiger gelesen. Das Ganze sei oft "ökonomisch nicht sinnvoll". Genau jene Anmerkung wird später aus dem Publikum kritisiert: Der Test von F2P-Spielen sei nicht aufwändiger. Die Presse stehe in der Pflicht, sich alternative Methoden überlegen, um auch solche Spiele ausreichend zu berücksichtigen.

Graf findet durchaus, dass es Verbesserungsbedarf gebe - allerdings gebe es auch redaktionelle Grenzen. Man könne nicht für jeden Online-Titel einen Tester abstellen, der ein Spiel nach Monaten nochmals unter die Lupe nimmt.

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