Game Developers Conference Europe 2015
03.08.2015 19:38, Marcel Kleffmann

Der Kampf gegen Schummler und das Geschäft mit den Cheats: "Once a Cheater Always a Cheater: Gotta Catch'Em All"

"Cheating" gehört zu den Themen, die im Computer- und Videospielbereich eher stiefmütterlich behandelt werden. Kooperationen zur systematischen Bekämpfung von Cheatern zwischen den Publishern fehlen größtenteils und auch auf Entwickler-Konferenzen wird das "Schummeln in Spielen" gerne totgeschwiegen. Auf der GDC Europe 15 wurde das Thema von Eugen Harton von Bohemia Interactive (aus dem DayZ-Team) nun in ausführlicher Form angesprochen. Alles dreht sich um: "Once a Cheater Always a Cheater: Gotta Catch'Em All". In seinem Vortrag umriss er zunächst die Größe des Problems und ging auf die Motive der Cheater sowie die wirtschaftlichen Aspekte der Cheat- bzw. Hackanbieter ein. Im Anschluss präsentierte er einige Methoden zur Abwehr gegen Schummler.

Gerade in kompetitiven Multiplayer-Titeln, in Spielen mit modifizierbarer Umgebung (Mods) und bei Titeln, in denen der Fortschritt des Spielers durch einen permanenten Tod (wie bei DayZ) bedroht ist, sei Cheating besonders schwerwiegend. Als Cheaten wird dabei die Manipulation des Spiels durch geeignete Maßnahmen und nicht implementierte Features verstanden, um sich einen unfairen Vorteil gegenüber den normalen Spielern zu verschaffen. Stellenweise gibt es auch Leute, die dem Spiel bzw. den Entwicklern nur Schaden zufügen wollen. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Verkäufe von (erschummelten) Gegenständen, Item-Magnete, Aimbots (automatisches Zielen), Speedhacks (schneller sein als die anderen Spieler), Wallhacks (durch Wände schauen) oder Server-Crashes.

Am Beispiel von DayZ, das sich in der Early-Access-Phase befindet, erklärte Eugen Harton, dass 1,39 Prozent aller Accounts bzw. Lizenzen wegen "Cheatens" ausgeschlossen wurden - das sind mehr als 44.000 DayZ-Accounts an der Zahl. Es ist davon auszugehen, dass die Prozentzahl bei anderen Spielen in einem ähnlichen Rahmen liegt, denn die Bannquote bei VAC (Valve Anti-Cheat) liegt bei 1,42 Prozent. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass Spieler, die bereits geschummelt hätten, ihr Verhalten ändern, denn knapp 75 Prozent aller Cheater würden - auch nach einer Strafe - das Schummeln fortsetzen. Die Daten stammen laut Harton aus eigener Erhebung.

Der Cheat-Bereich sei - gemäß seinen Daten - ein eigener Geschäftszweig mit weltweit geschätzt 1,25 Mio. Dollar Umsatz. Die Hersteller der Cheats würden dabei mehrere Ziele verfolgen. Neben dem sozialen Aspekt zur Schaffung eines Feindbildes gehe es hauptsächlich um die Reputation oder das Geld. Zur Steigerung der Bekanntheit oder des Rufs könnten z.B. die angewandten Cheates bei YouTube oder Twitch der Öffentlichkeit präsentiert werden - was unter Umständen dem Spiel schaden könnte. Als Beispiel nannte er einen Cheat/Hack, der einen Spieler durch einen Schutzschild aus Holzpfeilen beschützte. Der cheatende Spieler wurde dadurch unverwundbar und musste andere Spieler nur berühren, um sie auszuschalten. Andere Beispiele sind gigantische Autos als Objekte oder Tornados, die über das Land fegen.

Ansonsten werden Cheats oder Hacks verkauft - entweder auf öffentlichen Portalen oder privat auf einschlägigen Kanälen. Es wird geschätzt, dass öffentlich zugängliche Portale um die 40.000 Dollar im Monat umsetzen und private Cheat-Anbieter durchaus 5.000 Dollar im Monat erzielen können. Eugen Harton weist in dem Zusammenhang auf die Paranoia vieler Cheat-Entwickler hin.

Neben verbreiteten Cheat-Engines (wie Xenos, Memorysharp, dllinjector etc.) oder einem anfälligen Anti-Cheat-Tool können Speicherhacks oder das Einfügen von eigenen DLL-Dateien zur Manipulation genutzt werden. Die verwendete Game-Engine, die Möglichkeit des Skriptings im Rahmen von Mods und das verwendete Betriebssystem (Stichwort: Windows Test Modus) stellen gleichermaßen mögliche Angriffspunkte dar.

Um Cheater wirksam auszusperren, kam er auf ein eigenes Programm (kernel agent) zu sprechen, dass viele der eben genannten Probleme und Schwachstellen aus der Welt schafft. Generell sollte aber Reverse-Engineering ausgeschlossen werden und die Daten verschlüsselt vorliegen. Ein Kernelement im Kampf gegen Cheater sei aber die Client-/Server-Architektur. Getreu dem Motto "treue niemals einem Client" sollten alle relevanten Berechnungen auf dem Server stattfinden (kann Performance beeinflussen) und die Dinge, die der Client berechnet, sollten einer Glaubwürdigkeitsprüfung unterzogen werden. Hier könnten z.B. statistische Methoden verwendet werden, die z.B. ermitteln, ob ein Spieler zu viele Headshots (Aimbot?) macht oder ob es möglich ist, dass sich ein Projektil überhaupt so verhält etc. Zugleich kann mit Launcher-Programmen die Manipulation von Dateien ausgeschlossen werden.

Außerdem habe es sich in der Praxis bewährt, gewisse Lücken im System zu lassen und dann diejenigen zu verbannen, die diese (bewusst gelassenen) Lücken genutzt haben. Zudem sei es sinnvoll, "Bannwellen" zu verwenden - also viele Cheater auf einmal zu bannen - und das "Bannen" nicht sofort durchzuführen, sondern erst einige Tage später, damit die Cheat-Ersteller möglichst viel (und später nutzlose Zeit) in ihre Arbeit stecken. Dennoch müsste man als Entwickler unbedingt dafür sorgen, dass Spieler keinesfalls als Cheater gebrandmarkt werden, die nicht gecheatet haben (möglichst keine "false Positives"). Aus eigener Erfahrung sagte Eugen Harton weiter, dass man Cheater nicht anprangern oder verspotten dürfte - dies hätte sich in der Vergangenheit nicht bewährt, sondern würde eher das Gegenteil bringen. Favorisiert wird in dem Zusammenhang das Bannen der Lizenz, aber bei besonders hartnäckigen Fällen können komplexere Verbannungen basierend auf der Hardware-ID und anderen Elementen zum Einsatz kommen.

Um Cheatern auf die Schliche zu kommen, sei es nicht nur möglich, selbst Cheats zu kaufen oder sich als Spitzel unter die Cheat-Community zu mischen. Man könnte ebenso die ehrliche Community mit Belohnungen involvieren, wenn sie Cheater ertappen oder Schwachstellen im Spiel finden. Abschließend warf Eugen Harton einen Blick in die Zukunft und schätzte, dass das Problem mit den Cheats weiter zunehmen wird und mehr Cheat-Hardware erscheinen soll, schließlich könnte mit USB 3.0 direkt auf den Speicher zugegriffen werden ...

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