Goodgame Studios
20.01.2016 11:35, Marcel Kleffmann

Mehrzahl der Belegschaft ist gegen Gründung eines Betriebsrats; Mitarbeiter spricht von unterschwelligem Druck und vergiftetem Klima

Aktualisierung vom 20. Januar 2016, 12:35 Uhr:

Nachdem sich die Mehrzahl der Goodgame-Belegschaft gegen die Gründung eines Betriebsrats (BR) ausgesprochen hatte (siehe unten), meldete sich ein Mitarbeiter bei uns im Forum (anonym) zu Wort und beschrieb die Situation bzw. die Stimmung in dem Unternehmen. Die Darstellung des vermeintlichen Mitarbeiters deckt sich weitgehend mit dem gestrigen Bericht bei Spiegel Online .

Die Person schrieb: "Niemand steht mit einer Waffe hinter uns, aber es ist schon so, dass vom Management unterschwelliger Druck ausgeübt wurde. Die 'Alternative', die bisher weder einen konkreten Vertragsentwurf noch sonstige Details vorstellen konnte, hat eine Liste stark idealisierter Ideen vorgestellt und glaubt offenbar wirklich, dass das Management so einen Vertrag unterschreiben wird, obwohl sie sich gegen einen BR so gesträubt haben. Es gab die Argumente, dass so eine Alternative besser auf uns angepasst werden, vielleicht uns sogar mehr Rechte als ein BR einräumen konnte. Leider ist es so, dass viele Mitarbeiter bei GGS sehr jung, naiv und unerfahren sind. Es wurde deutlich, dass viele sich noch gar nicht umfassend informiert hatten, da die gleichen Fragen immer wieder und wieder gestellt wurden. Leider haben Gegner des Betriebsrates die Veranstaltungen auch massiv gestört mit Hereinrufen, Anpöbeln der Befürworter, minutenlangen emotionalen Reden gegen Verdi, die als Geier und Verräter bezeichnet wurden. Es herrscht immer noch die Vorstellung, dass das Management unsere Freunde seien und dass man doch bei GGS über alles reden könne und ein BR das kaputtmachen würde. Dass wir nur Nummern sind und diese 'Freundschaft' längst zerstört ist, haben viele noch nicht begriffen. Zurück bleibt ein Haufen desillusionierter BR-Befürworter, die gekämpft und sich informiert haben, für nichts. Der Rest der Firma sieht entweder keinen Bedarf an einer Mitarbeitervertretung und attackiert stattdessen lieber die eigenen Kollegen (vor allem höher gestellte Angestellte) oder hofft auf einen internen Vertrag mit dem Management, der eventuell in einigen Monaten mal fertig sein könnte und dann noch verhandelt werden muss. Diese Mitarbeiter vergeben dem Management teilweise die gröbsten Patzer, da wir ja alle 'nur Menschen' sind, ist aber gleichzeitig bereit, Kollegen als Verräter darzustellen. Teilweise hat das ganze sekten-artige Eindrücke, wenn die Belegschaft gegen Gewerkschaften eingeschworen wird, die die 'Feinde von draußen' seien. Die ganze Atmosphäre ist völlig vergiftet."
 
Ursprüngliche Meldung vom 19. Januar 2016, 21:34 Uhr:

Auf der heutigen Betriebsversammlung der Goodgame Studios (GGS) hat sich eine Mehrheit (62,8% der anwesenden 1035 Mitarbeiter) gegen einen Betriebsrat ausgesprochen. Der zu wählende Wahlvorstand erhielt damit keine Mehrheit. Das Verfahren zur Gründung eines Betriebsrats wird demnach gestoppt. "Das Unternehmen wird jetzt konstruktiv bei der Ausarbeitung einer alternativen Mitarbeitervertretung mitwirken, um den Angestellten mehr Mitsprache am Unternehmen zu ermöglichen. Das neue Gremium wird federführend von Goodgame Studios' Mitarbeitern entwickelt. Aufgrund des eindeutigen Wahlergebnisses gehen wir davon aus, dass alle Beteiligten den Willen der Mehrheit aller Mitarbeiter respektieren und dem Alternativmodell eine faire Chance geben werden, sich zu beweisen. Ver.di hat noch in der Versammlung mitgeteilt, dass Ergebnis der Wahl zu akzeptieren und keine weiteren Schritte einzuleiten", heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Ende des letzten Jahres befanden sich die Goodgame Studios aufgrund von Mitarbeiter-Kündigungen und der vermeintlichen Verhinderung der Gründung eines Betriebsrats vermehrt in den Schlagzeilen (wir berichteten, mehrfach).

"Wir freuen uns, dass die Mehrheit unserer Mitarbeiter eine individuell auf das Unternehmen abgestimmte Mitarbeitervertretung für die passendere Lösung für Goodgame Studios hält. Das zu wählende Gremium wird über umfassende Kompetenzen und eine vertragliche Absicherung verfügen, sodass es im besten Interesse aller Mitarbeiter arbeiten kann. Wir bedanken uns ausdrücklich für die bisherige Arbeit an dem Modell und das Vertrauen unserer Mitarbeiter in diesen Ansatz", sagt Kai Wawrzinek, CEO Goodgame Studios.

Bei Spiegel Online erschien heute ebenfalls ein Artikel über die Goodgame Studios, der ein anderes Stimmungsbild zeichnet: "Mit Tricks und Drohungen bekämpft Goodgame Studios die Gründung eines Betriebsrats. Der größte deutsche Computerspielehersteller steht für einen gefährlichen Trend in der deutschen Gründerszene: Bei schnell wachsenden Start-ups ist die Gefahr der Ausbeutung von Mitarbeitern besonders groß."

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