Spielkultur
13.08.2007 06:42, Julian Dasgupta

"Killerspiele": Die Objektivitätsillusion

Im Juni hatten sich bei Telepolis zwei ehrenamtliche USK-Gutachter mit einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) auseinandergesetzt , derzufolge die Einstufungen der USK zu lasch sind. Die Gutachter hatten den Forschern unter der Leitung Christian Pfeiffers u.a. vorgeworfen, kausale Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Spielen und schlechten schulischen Leistungen konstruiert zu haben, auch lasse die Begründung der These über zu niedrige Alterseinstufungen zu wünschen übrig.

In einem neuen Beitrag gehen die beiden Autoren nun auf ein paar Reaktionen auf ihren ersten Artikel ein und beschäftigen sich außerdem mit der Nachvollziehbarkeit des Bewertungsprozesses sowie der Problematik spezieller Einstufungskritierien.

In der USK sind die entscheidenden Gremien vom Zeitpunkt abhängig unterschiedlich besetzt - laut den beiden Gutachtern kein Nachteil, sondern ein Vorteil, der für Heterogenität in der Gruppe sorgt und darin resultiert, dass stets neue Perspektiven in die Diskussion gebracht werden.

"Die Sachverhalte sind komplex, und die Hoffnung, dass vor allem differenzierte Kriterienkataloge Eindeutigkeit, Transparenz und Verbindlichkeit schaffen, bleibt ein frommer Wunsch. Das Problem besteht nämlich darin, dass jedes Prüfkriterium im Kontext des gesamten Spiels gesehen und gewertet werden muss. Humoristische Szenen können in einem gewalthaltigen Spiel wie zynische Kommentare wirken und auf ein Indizierungsrisiko für das Spiel hindeuten.

In einem anderen Spiel können formal ähnliche Bestandteile die Ernsthaftigkeit des Spielgeschehens relativieren und die Distanz des Spielers verstärken. Selbst beide Interpretationen können bei ein- und demselben Spiel möglich und nachvollziehbar sein - eine komplexe diskursive Gradwanderung in der Argumentation, die nicht operationalisiert werden kann."

Auch wird das von der KFN vorgeschlagene Prüfverfahren mit dem aktuellen ausführlich verglichen. Das in der Studie angedachte Vorgehen basiert stark auf einer erarbeiteten Liste von für die Einstufung relevanten Kritieren. Mit jener Liste erschaffe man aber nur die Illusion von Transparenz, Objektivität und Standards, so die Artikelautoren - der eigentliche Bewertungsprozess sei dadurch keinen deut nachvollziehbarer. So basiere der Vorwurf der falschen Einstufungen letztendlich darauf, dass sich die USK-Wertungen von der Einschätzung der KFN-Mitarbeiter unterscheiden.

"Möglicherweise hat dieser Fauxpas seinen Grund darin, dass im KFN stets die gleiche, homogene Gruppe zusammenarbeitet. Nur in einer starren Gruppe, deren Mitglieder einander bestätigen, kann die Illusion entstehen, als einzige "richtige" Entscheidungen zu fällen. Dieser Illusion wegen können die KFN-Mitarbeiter wahrscheinlich nicht nachvollziehen, dass die USK-Gutachtenden, deren Integrität sie nicht in Zweifel ziehen, nach verantwortungsvoller und differenzierter Diskussion zu anderen Einschätzungen kommen als sie. Deshalb basteln sie eine abstruse Verschwörungstheorie zusammen, nach der zwar gutwillige, aber leicht vertrottelte Prüfgremien sich von abgebrühten Testern manipulieren lassen."

Man könne nie ausschließen, das "problematische" Entscheidungen getroffen werden - mehr Transparenz im derzeitigen Modus ließe sich aber erreichen, wenn es mehr Möglichkeiten gäbe, Einstufungen auch nachträglich zu revidieren.

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