von Marcel Kleffmann,

Bethesda Softworks: Obsidian-Chef über seinen Werdegang

Bethesda (Unternehmen) von Bethesda Softworks
Bethesda (Unternehmen) von Bethesda Softworks - Bildquelle: Bethesda Softworks


Bethesda Softworks hat ein Interview mit Feargus Urquhart, dem Gründer und CEO von Obsidian Entertainment veröffentlicht (u.a. Neverwinter Nights 2, Star Wars Knights of the Old Republic II und Alpha Protocol). Im nachfolgenden Interview wird zwar kein Wort über das aktuell in Entwicklung befindliche Fallout: New Vegas verloren, dafür verrät er Details über seinen persönlichen Werdegang vom Pizzabäcker zum Studioboss und spricht über seine persönlichen Vorlieben.

Hat schon einmal jemand Ihren Namen korrekt ausgesprochen?

Das kommt so selten vor, dass ich jedes Mal überrascht bin. In der Schule war es immer sehr unterhaltsam, wenn wir einen Vertretungslehrer hatten. Wenn er die Schüler der Namensliste nach aufrief, gab es irgendwann immer eine Pause. Die ganze Klasse sah mich dann grinsend an, und ich sagte nur: "Anwesend". Danach kam immer die Frage nach der Herkunft meines Namens, der schottischen Ursprungs ist. Das Schloss Urquhart liegt am Loch Ness... Ja, der See mit dem Monster.

Wie fängt man es an, ein Unternehmen wie Obsidian zu gründen?

Zunächst muss man etwas verrückt sein. Die Sache für eine gute Idee zu halten, ist auch ein guter Anfang. Als erstes wollten wir herausfinden, wie wir ein Unternehmen führen könnten, und erst dann wollten wir entscheiden, was wir damit anfangen. Wir waren vernarrt in die Idee, Einzelspieler-RPGs zu machen, das war also von Anfang an die Vorgabe. Indem wir uns auf ein Ziel konzentrierten, wussten wir genau, was wir zum Aufbau des Studios benötigen würden - wir wussten, welche Art von Projekten uns vorschwebten und welche Menschen und Technologien wir brauchen würden, damit wir die Spiele herstellen können, die wir lieben.

Wie hat sich Ihrer Meinung nach Ihre eigene Rolle seit Gründung des Studios verändert?

Die größte Veränderung besteht darin, dass ich weniger Zeit mit der Produktion der Spiele direkt verbringe. Zum Beispiel bearbeite ich keine Daten oder versuche, Grafiken in das Spiel zu bringen. Dennoch versuche ich, so viel Zeit wie möglich der Arbeit an den Spielen selbst zu widmen. Bei Knights of the Old Republic 2 zum Beispiel hatten wir einen ziemlich engen Zeitplan und ein knappes Budget, und jeder musste irgendwo einspringen. Ich durfte dann Gegenstände (Betten, Truhen, Lampen usw.), Kreaturen und Figuren in das Spiel einbauen.

Was ist das Beste an Ihrem Job? Und was das Schlimmste?

Das Beste ist, dass ich Spiele herstellen kann. Die Antwort ist einfach, aber genau so ist es. Ich arbeite in einer Industrie, die Dinge herstellt, mit denen ich mich auch in meiner Freizeit beschäftige - es ist Arbeit und Hobby zugleich. Am meisten Spaß macht die Entwicklung eines Spiels, darüber zu reden, was wir machen wollen, und dann herauszufinden, wie wir es am besten machen.

Am schlimmsten ist der Stress, ein kleines Unternehmen zu führen. Es ist definitiv meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass 120 Mitarbeiter ihren Lohn erhalten, damit sie etwas zu essen haben und sich um ihre Kinder kümmern können. Diese Verantwortung trage ich jeden Tag mit mir herum, und manchmal versetzt sie mir einen Dämpfer.

Wie sind Sie in der Industrie gelandet? Haben Sie Tipps, wie man es am besten schafft?

In der High School fing alles an. Damals freundete ich mich mit einigen Leuten aus meinem D&D-Spielclub an. Ich rede hier von "Pen and Paper", nicht von Videospielen. Einer dieser Freunde arbeitete nach der Schule bei Egghead Software und fing ein D&D-Spiel mit jemandem an, der bei Interplay arbeitete. Interplay fing an zu expandieren, sie brauchten jemanden für den Kundenservice, und mein Freund nahm den Job. In jenem Sommer brauchte ich Arbeit, und er empfahl mich für Spieletests. Mein Vorstellungsgespräch bestand darin, dass der Produktionsleiter kurz hochsah und mich fragte: "Sie sind also Feargus?" - worauf ich mit "Ja" antwortete. Und das war's. Ich war angestellt. Leider ist das sehr lange her, und so geht das heute nicht mehr. Heute braucht man Fähigkeiten, die einen vor anderen herausstehen lassen.

Ich kann aber ein paar nützliche Tipps geben, um in der Industrie Fuß zu fassen. Wichtig sind zum Beispiel korrekte Rechtschreibung und Grammatik in allen Unterlagen, die man bei der Bewerbung verschickt. Sie wären überrascht, wenn Sie wüssten, wie oft wir Bewerbungsschreiben und Lebensläufe zugeschickt bekommen, für die man in der Schule durchfallen würde.

Man muss hartnäckig sein, niemals aufgeben und immer fragen, ob es in Ordnung ist, wenn man sich ein paar Monate später noch einmal meldet. Fragen kostet nichts. Wenn man in der Nähe des Unternehmens arbeitet, bei dem man sich bewirbt, kann man zum Beispiel auch den Personalchef, einen der langjährigen Entwickler oder sogar den Geschäftsführer selbst zum Essen einladen. Das bringt einem vielleicht nicht unbedingt den Job, den man gerne haben möchte, aber man erhält Informationen und Perspektiven aus der Industrie, die man zuvor nicht hatte.

Was war das bisherige Highlight Ihrer Karriere?

Das ist schwer zu sagen. Ich halte mich nicht lange an meinen Erfolgen auf. Ein interessanter Charakterzug eigentlich: Ich bin immer schon bei der nächsten Sache. An der Entwicklung von Fallout beteiligt gewesen zu sein, den Namen "Baldur's Gate" für Baldur's Gate auszuwählen, sowohl an Star Wars und an D&D mitzuarbeiten, mit Ray und Greg von BioWare befreundet zu sein, die lockere technische Definition für ein Planescape-Spiel zu entwerfen, aus der Chris Avellone dann Planescape: Torment gemacht hat - das sind alles bemerkenswerte Highlights. Ich erinnere mich sehr gerne an all diese Dinge.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsspiel aller Zeiten?

Meine Antwort auf diese Frage finden die meisten Menschen merkwürdig, aber statt auf die alten PC-RPGs - Bard's Tale 1, Might and Magic 4 und 6, Ultima 3 und 4 und Wasteland - greife ich oft auf Sid Meier's Colonization zurück. Es ist seltsam, und ich weiß selbst auch nicht, warum, aber zum Teil mag es daran liegen, dass ich es auch nach zwanzig Mal spielen ... immer noch nicht geschafft habe.

Auf welche Spiele freuen Sie sich?

Ich besitze ein paar Spiele, bei denen ich noch nicht dazu gekommen bin, sie zu spielen, zum Beispiel Mass Effect 2 und Uncharted 2. Auch Dragon Age und Assassin's Creed 2 muss ich noch beenden. Was kommende Spiele angeht, freue ich mich auf das nächste Final Fantasy, Darkstalkers (ist schon veröffentlicht, habe ich aber noch nicht), StarCraft 2 und Diablo 3.

Was lässt sie morgens aus dem Bett aufstehen?

Normalerweise ein Kind, das mir Fragen stellt, die ich um die Uhrzeit noch nicht beantworten kann. Nein, im Ernst, ich habe ein ziemlich gutes Leben. Ich habe eine verständnisvolle Frau, großartige Kinder und gute Freunde, und ich kann arbeiten gehen und Spiele machen. Hoffentlich ist das nicht zu schmalzig.

Was war Ihr schlimmster Job?

Komischerweise haben mir alle Jobs gefallen, die ich so hatte, was für einen Vierzigjährigen in meinem Fall keine besonders lange Liste ergibt. Von 13 bis 16 verpackte ich für fünf Dollar die Stunde Ausgaben der Sunday LA Times in Schutzpapier. Von 16 bis 21 habe ich bei Domino's Pizza Bestellungen angenommen, Pizza gebacken und ausgefahren, und dann wurde ich Manager. Ich zahlte gut, und es gab in dem Laden viele lustige Leute, was die Arbeitszeit schnell vergehen ließ. Und seitdem ich 21 bin, arbeite ich in der Spieleindustrie. Ob ich dort Tester war, Produzent oder Entwickler, alles hat mir Spaß gemacht.

Haben Sie noch andere Hobbys oder Interessen? Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Wenn ich die Möglichkeit habe, spiele ich Video- und Brettspiele. Aber ich fahre auch gerne mit dem Mountainbike und lese Unmengen an Sci-Fi- und Fantasy-Literatur und Bücher über den Obersten Gerichtshof. Aber diesen Zusammenhang verstehe ich selbst nicht.

Gibt es noch irgendetwas Interessantes zu Obsidian zu berichten?

Wenn die Eigentümer von Obsidian in einem Raum zusammen sind und man sagt: "Hallo Chris", dann antworten 60% von ihnen auch mit Hallo.

Quelle: Bethesda Softworks

Kommentare

Minando schrieb am
Warum kombiniert er seine Jobs nicht ?
Die Pizzafans in seiner Truppe hättens ihm gedankt.
...und hört auf zu meckern, es gibt keine vollkommenere Synergie als die von Rollenspielen und lauwarmer Family-Size-Pizza.
Sid6581 schrieb am
Obsidion ist großartig und auch wenn die Spiele niemals so feingeschliffen sind wie bei Bioware, so merkt man ihnen doch an, dass dort Leute sitzen, denen das Rollenspiel im Blut steckt. Und die im Gegensatz zu Bethesda/Bioware auch neue Geschichten erzählen wollen, die sich nicht immer nur an den endlos gleichen Strukturen entlanghangeln und die gleichen Stereotypen unter neuem Namen erneut aufwärmen. Ich hoffe, dass man dort in Sachen wirtschaftliche Entscheidungen ein besseres Händchen als einst Troika und Interplay hat, denn von Obsidian erwarte ich großes - und hoffentlich auch mal wieder ein PA-RPG.
schrieb am