Star Wars: The Old Republic
23.06.2010 12:57, Mathias Oertel

E3-Eindruck: Lebendige Dialoge

Bioware ist verdammt ehrgeizig. Dass die Mannen um Greg Zeschuk und Ray Muzyka eine ehrenvolle Rollenspiel-Ahnentafel haben, steht außer Frage: Von Baldur's Gate über Neverwinter Nights oder Star Wars Knights of the Old Republic bis Dragon Age und Mass Effect. Doch an Online-Rollenspielen sind schon ganz andere gescheitert. Und als ob das Unterfangen MMORPG an sich nicht schon anspruchsvoll genug wäre, hat man sich mit Star Wars eine weitere Bürde auferlegt. Man erinnere nur an das ambitionierte Star Wars Galaxies von Sony Online, das im Laufe der Zeit viel von seiner Faszination einbüßte.
Doch Bioware gibt sich selbstbewusst - und nach dem, was  wir bisher von Star Wars The Old Republic (ToR) sehen konnten, vollkommen zu Recht.

Neu: Schiffe, Schlachten

In Los Angeles gab es aber nicht nur eine Präsentation der neuen Features, sondern vor allem die Möglichkeit, endlich selber mit den Helden der alten Republik durch die Online-Landschaften zu ziehen. An den frisch angekündigten PvP-Schlachten (Player-vs-Player, rein menschliche Duelle, Anm. d. Red.) konnte ich allerdings nur als Zuschauer teilnehmen - gezeigt wurde eine Schlacht in der PvP-Kriegszone auf Alderaan, die sich im Hinblick auf Dramatik und Atmosphäre durchaus ambitioniert zeigte, das Schlachtgefühl der Filme widerzuspiegeln. Welche Auswirkungen diese Auseinandersetzungen auf die Welt der Alten Republik haben, wird Bioware allerdings erst in den nächsten Wochen und Monaten erklären.
Auch die Spielerschiffe, die sich je nach Gesinnung unterscheiden und die als Refugium ebenso dienen wie als Transportmittel oder auch als Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen, konnte ich noch nicht betreten.

Online-Rollenspiel à la Bioware

Dafür jedoch konnte ich mit einem vorgefertigten Charakter, in diesem Fall dem Inquisitor auf Seiten der Sith, erste Schritte in der mit ihrem Comic-Look leicht an die Klonkriege erinnernden Kulisse unternehmen, die einen überzeugenden Eindruck hinterlässt. Die Gebiete sind ansprechend groß und bieten mit ihren exotischen Bewohnern und kleinen Bewegungen hier und da nicht nur eine lebendige Atmosphäre, sondern verströmen auch Star Wars-Flair. Wie es sich für einen Benutzer der dunklen Seite der Macht gehört, fokussiert sich der Inquisitor im Kampf auf Lichtschwert und Machteinsatz, wobei vor allem die zeitverzögerte Machtexplosion zu gefallen wusste.

Doch abgesehen von den futuristischen Elementen unterscheidet sich das Spiel nur marginal von einschlägig bekannten Genre-Größen. Oder pragmatisch ausgedrückt: Man läuft durch die Gegend, sammelt Missionen von speziell markierten NPCs ein, wählt nach Stärke farbig codierte Gegner an, attackiert sie, setzt Spezialfähigkeiten ein, die sich nach Benutzung erst wieder aufladen müssen, durchsucht sie nach ihrem Ableben auf Beute, sammelt diese ggf. ein und wendet sich dann dem nächsten Gegner zu, der einem bei der Erfüllung der Aufgabe(n) oder dem Aufstieg zur nächsten Erfahrungsstufe im Weg steht. Dafür jedoch bräuchte ich kein neues Online-Rollenspiel; das machen ältere Titel wie EverQuest 2 oder World of WarCraft ebenso gut. Natürlich zehrt ToR dabei auch vom Star Wars-Bonus und der daraus entstehenden Atmosphäre, die sich durch die großen Gebiete zieht, bei denen es nur minimale Ladezeiten gibt.

Emotionen statt Textwüsten

Seinen ganz großen Reiz jedoch gewinnt der Abstecher in die Alte Republik durch klassische Bioware-Tugenden: Umfangreiche Sprachausgabe bei den nicht minder umfangreichen Dialogbäumen. Als erstes Online-Rollenspiel werden sämtliche Hauptfiguren und sämtliche Questgeber komplett vertont (auch in einer lokalisierten Form). Und das Ergebnis kann sich dank professioneller Sprecher nicht nur hören lassen, sondern wirkt sich positiv auf das Stimmungsumfeld aus. Wenn man die Emotionen in der Stimme des Gegenübers hört (die Gespräche lassen sich allerdings auch abkürzen, wenn man nur auf die Mission und Erfahrungspunkte aus ist), wird man ungleich intensiver in die Geschichte gezogen als bei "den anderen" Online-Rollenspielen, in denen man die Story nur lesen kann oder muss oder bei denen man von dem NPC nur mit einem knappen "Hallo" gegrüßt wird.

Dadurch bietet sich ToR auch für Online-Rollenspieler an, die vorzugsweise solo unterwegs sind, was auch Bioware bewusst zu sein scheint: Obwohl man natürlich betont, dass man Gruppenspiel unterstützt und nahelegt, wird man einen Großteil der Missionen auch alleine bewerkstelligen können, wenn gerade keine Mitspieler greifbar sind und man partout nicht mit den sich anbietenden Charakteren auf die Jagd gehen möchte.

Natürlich wird der Erfolg von ToR noch von zahlreichen weiteren Elementen abhängen. Was ist mit dem Gildensystem? Wie sieht es mit Crafting aus? Schafft es Bioware, den Jedi-Rittern und Sith-Lords auch im Endspiel genügend Inhalte zu bieten? Haben die PvP-Duelle Auswirkungen auf die politische Gestaltung der Alten Republik? Diese und weitere Fragen sollen in den nächsten Monaten geklärt werden. Doch ich bin zuversichtlich, dass Bioware zufrieden stellende Antworten findet. Star Wars The Old Republic birgt nach wie vor das Potenzial, eine feste Größe im Online-Rollenspiel zu werden.

E3-Eindruck: sehr gut

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