Zweieiige ZwillingeMit Splinter Cell ist Ubisoft schon immer an der Grenze des technisch Möglichen entlang geschlichen. Deshalb war ich überrascht, dass die Vorschau-Version auf PS2 optisch Altbekanntes aufbrühte und dem Agenten nur wenige Änderungen gönnte. Zugegeben: Nüchtern betrachtet hat sich seit Fishers erstem Auftritt kaum etwas verändert, doch Double Agent will ein vielseitiges Abenteuer sein, einen rauen Soldaten statt des korrekten Gutmenschen zeigen. Denn mal ehrlich: So klasse der einsame Terroristenjäger bisher auch geschlichen ist, so wenig war er als Person greifbar. Man denke an Solid Snake, um zu wissen, wieviel Profil ein Held verträgt.Doch in den wenigen verfügbaren Abschnitten der PS2-Version trat Sams dunkle Seite sowohl spielerisch als auch erzählerisch nur zögerlich ans Tageslicht. Zur Erinnerung: Ihr seid zwar immer noch für die NSA (genauer gesagt die Third Echelon-Gruppe) unterwegs, müsst diesmal aber noch eine andere Rolle übernehmen. Als Doppelagent sollt ihr eine terroristische Organisation namens JBA infiltrieren und müsst deshalb Aufträge für die andere Seite des Gesetztes erledigen. Sams Aktionen - egal ob gut oder böse - hatten aber weniger
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Als Doppelagent lernt er schwimmen: Diesmal tastet sich Sam auch unter Wasser zum Ziel vor. |
Konsequenzen als erwartet und sein Vorgehen glich dem Schleichen aus Teil eins bis drei wie ein Ei dem anderen. Damit
macht die 360-Fassung gleich in der ersten Minute Schluss, die Next-Gen-Inszenierung macht's möglich.
Guckst du noch oder spielst du schon?In den ersten Bildern donnert ein Flugzeug über die verschneite Eiswüste Islands, an Bord sind Fisher und ein Neuling im Team der NSA. Das Filmschnipsel schaltet nach einer Außenansicht des Flieger in dessen Inneres, wo sich die beiden auf den Absprung vorbereiten. Ein kurzer Dialog und euer Helfer springt aus dem Heck in Richtung Einsatzgebiet. Nur Sam steht regungslos am Platz. Wieso tut er nichts? Dann dämmert es mir: Ich habe tatsächlich den Übergang der Filmsequenz zum Spiel verpasst!Okay, wenn man die Szene ein zweites Mal erlebt, erkennt man den Unterschied, aber der Schnitt geht so reibungslos vonstatten und die Next-Gen-Optik sieht so gut aus, dass der Unterschied kaum auffällt. Die Akteure sprechen beinahe lippensynchron, Sams finsterer Ausdruck wird dem des harten Agenten gerecht und die Schauplätze wirken schön plastisch. Nur das häufige Ruckeln stört die Atmosphäre. Wenn ihr in Shanghai an einem Wolkenkratzer klettert, wirken Hauswand und Umgebung außerdem detailarm, dafür lässt die 360 in begrenzten Arealen ihre Muskeln spielen. Beeindruckend sind auch einige Effekte, wenn ihr später in einer Eiswüste unterwegs seid: Das gleißende Sonnenlicht wird in mehrere Spektren gebrochen und wenn Sam aus dem Wasser auftaucht, ist die Kamera so nass, dass ich die Tropfen von der Linse wischen wollte.
Landratte adé!Moment! Sam taucht aus dem Wasser auf? Richtig gelesen: Ihr tastet euch diesmal nicht nur auf dem Land fort, sondern schwimmt vereinzelt auch
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Die Entwickler lieben Schiffe. Gleich zwei mal schleicht ihr über einen großen Pott. |
ans Ziel. Seid ihr dort angekommen, taucht ihr entweder auf oder sucht eine dünne Stelle im Eis, brecht es auf und verschafft euch so einen Ausstieg. Unter Wasser hatte ich allerdings Schwierigkeiten mit der Steuerung, denn wenn ihr die Kamera nicht hinter dem Protagonisten fixiert und nur durch leichte Drehungen die Route bestimmt, schwimmt er nicht immer in die gewünschte Richtung. An der Kameraführung - nicht nur im feuchten Nass - sollten die Entwickler ohnehin noch feilen, denn die Sicht ist so knapp hinter dem Helden platziert, dass die Orientierung manchmal schwer fällt.Alles in allem fühlt sich die Erweiterung von Sams Repertoire aber gut an. Und das gilt nicht nur für die Tauchgänge. Einmal müsst ihr z.B. im freien Fall Sams Fallschirm und anschließend den Hilfsfallschirm öffnen, ein andermal das Trudeln eines Helikopters stoppen. Die Minispiele sind zwar kurz und einfach zu meistern, aber eine willkommene Abwechslung. Ansonsten spult ihr die gewohnten Vorgänge ab: Per Restlichtverstärker verschafft ihr euch im Dunkeln den Überblick, wenn ihr eine Wache greift, dürft ihr Informationen aus ihr herausquetschen, der zweite Feuermodus eurer Pistole schaltet elektrische Geräte aus usw. Neu ist das Knacken von Safes, wobei ihr die drei Scheiben des Sicherheitsmechanismus' so drehen müsst, dass die Entriegelung einrasten kann. Ich habe noch nie einen Tresor geknackt, aber wenn man den Regisseuren in Hollywood trauen kann, fühlt sich Sams Vorgehen ausgesprochen echt an. Die leisen Klicks beim Drehen des Schlosses, das befriedigende "Klack" beim Einrasten - es ist alles da, was dazu gehört.