F1 201915.05.2019, Michael Krosta
F1 2019

Vorschau: Der Weg in die Königsklasse

Während es angesichts der ungebrochenen Dominanz von Mercedes in der laufenden Formel-Eins- Saison ziemlich langweilig zugeht, verspricht F1 2019 (ab 7,99€ bei kaufen) spannender und abwechslungsreicher zu werden. Wir haben uns im Prototypen Museum Hamburg ins Cockpit gequetscht und schildern unsere ersten Eindrücke in der Vorschau.

Evolution statt Revolution

Wie es sich für das offizielle Spiel zur Rennserie gehört, finden sich alle Strecken, Teams und Fahrer der aktuellen Saison. Das technische Reglement wird ebenfalls angepasst: Entsprechend enthält der diesjährige Ableger die neu konstruierten, aber reduzierten Reifenmischungen von Pirelli und die leicht überarbeiteten Vorschriften hinsichtlich der Aerodynamik spiegeln sich an den Wagenmodellen wider. Der Zusatzpunkt für den Fahrer mit der schnellsten Rennrunde wird jetzt selbstverständlich ebenfalls gewährt. Dass die Veränderungen in der Saison 2019 aber eher geringfügig ausfallen, spürt man am Fahrverhalten der flotten Boliden: Kennt man den Vorgänger, fühlt sich das alles sehr vertraut an, denn die F1-Flitzer reagieren sehr ähnlich und damit erfreulich präzise. Wie immer stehen zahlreiche Hilfen zur Verfügung, mit denen man den Anspruch den eigenen Wünschen anpassen kann. Eine Hardcore-Simulation darf man zwar nicht erwarten, doch ohne Unterstützung in Form von Traktions- oder Stabilitätskontrolle geht es dennoch relativ anspruchsvoll zur Sache. Das gilt vor allem dann, wenn das dynamische Wettersystem seiner Aufgabe nachkommt und die Pisten nach einem starken Regenschauer in eine Rutschbahn verwandelt, auf der sich die Wagen mit aufgezogenen Slicks nur noch schwer bändigen lassen. Selbstverständlich ist an den modernen F1-Chassis erneut der Halo angebracht, der vor allem in der Cockpit die Übersicht beeinträchtigt. Wie schon im Vorgänger lässt sich die Mittelstrebe aber optional entfernen – gut so.

Und dann gibt es wieder mehr als 20 klassischen Modelle, die damals noch ohne diese neue Sicherheitsvorrichtung auskommen mussten – allen voran der Ferrari F1-90 von Alain Prost und der McLaren MP 4/5B von Ayrton Senna, die zumindest in der Legends Edition enthalten sein werden, mit der man auch früheren Zugang zum Spiel erhält. Die geschichtsträchtige Rivalität der beiden Ausnahme-Piloten wird zwar in diversen Herausforderungen thematisiert, doch wirkt die Umsetzung mit Modi wie simplen Überholwettbewerben oder kleinen Zeitrennen ähnlich halbherzig wie in den Vorgängern. Gerade angesichts des zehnjährigen Jubiläums wäre es z.B. wünschenswert, wenn man die Klassik-Inhalte auch mit altgedienten Strecken aufpeppen würde, die heute keinen Platz mehr im Rennkalender haben. Immerhin wird ein erweiterter Ausstellungsraum im Stil von ForzaVista versprochen, in dem man die F1-Karossen nicht nur im Detail betrachten

Vettel im Ferrari in Führung? Das hat man zuletzt eher weniger gesehen.

kann, sondern auch etwas über ihre Geschichte erfährt.

Karriereleiter mit Story-Ansätzen

Der Zugang zur Karriere blieb uns in der Vorschau-Version zwar noch versperrt, doch kann man davon ausgehen, dass Codemasters an der motivierenden Weiterentwicklung des Boliden und dem damit verbundenden Testprogramm vor jedem Rennen festhalten wird. Erstmals beschränkt man sich nicht nur auf die Formel 1, sondern führt mit der Formel 2 auch die Nachwuchsserie ein. Abgesehen von der schwächeren Motorleistung und längeren Bremswegen fahren sich die Autos mit ihren Einheits-Chassis aber recht ähnlich wie ihre großen und leistungsstärkeren Brüder. Zum Start werden jedoch nur Fahrer und Teams der Saison von 2018 enthalten sein. Die Aktualisierung mit den 2019er-Daten soll in einem kostenlosen Update nachgereicht werden und wird dann auch einen gewissen Mick Schumacher enthalten, der seinem Vater nacheifert und auf das Ziel hinarbeitet, in Zukunft ebenfalls in einem F1-Cockpit zu sitzen.

Zwar ist man in der Formel 2 auf den gleichen Strecken unterwegs wie in der Königsklasse, doch werden die Wochenenden und Punktevergaben anders gestaltet. So gibt es hier nach der Qualifikation ein Haupt- und ein kürzeres Sprintrennen. Im zweiten Lauf wird die Startreihenfolge zudem durch das Ergebnis des ersten Rennens bestimmt, wobei die ersten acht Fahrer

In der Karriere startet man zunächst in der etwas langsameren Nachwuchsserie Formel 2 und arbeitet sich nach oben.

in umgekehrter Reihenfolge losfahren müssen, um für mehr Spannung zu sorgen.

In der Karriere führt der Weg ins F1-Cockpit ab sofort über die Nachwuchsserie. Dabei verspricht Codemasters sogar einen Story-Ansatz inklusive Zwischensequenzen und Dialogoptionen, mit denen man die weitere Handlung beeinflussen kann. Leider enttäuschten die gezeigten Szenen aufgrund der schwachen Regie und detailarmen Polygonfiguren. Hoffentlich kann man hier bis zur angedachten Veröffentlichung Ende Juni noch deutlich zulegen... Gespannt sein darf man außerdem über die Erweiterung der Interview-Komponente: Zum einen soll man als Nachwuchsfahrer zum Medien-Profi ausgebildet werden und zum anderen wird man auch Einblicke in die Transkripts anderer Piloten bekommen und kann entsprechend auf Anschuldigungen oder Lob reagieren.      

Überarbeitete Beleuchtung, aggressive KI

Technisch präsentiert sich F1 2019 über weite Strecken auf dem Niveau des Vorgängers. Die Rennen überzeugen also mit einer hohen Bildrate, einem guten Geschwindigkeitsgefühl und detaillierten Wagenmodellen, mit denen man über die ansprechend nachgebildeten, aber leider weiterhin nicht lasergescannten Pisten rund um den Globus brettert. Könnte man die meisten Ausflüge auf den ersten Blick mit dem Vorgänger verwechseln, stechen die Nachtrennen wie Abu Dhabi oder Baku visuell hervor: Codemasters hat die Beleuchtung zu späterer Stunde komplett überarbeitet und so erstrahlen die Pisten unter den massiven Scheinwerfern in einem völlig neuen Licht, das nicht nur eindrucksvoller wirkt, sondern auch eher der Realität entsprechen soll.

Beim Verhalten der KI bemerkt man im Vergleich zum Vorgänger ebenfalls Unterschiede: Die anderen Piloten verteidigen ihre Linie deutlich aggressiver und machen es damit schwieriger, sie zu überholen. Allerdings machen sie die Tür manchmal etwas zu spontan zu und fahren einem direkt vor den Frontflügel, was angesichts der hohen Geschwindigkeiten schnell in einem fatalen Unfall mit Totalschaden enden kann, den man dank der optionalen Rückspulfunktion zum Glück wieder ungeschehen machen darf. Beim Start fällt positiv auf, dass die Fahrzeuge relativ gut ausscheren und das Feld in die Breite ziehen. Tatsächlich wird sogar das Stau-Risiko vor der ersten Schikane etwas reduziert, doch lassen sich auf Strecken wie Monza immer noch einige Positionen auf den ersten paar Hundert Metern gutmachen.

Eigene Ligen und eSports-Ambitionen

Das erbitterte Duell zwischen Senna und Prost flammt im Spiel wieder auf.

Im Mehrspielermodus darf man sowohl den eigenen F1-Boliden als auch seinen Fahrer anpassen. Lackierungsoptionen, Anzüge und Helme werden mit so genannten Competition Points gekauft, die man durch Erfolge in Online-Rennen erhält und nicht mit Mikrotransaktionen angeschafft werden können. Wie im ersten DiRT Rally soll es außerdem möglich sein, eigene Ligen samt Zeitplanung zu erstellen. Wöchentlichen Events sind ebenfalls geplant, darunter moderne und klassische Grand Prix sowie szenariobasierte Veranstaltungen. Das Konzept erinnert an Gran Turismo Sport: Vor dem eigentlichen Rennen wird man auch hier Trainigssitzungen und eine Qualifikation absolvieren dürfen. Basierend auf den Ergebnissen soll anschließend das Matchmaking im Idealfall für eine relativ ausgeglichene Startaufstellung sorgen. Man darf gespannt sein, ob Codemasters auch weitere Fortschritte bei den Online-Servern und dem Netzcode gelingen.

Ausblick

F1 2019 präsentiert sich zum zehnjährigen Jubiläum der Codemasters-Reihe eher als eine kleine Evolution, da sich im Vergleich zum Vorgänger bis auf die marginalen Anpassungen am Reglement, neuen Fahrerpaarungen und frischen Lackierungen nicht viel verändert hat. Gleiches gilt übrigens auch für die reale Formel Eins. Die Boliden fühlen sich dank der bewährten Fahrphysik sowohl mit Controller als auch Lenkrad immer noch klasse an und der Formel-Eins-Zirkus wird weiterhin überzeugend eingefangen. Faktoren wie das dynamische Wettersystem, Boxenstrategien sowie Reifen- und Benzinmanagement tragen ebenfalls wieder ihren Teil zur Faszination dieses Motorsport-Pakets bei. Obwohl man große Namen wie Senna und Prost auffährt, wirken die Klassik-Inhalte allerdings immer noch zu halbherzig umgesetzt. Als spannend könnte sich dagegen die Erweiterung der Inhalte auf die Formel 2 erweisen, denn die Nachwuchsserie sorgt für mehr Abwechslung, dürfte Anfängern entgegenkommen und erfreut sich dank Mick Schumacher auch in den Medien einer zunehmenden Beliebtheit. Etwas Sorgen bereitet mir aber der ambitionierte Story-Ansatz bei der Karriere. Prinzipiell finde ich es super, wenn man nicht nur Rennwochenenden nacheinander abklappert, sondern durch Zwischensequenzen, Dialogoptionen & Co  auch einen Blick hinter die Kulissen und die Rivalität zwischen Fahrern werfen kann. Aber dafür müssen Regie und Inszenierung stimmen. Das sehe ich hier anhand der gezeigten Szenen leider noch nicht. Aber im Cockpit hat F1 2019 das Zeug, aufregender als die reale Formel Eins zu werden.

Einschätzung: gut 

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.