Es muss nicht immer alles sein
Um mit Fußball-Manager-Spielen Spaß zu haben, reicht mir normalerweise meine Fantasie. Und meine offensichtlich angeborene Verrücktheit, wenn es um "Elf Freunde", "das Runde und das Eckige", "Nur 90 Minuten" oder sonstige Weisheiten geht, die man mit dem Rasensport verbindet. Und natürlich habe ich entsprechend meine Freude an den Managern von Sports Interactive. Prall gefüllt mit Features und einer überzeugenden Match-Darstellung kostet mich das Spiel jährlich mehr Zeit, als ich mir eingestehen möchte. Allerdings bin ich auch nicht so versessen auf Features, dass mir "kleinere" Fußball-Manager keinen Spaß machen würden - von Zeit zu Zeit vergnüge ich mich auch gerne mit dem abgespeckten Classic-Modus des FM.
Die Match-Darstellung hat ihren Charme, doch mit dem Zwang, sich die kompletten Partien anschauen zu müssen, verfliegt der Reiz zu schnell.
Doch was Nintendo bzw. das Entwicklungsteam von ParityBit (u.a. auch verantwortlich für den Rennpferd-Trainer "Derby Stallion 64") mit Nintendo Pocket Football Club (NPFC) hier abliefert, ist mir entschieden zu wenig. Dabei fängt alles solide an: Mein Mii (im schicken Zwirn) heuert bei einem Fußball-Verein an, um ihn von der vierten (Fantasy-)Liga zum absoluten Kicker-Meister und Pokalsieger-Ehren zu führen. Man legt den Namen seines Teams fest, stellt sich aus einer ordentlichen Auswahl an Mustern und Farben seine Trikots, Hosen und Stutzen zusammen (inkl. Torwartdesign) und kann sogar aus zahlreichen Versatzstücken ein Logo anfertigen. Man lernt seine Mannschaft kennen und beobachtet ein erstes Freundschaftsspiel.
Fußball-Poker?
Dabei fallen vor allem drei Dinge auf. Erstens: Die Mannschaft ist in einem erbarmenswerten Zustand. Bälle verspringen. Der Torwart schafft es mit seinem Abschlag aus der Hand nicht einmal in die Nähe der Mittellinie. Die Verteidiger grätschen hoffnungslos an ihren Gegnern vorbei. Die Flügelstürmer sind langsamer als meine Oma. Doch wenn alles in Ordnung wäre, bräuchte das Team sicherlich keinen neuen Trainer. Zweitens: Die Matchdarstellung ist (mit zwei zugedrückten Augen) gewöhnungsbedürftig. Die 2D-Sprites bewegen sich mit nur wenigen Animationen über ein Pseudo-3D-Spielfeld. Dennoch entfacht das Zusehen einen liebenswerten Charme – Erinnerungen an den Klassiker Sensible Soccer werden wach. Drittens: Meinem Mii fallen ständig irgendwelche taktischen, spielerischen oder mentalen Mängel auf, für deren Behebung im Training eine Karte bereit gestellt wird. Das kann z.B. Sprinten sein. Oder Pressing. Oder Kopfbälle. Insgesamt gibt es gut 50 Karten in vier Kategorien (taktisch, körperlich, technisch, diverse).
Das Trainingskarten-Konzept ist interessant, aber zu willkürlich und steht meist in keinem Zusammenhang zum Geschehen auf dem Platz.
Der Clou: Man kann einem Spieler bis zu drei Trainingskarten zuweisen, wobei bestimmte Kombinationen zu einem extremen Leistungsschub führen können. Und nicht alles ist dabei so offensichtlich wie die Kombination aus „Sprinten“ und „Dribbling“, so dass man auch viel Spielraum für Experimente hat. Die Idee mit den Trainingskarten ist interessant und wurde in dieser Form noch nicht verwendet. Allerdings ist sie mir zu zufallsabhängig. Nicht nur, dass ich mittlerweile ein prall gefülltes Inventar mit zu viel „Dufttherapie“ oder „Meditation“ habe. Die grundlegenden Situationen in den Spielen passen auch nicht immer zu den ausgeschütteten Trainingskarten. So beschwert sich mein Mii, dass die Mannschaft jedes Kopfballduell verliert – was ich prinzipiell bejahen würde. Allerdings bekomme ich die entsprechende Karte, nachdem meine Verteidiger zum dritten Mal in Folge per Kopf eine Flanke aus dem Strafraum geklärt haben. Es wäre einfacher und auch dem Manager-/Trainer-Gedanken entsprechender gewesen, wenn ich basierend auf meinen Beobachtungen aus einem Kartenpool wählen könnte. Zum einen könnte ich selber Trainingsschwerpunkte legen, zum anderen meine Beobachtungen aus den Spielen in die Entscheidung einfließen lassen.