DMC x Doom
Devil May Cry trifft auf
Doom. Und auf
F.E.A.R. Und auf
Sekiro! Als
Bright Memory: Infinite Anfang Mai das Inside-Xbox-Showcase eröffnete, rutschte die Kinnlade bei vielen Actionfans eine Etage tiefer. Wow, dieser wilde Mix aus Ballern, Schwertkampf und Greifhaken-Action sah mal so richtig cool aus. Komplett neu war die Marke aber eigentlich nicht, denn schon seit dem Jahresbeginn 2019 konnten sich interessierte Steam-Nutzer in die Early-Access-Version von Br
ight Memory stürzen. Die circa 45 Minuten lange Demo bzw. erste Episode des Shooter-Slasher-Entwurfs von FYQD-Studio verleitete auch meinen Kollegen Ben zu einer Vorschau auf 4Players.
Auch im Auflevel-Menü für Shelias Fähigkeiten lenkt man auf Konsole einen Cursor per Analogstick. Unpraktisch, zumal die Action derweil nicht pausiert.
Erstaunlich ist neben der Tatsache, dass das Projekt zum größten Teil von nur einer Person gestemmt wurde - dem Chinesen Zeng Xian Cheng -, auch der weitere Verlauf des Projekts: Im März 2020 verließ Bright Memory den Early Access; weil das echte, große Spiel
Bright Memory: Infinite aber noch auf sich warten lässt (Termin: 2021) wurde der kurze Titel nun doch noch als eigenes Spiel auf die Xbox Series S/X losgelassen. Auf der alten Xbox One (X) läuft das Spiel übrigens nicht - und die Portierung auf die neue Xbox-Hardware kann ihre PC-Herkunft nicht verstecken: Im Menü lenkt man umständlich mit einem Cursor, zudem können allerlei Grafikeinstellungen vorgenommen werden - Schattenqualität, Texturdetails, VSync, etc. Auf der Xbox Series S läuft Bright Memory mit allen Details auf hoch bzw. angeschaltet vor allem in den ersten Spielminuten sehr unsauber, derbe Ruckler trüben die Action. In der zweiten Hälfe der circa 40 Minuten Spielzeit ist die Performance besser; wer rechenhungrige Optionen wie z.B. VSync ausschaltet, erhöht die Bildrate, muss dann aber mit kräftigem Tearing leben. Auf der Xbox Series X stießen wir auf derlei Probleme nicht, hier lief Bright Memory sauber, sichtbar ins Blid ploppende Schatten- und Texturschichten fielen aber auch hier auf.
Shelia gegen wen?
Im Standbild sieht Bright Memory in einigen Einstellungen echt cool aus - die technische Leistung des Ein-Mann-Teams beeindruckt.
Auf eine ausgefeilte Geschichte braucht ihr nicht hoffen. Vielleicht schwirrt die im Hinterkopf von Macher Xian Cheng herum, das Spiel entwirft in seinen wenigen, wirren Sequenzen allerdings ein völlig unzureichendes Bild. Auch nach dem überraschenden Finale hat man keine Ahnung, wer Heldin Shelia ist, warum sie kämpft, was es mit Carter
und seinen Soldaten auf sich hat und welche Story-Kapriolen chinesische Fabeltiere, Cyber-Soldaten und dunkle Ritter in ein gemeinsames Szenario gespült haben. Die unprofessionelle Sprachausgabe geht zum Glück ziemlich unter, die mittelprächtigen Charaktermodelle haben mich stilistisch an Dark Sector erinnert, falls das noch wer kennt. Außerdem musste ich unwillkürlich an den platten Xbox-360- und PS3-Slasher X-Blades denken: Denn die je nach (freispielbarem) Outfit mehr oder wenig aufreizend angezogene weibliche Hauptfigur Shelia finde ich nicht sexy sondern dümmlich inszeniert - in der Action sehe ich ohenhin nur Hände plus Knarre und für die wenigen Sequenzen hätte es keine sexuelle Projektionsfläche für typische Männerfantasien gebraucht.
Aber all das kann ich selbstredend beiseite schieben, wenn es ans Eingemachte geht: Die rasante Kombination aus Balleren, Zeitlupen-Funktionen, Schwerthieben und EMP-Impulsen, während von allen Seiten garstige Feinde auf mich zustürmen. Die nur drei Waffen fühlen sich jetzt schon ziemlich fett an - vor allem das MG rattert, dass es eine Freude ist, Kopftreffer werden mit kurzen Slow-Motion-Einlagen belohnt, derweil spritzt der rote Saft. Dazu gesellen sich Katana-Attacken, die entweder nur Schaden zufügen oder Feinde zurückwerfen bzw. in die Luft katapultieren. Shelia kann sich auch zu Gegnern hinziehen oder diese umrunden, während sie kurz die Zeit einfriert. Spätestens beim zweiten „Neues Spiel+“-Durchlauf solltet ihr alle Upgrades freigeschaltet haben. Auch ein Bewertungssystem à la Devil May Cry bietet Bright Memory, allerdings wird dies nur an sehr wenigen Stellen eingesetzt; vielfach bleibt eine Benotung unverständlicherweise aus.
Nur Action?
Der optische Mix aus Sci-Fi, Burgen und asiatischer Mythologie ist interessant, wirkt aber aktuell noch sehr willkürlich.
Zu den Auseinandersetzungen, die zwischen dem Volle-Attacke-Konzept eines
Doom Eternal oder
Shadow Warrior und dem Zurücklaufen von
Painkiller bzw.
Serious Sam pendeln, gesellen sich sich paar anspruchslose Sprünge per Greifhaken, ein, zwei simple Schalterrätsel und ebenso viele Sprungpassagen. Warum meine Figur einmal ein Lagerfeuer erreicht, dass dann nach
Dark Souls-Manier entfacht wird, bleibt das Geheimis des Entwicklers. Oder ich habe den Gag einfach nicht verstanden. Sogar ein paar sammelbare Gegenstände gibt es - die haben aber weder eine Bewandnis im Spiel, noch können sie in einer Galerie angeschaut werden. Das fühlt sich für mich nach einer Prise
Uncharted an, die in einem Titel wie Bright Memory nichts verloren hat.
Steam verspricht Käufern des Titels übrigens, dass sie kostenlos Zugang zu
Bright Memory: Infinite halten, sobald es erscheint. Auf Xbox Series S/X geht das Versprechen nicht so weit: Vielmehr sollen sich Käufer von Bright Memory dann über einen noch nicht bezifferten Rabatt freuen, wenn der große Bruder irgendwann 2021 veröffentlicht wird.