Test: Drug Dealer Simulator (Simulation)

von Jan Wöbbeking



Drug Dealer Simulator (Simulation) von Movie Games / PlayWay
Das volle Programm?
Release:
16.04.2020
Erhältlich: Digital (Steam)
Spielinfo Bilder Videos
Das polnische Byterunners Game Studio hat genug von Feldarbeit und verlegt die Alltagssimulation auf die Straßen einer heruntergekommenen Stadt. Gute Turnschuhe können nicht schaden, denn als aufstrebender Geschäftsmann der besonderen Art muss man viele Kilometer zu Fuß zurücklegen, bevor angeheuerte Dealer dem Spieler mehr Botengänge abnehmen. Im Wunschtest unserer Pur-Nutzer überprüfen wir, wie viel Spannung im Katz- und Mausspiel mit der Polizei steckt.

Polnisches Vegas

Auf den ersten Blick weckt die heruntergekommene Hood sofort Erinnerungen an echte Party-Viertel wie Friedrichshain, nördliche Nebengassen in Las Vegas oder verfallene osteuropäische Bauten. Aus den verstreuten Clubs und besetzten Häusern wummern erfreulich schnelle Uptempo-Hardcore- und Speedcore-Beats, Drum-n-Bass-Gerappel sowie passend zum Spielthema natürlich jede Menge Hiphop. Schön, dass der kleine Entwickler einen derart eigenwilligen Soundtrack wagt, der allerdings schon früh unter der geringen Track-Anzahl leidet. Wenn beim Strecken der Pülverchen zum zwanzigsten Mal über Mortal Kombat und Madden gerappt wird, bekommt man irgendwann spontan Lust, das Radio an die Wand zu schmeißen!

Auch die grafische Umsetzung lässt nur bedingt bessere Laune aufkommen. Selbst auf höchsten Einstellungen wirken grob texturierte Wände und Fahrzeuge bestenfalls zweckmäßig. Sie werden aber immerhin je nach Tageszeit in eine passende Lichtstimmung getaucht. Vor allem das Morgengrauen vermittelt mit seinem Vogelgezwitscher tatsächlich das Gefühl, bis in die frühen Morgenstunden unterwegs zu sein. Lebendig wirkt die Welt trotzdem nicht: Passanten ploppen wie Kanonenkugeln aus ihren Haustüren, bewegen sich wie Roboter und bleiben sogar in Extremsituationen stocksteif stehen - etwa wenn der Spieler direkt vor ihren Augen von einer Polizeistreife getasert wird.

Alltag oder Spannung?

Aber immer!
Aber immer!
Und wofür der ganze Aufriss? Wie sich angesichts des Namens vermuten lässt, soll der Spieler sein eigenes kleines Drogen-Imperium aufbauen - und zwar als Mix aus Alltags-Simulation, Aufbau und Schleichspiel. Zwischendurch gibt‘s sogar ein paar sympathisch eingesprochene Unterhaltungen und Handy-Gespräche mit dem jovialen Kartell-Kontakt. Doch das wird schnell zur Fassade: An GTA erinnernde Gangster-Geschichten sucht man in der kleinen Indie-Produktion vergeblich. Selbst Konkurrenten oder Banden muss man hier kaum fürchten. Stattdessen steht gemäß des Namens der typische Grind einer Alltagssimulation im Fokus.

Nach und nach erweitert sich die Angebotspalette gängiger illegaler Muntermacher und Beruhigungsmittel, von denen man im wahren Leben natürlich tunlichst die Finger lassen sollte! Dazu gehören Marihuana, Speed, Pillen oder auch die berüchtigte Tante Kristel mit ihrem besonders schlechten Einfluss auf Zähne und Gesundheit. Tagsüber kümmert man sich in diversen käuflichen Unterschlüpfen an verschlüsselten Laptops um Bestellungen, organisiert untergebene Dealer oder besorgt sich Cryptowährung. Die Portionierung von Kräutern und Pülverchen steht ebenfalls auf dem Programm. Das eigene Angebot sollte man möglichst gesundheitsschonend und suchtfördernd mit Backpulver, Zucker, Schmerzmittel und anderen Alltagszutaten aus der Tanke strecken. Für abhängig gemachte Junkies darf es auch schon mal aus der Dose - pardon - stärker gestreckt sein. Eine hinterlistige Praxis, die in diesem Spiel aber natürlich ebenso zum Alltag gehört wie das "Anfüttern" nichtsahnender Passanten mit kleinen Kostproben, um das Ansehen im Gebiet zu steigern. Auch Graffiti helfen dabei, Respekt bei örtlichen Gangs zu erlangen. Später sollten die Lieferungen allerdings tunlichst aufrecht erhalten und zeitnah aus angemieteten Verstecken geliefert werden, damit das Ansehen im Viertel nicht wieder sinkt und die Nachfrage versiegt.

Kommentare

TheoFleury schrieb am
Hui als harmloser Konsument von diversen Marihuana Produkten, früher zur Dealerei gezwungen aufgrund der schlechten damaligen Arbeitsmarktbedingungen (Ich habe für alles eine Ausrede, der Staat und das System und die bornierte Gesellschaft sind Schuld, ich selber natürlich nie und niemals!), könnte ich es nicht spielen das ich zu sehr auf Realismus getrimmt bin in solchen angeblichen "Simulator" Spielen :mrgreen: Aber durchaus hätte ich , und das gerne, meine Erfahrungen mit den Entwicklern geteilt :P
derhunni schrieb am
Also jetzt mal ehrlich: der arme Jan...Rennspiele und Jump&Run!! Und dann soll er stundenlang an iwelchen Tischen rumstehen und wenn "er" mal raus durfte, dann schleichenderweise an den Cops vorbei... *schenkelklopf*
Aaaaah herrlich - gute Nacht! ^^
derhunni schrieb am
Hallo auch! :)
Erstmal möchte ich sagen, dass die "Leserwahl" eine spitzen Idee ist! Ich bin auch am überlegen, ob ich mir das gönnen soll. Was ich allerdings schon bis zum Anfang des dritten Absatz gelesen habe, hat mir dann auch gereicht, um gleich ans Ende zu klicken. Und damit habe ich soviel Geduld an den Tag gelegt, wie derjenige, der das Spiel anscheinend testen MUSSTE!
Ich gebe hier dem Tester keine Schuld! Sein Steckbrief sagt ganz klar aus, dass er solche Spiele nicht gerne spielt :!: :?:
Unterm Strich also: spitzen Idee - Umsetzung in die Praxis noch ausbaufähig - überlege noch weiter - bis denne! ;)
Kajetan schrieb am
Fireal hat geschrieben: ?30.05.2020 22:25 Das ist lediglich als beiläufiges, nett und ernst gemeintes Kompliment zu verstehen. :)
Überempfindlichkeit meinerseits auf diese typischen Wehleidigkeitskommentare zu Wertungen, mit denen manche Leute ein Problem zu haben scheinen :)
Ok, dann habe ich nix gesagt ...
Fireal schrieb am
Kajetan hat geschrieben: ?30.05.2020 17:59
Fireal hat geschrieben: ?30.05.2020 15:22 Ich mag eure kritische und unabhängige Berichterstattung und bin nicht ohne Grund seit vielen, vielen Jahren treuer Leser von 4Players. An dieser Stelle hätte der Drug Dealer Simulator meiner Meinung nach jedoch eine Wertung im mittleren bis überdurchschnittlichen 60 Prozent-Bereich verdient gehabt mit Empfehlung für eine gewisse Art an Nischenspielern. Der Stempel "Trash" tut dem Titel meiner Meinung nach nämlich unrecht. Dafür sind die Macher zu bemüht und engagiert.
Wenn Du NUR gesagt hättest: "Wegen Grund X, Grund Y und Grund Z würde ich dem Spiel eine 65 geben.", hätten wir eine schöne zweite Meinung gehabt, sogar noch mit konstruktiven Argumenten. Sehr gut, danke! :)
Aber zum Schluss wieder dieser Sermon ... *seufz*
Das ist lediglich als beiläufiges, nett und ernst gemeintes Kompliment zu verstehen. :)
schrieb am