Paris steht in Flammen
Mit Sorge sieht Marie Antoinette von ihrem Landsitz aus die immer dichter werdenden Rauchwolken über der Stadt Paris und kann sich dem Gedanken nicht erwehren, dass ihr Gatte, Ludwig der 16te, das Volk mithilfe seiner Armee aus Automaten brutal unterjocht. Ihre nagende Ungewissheit mündet in der Entscheidung, die persönliche Leibwächterin Aegis auszusenden, um weitere Informationen über den Zustand der Stadt und deren Bevölkerung einzuholen. Denn auch Aegis ist eine Maschine, die allerdings über die Kunst der Sprache verfügt und auf eine noch unbekannte Weise scheinbar beseelt wurde. Zudem verfügt sie – je nachdem, welche Klasse sich der Spieler zu Beginn des rund 30-40-stündigen Abenteuers aussucht – über einzigartige Fähigkeiten, die es ihr ermöglichen, sich den aggressiven Blechdosen auf ihrem langen Weg entgegenzustellen.
Das System zur Steigerung der Fähigkeiten wirft bei Kennern des Genres keinerlei Fragen auf.
Wie aus zahlreichen Vertretern des Soulslike-Genres bekannt, liegt die Betonung des Skillsets der Spielfigur entweder auf Geschwindigkeit, roher Kraft, dem Verständnis von wirkenden Kräften wie Blitz, Eis oder Feuer oder einer Mischung aus mehreren Talenten – wobei es natürlich auch bei Steelrising nicht von Vorteil ist, auf einen "Jack of all Trades" zu setzen. Für den Test haben wir uns auf die Klasse "Personenschützer" verlassen, die zwar nicht mit hoher Agilität oder großem Element-Wissen ins Feld zieht, dafür aber mit schweren Waffen, wie etwa dem großen Hammer, der auf Knopfdruck ihrem rechten Arm entfährt, bestens umgehen kann. Zudem kann sich die Hauptwaffe blitzschnell in einen Schild verwandeln, der in dieser Klasse zwar keine Konter erlaubt, aber immerhin zuverlässig vor dem meisten Angriffen Schutz bietet. So gerüstet macht sich Aegis auf, um im gebeutelten und brennenden Paris nach dem Rechten zu sehen und ihrer Auftraggeberin Bericht zu erstatten – so zumindest lautet die Theorie.
Blühende Gärten, rostige Gegner
Dicke Blechkumpel samt Eisprügel sind für feuergestützte Angriffe naturgemäß besonders empfindlich.
Schon die ersten, metallisch nachhallenden Schritte von Aegis in Richtung eines Bootes, dass es ihr erlaubt, trocken die Seine zu überqueren, machen klar, dass die vor ihr liegende Reise erstmal kein Spaziergang wird. Wahr ist, dass Ludwig der 16te ein geradezu fanatisches Interesse an der filigranen Technik der Uhrmacherei hatte, die Entwickler nehmen diesen Umstand zum Anlass um dem französischen König für Steelr
ising gelebten Wahnsinn anzudichten. Denn anstatt Uhren bauen zu lassen, hat der Monarch eine Armee aus verschiedensten Kampfrobotern erschaffen, die vor den Mauern der Stadt für Sicherheit, im Inneren aber für Unterdrückung, Tod und Verderben sorgen.
So bekommt es Aegis nach und nach mit immer stärkeren Maschinen zu tun, die in vielen Fällen eine unterschiedliche Herangehensweise während der zahlreichen Auseinandersetzungen erfordern. In den blühenden Garten-Labyrinthen, die hinaus aus der Umgebung rund um den Landsitz der Königin führen, warten zuerst die kleineren Rädchen des grausamen Uhrwerks darauf, vom Spieler in ihre Einzelteile zerlegt zu werden. Perfekt, um sich mit der Steuerung und den weiteren Fähigkeiten von Aegis vertraut zu machen, allerdings ist der Schwierigkeitsgrad zu Beginn ob kurzer Lebens- und Ausdauerleiste stellenweise höher als im späteren Rest des Spiels. Wer schon hier keine Lust auf Frust hat, für den haben die Entwickler einen Assist-Modus eingebaut. Einmal aktiviert, kann so der einprasselnde Schaden verringert, das Inventar vergrößert oder das ungeliebte Feature des Verlustes der erspielten Seelen bei einem Bildschirmtod einfach komplett abgeschaltet werden. Für Trophäen-Jäger scheinbar ein gefundenes Fressen, allerdings sind viele der glänzenden Abzeichen gesperrt, wenn der Assist-Modus zum Tragen kommt.
Also lieber gleich auf den von den Entwicklern ausbalancierten Schwierigkeitsgrad setzen – kein Problem, denn Steelrising zählt wohl zu den nachgiebigsten Genre-Vertretern und wendet sich so auch an Spieler, die bisher einen weiten Bogen um die Mechaniken eines Soulslike-Spiels gemacht haben, wenigstens einen Teil des viel diskutierten Nervenkitzels aber gerne mal am eigenen Leib erfahren wollen.