Octopath Traveler II - Test, Rollenspiel, Nintendo Switch

 

Test: Octopath Traveler II (Rollenspiel)

von Maximilian Wildgruber



Octopath Traveler II: Heldenreisen durchs Miniatur-Wunderland
Helden im Miniatur-Wunderland
Entwickler:
Publisher: Square Enix
Release:
24.02.2023
24.02.2023
24.02.2023
24.02.2023
Jetzt kaufen
ab 57,95€
Spielinfo Bilder  
Octopath Traveler sah 2018 so zauberhaft aus, wie es die nostalgisch verklärten JRPGs der 90er nur in unserer Erinnerung tun. Das Sequel baut Pixel für Pixel die Stärken des Erstlings aus, bringt alte Tugenden zurück und nimmt sich fast alle Schwachpunkte des Vorgängers zur Heldenbrust – hier kommt unser XXL-Test.

Zurück in die Zukunft


Vor fünf Jahren etablierte Octopath Traveler ein neues Subgenre im Rollenspielbereich: HD-2D-Titel stehen seitdem für herzige Pixelsprites in dreidimensionalen Retro-Kulissen. Zusammen mit dem Rundentaktik-Ableger Triangle Strategy und dem Remake von Live a Live entstanden seitdem mehrere liebenswerte Zeitkapseln der JRPGs aus den 90er Jahren. Schon vor dem Pixel-Revival erzielten die Projekte von Producer Tomoya Asano Achtungserfolge, z. B. mit originellen Kleinoden wie Final Fantasy: The 4 Heroes of Light und Bravely Default für DS bzw. 3DS. Allen Titeln gemein ist ein eigentümlicher Look und ein behutsamer, fast ehrfürchtiger Umgang mit dem Grundkonzept klassischer Konsolen-Rollenspiele der 16-Bit-Ära: Eine knubbelige Gruppe mit klar verteilten Rollen wie Krieger, Magier oder Dieb erkundet die von Siedlungen, Dungeons und Geheimnissen gespickte Weltkarte und bestreitet auf ihrer Heldenreise drölftausend Zufallskämpfe. Klingt simpel und ist es auch. Gleichzeitig finden wir es spaßig, wenn unter der Puppenhaus-Optik ein cleveres Getriebe aus Fähigkeiten, Waffen und Zaubersprüchen schnurrt, das jede Begegnung mit neuen Gegnern zu einer flotten, strategischen Denkaufgabe macht. Ein Ansatz, der auch ohne nostalgische Brille funktioniert – das bewies 2018 der kommerzielle Erfolg des ersten Octopath Traveler.

Zeit für Pixelpoesie. Die neuen Wegkreuzungen können noch nicht alle narrativen Lücken füllen, führen aber oft zu atmosphärischen Höhepunkten.
Zeit für Pixelpoesie. Die neuen Wegkreuzungen können noch nicht alle narrativen Lücken füllen, führen aber oft zu atmosphärischen Höhepunkten.
Raum für Verbesserungen blieb damals vor allem bei der Erzählung, die interessante Momente hatte, aus den acht Einzelsträngen aber keinen gemeinsamen Handlungsbogen weben konnte. Während Visionär Asano hinter den Kulissen an der Zukunft seiner HD-2D-Zeitmaschine werkelt, zeichnet mit Takahashi Masashi nun der Co-Produzent des ersten Teils für Octopath Traveler 2 verantwortlich. Als Director kehrt Keisuke Miyauchi zurück. Beide kündigten im Vorfeld große Ziele für das Sequel an – mehr Geschichten, mehr Features, mehr Pixel. Und wenn Vorbilder wie Chrono Trigger genannt werden, spitzen Nostalgiker die Ohren. Schon bei den ersten Schritten in der neuen Welt Solistia wird klar, dass zumindest optisch nicht zu viel versprochen wurde: Einen schöneren Blick ins goldene Zeitalter der JRPGs könnt ihr derzeit nirgends sonst werfen.

Nostalgixel Deluxe


Treffen sich ein Schwertfisch und ein Gürteltier in der Wüste. Jägerin Ochette holt Monster auf ihre Seite und verfügt bald über einen variantenreichen Kampfzoo.
Treffen sich ein Schwertfisch und ein Gürteltier in der Wüste. Jägerin Ochette holt Monster auf ihre Seite und verfügt bald über einen variantenreichen Kampfzoo.
Bereits der Look des Erstlings funktionierte vor allem in Bewegung prächtig. Die liebevoll gepixelten Weltbewohner wirkten durch die stark überzeichnete Tiefenunschärfe der 3D-Hintergründe wie zum Leben erwachte Miniaturen in der Modellandschaft eines irrsinnig detailversessenen Pen & Paper-Spielleiters. Sobald die Detailfülle allerdings runtergefahren wurde, bekam die Illusion Risse. In manchen Gebieten des weniger üppig gestalteten Hinterlandes wirkten die 3D-Landstriche des ersten Octopath Traveler dann nicht mehr old-schoolig, sondern schlicht altbacken. Entzaubernde Momente, die euch im Sequel nicht passieren können. Die neue Welt Solistia ist ein komplett ausmodelliertes Miniatur-Wunderland. Je ein Kontinent im Westen und Osten, getrennt von einem geheimnisvollen Binnenmeer, bieten Wanderrouten für Tage (und Nächte). Dampfende Dschungel, verrauchte Großstädte, zerklüftete Gebirgshänge, Sand- und Schneewüsten wirken lebendig und verschwendersich ausgestattet. Umherwuselnde Gegnergruppen bei größeren Schlachten und mehr Animationsstufen manch riesiger Boss-Sprites heben die 2D-Pixelpracht auf ein neues Level. Die Unreal-Engine wird für zeitgemäße 3D-Tricks genutzt und überrascht mit Zooms, Kamerafahrten oder Timelaps-Sequenzen. Aufwendige Ausleuchtung und atmosphärische Effekte wie Wolkenschatten, Lense-Flares, umhertreibende Pollen, Staub oder Blätter in der Luft runden die gleichermaßen niedliche wie opulente Präsentation ab. Kongenial unterstützt wird die Stimmung durch die Musik von Komponist Yasunori Nishiki, der ein weiteres Mal auf den Punkt abliefert und treibende, melancholische oder schwelgerische Ohrwürmer im Dutzend raushaut.

Mehr als ein Guckkasten


Dabei erschöpft sich die Guckkastenwelt nicht in schicker Oberflächlichkeit: Wer genau hinsieht, findet überall Überraschungen mit handfestem Spielwert. Der traditionell starre Kamerawinkel von schräg oben wird schlau genutzt, um Schatzkisten, Questgeber oder Zugänge in der Landschaft zu verstecken. Betretet ihr komplexe Gebäude oder Höhlensysteme, klappt die Vorderseite weg und gibt den Blick frei auf Fluchttunnel, Schiffsbäuche oder das schwindelerregende Dachgebälk weihrauchgeschwängerter Kathedralen. Komplexe Landschaften und Mega-Dungeons à la Elden Ring lassen sich so natürlich nicht darstellen, aber ihr habt stets die Wahl zwischen mehreren Pfaden, findet Leitern, Durchgänge zu Hochplateaus oder lohnende Lustfahrten auf Wasserwegen, für die eure Party automatisch die Pixelpaddelboote aufpumpt. Apropos Pumpen: Gebt ihr einer bestimmten Nebenfigur genug Kleingeld, dürft ihr den Mini-Ozean zwischen Solistias Kontinenten mit eurem eigenen Segelboot erkunden. Schwimmende Schatztruhen, eine Handvoll Inselchen mit Bonus-Dungeons und mythische Meeresungeheuer erwarten ihre Entdeckung durch das reisefreudige Heldenoktett.

Fass, Eulenfreund! Ochettes Vertraute Mahina greift automatisch elementare Schwachstellen eurer Gegner an und ist außerdem unverschämt flauschig.
Fass, Eulenfreund! Ochettes Vertraute Mahina greift automatisch elementare Schwachstellen eurer Gegner an und ist außerdem unverschämt flauschig.
Das Grundkonzept von Octopath Traveler bleibt im Kern unverändert: Ihr habt die Wahl zwischen acht Heldenpersonen, die ihrer jeweiligen Lebensgeschichte kreuz und quer durch Solistia folgen – in welcher Reihenfolge ihr die Episoden und Kapitel angeht, bleibt euch überlassen. Auf der Weltkarte seht ihr jeweils den nächsten Handlungsort inkl. Schwierigkeitsgrad, so dass ihr Wander- und Auflevel-Routen komfortabel planen könnt. Ratsam ist es in jedem Fall, zunächst mal euer Oktett einzusammeln, um eure aus drei aktiven Mitgliedern und eurer Startfigur bestehende Party optimal für den jeweils anstehenden Abschnitt zusammenzustellen. Wie gehabt, hat jede Spielfigur nämlich nicht nur ihre eigene Saga, sondern auch einzigartige Fähigkeiten.
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Kommentare

Bingpot schrieb am
Krulemuk hat geschrieben: ?24.03.2023 07:35
Bingpot hat geschrieben: ?23.03.2023 23:04 Wie sieht es mit grinding aus?
Kann ich mich auch für eine feste 4er Gruppe entscheiden oder muss man alle Charaktere leveln, da sich die Gruppenmitglieder je nach Storyverlauf ändern, oder auch vom Spiel vorgegeben werden?
Wenn man alle Kapitel spielen möchte, muss man durchaus wechseln. Ich mache es so, dass ich 3 feste Gruppenmitglieder habe und immer nur das vierte Mitglied je nach Storyverlauf durchwechsle. Das funktioniert sehr gut.
Ich musste im Vorgänger nicht grinden und bisher in etwa 35h auch nicht. Allerdings gehe ich auch den Kämpfen nicht aus dem Weg und bin so eigentlich vom Level immer höher als das für das jeweilige Kapitel empfohlene Charakterlevel vorschlägt. Ich weiß aber, dass sich viele zumindest im Vorgänger über den Grind beschwert haben, daher würde ich sagen, dass man, wenn man dem komplett abgeneigt ist, vielleicht doch vorsichtig sein sollte.
Vielen Dank für die Antwort.
Dann werde ich dem Game mal eine Chance geben. Habe sowieso mal wieder Lust auf ein rundenbasiertes Kampfsystem und mir gefällt der Artstyle von OT2 sehr gut.
Scourge schrieb am
Pingu hat geschrieben: ?24.03.2023 16:53 Ist das hier denn grundsätzlich wieder so, dass man 8 verschiedene Leute hat und deren Geschichten folgen soll? Da gab es in Teil 1 auch schon sehr schwankende Qualität. Manche fand ich spannend und andere dann gar nicht bzw. zu ähnlich zu einer anderen Geschichte.
Ja, das ist das Konzept der Serie und natürlich auch bei Teil 2 so.
Pingu schrieb am
Ich musste leider schon im ersten Teil grinden, was mich dann irgendwann ganz vom spielen abgehalten hat. Ich glaube in Kapitel 3 war das, bzw. nach dem Wechsel in Kapitel 3 musste man plötzlich wieder ein paar Stufen leveln. Mir haben die Kämpfe aber auch generell nicht so gefallen, weil man gefühlt immer die gleichen Dinge getan hat. Buff stacken lassen, Gegner Schild brechen und dann All Out Angreifen. Kommt halt auch, wenn die Charaktere nur bestimmte Dinge können bzw. für bestimmte Dinge gedacht sind.
Ist das hier denn grundsätzlich wieder so, dass man 8 verschiedene Leute hat und deren Geschichten folgen soll? Da gab es in Teil 1 auch schon sehr schwankende Qualität. Manche fand ich spannend und andere dann gar nicht bzw. zu ähnlich zu einer anderen Geschichte.
Klingt zumindest als wäre es jetzt more of the same, gut wenn man Teil 1 mochte, aber nicht so gut, wenn man das nicht beendet hat. :D
cM0 schrieb am
Ich meine Bravely Default 2. Bravely Second habe ich zwar auch gespielt, aber meine Erinnerungen daran sind ziemlich verblasst. BD 2 hat auch einige Dinge gehabt, die mich gestört haben, also du hast nicht so viel verpasst, auch wenn es durchaus auch interessante Ansätze hatte. Insgesamt ist ein OT2 für mich aber das deutlich bessere Spiel.
Khorneblume schrieb am
Meint ihr mit 2. Teil eigentlich Bravely Default 2 oder Second? Ich weiß, viele haben den Second auf 3DS vermutlich vergessen. Teil 2 gefiel mir schon die Demo nicht, aber das bereits optisch. OT2 ist einfach ein wunderschönes Spiel.
schrieb am