Indianer im WeltallDas Ende der 90er servierte Shooterfans viele Überraschungen: Unreal verlegte gerade die Grafik-Messlatte ein ordentliches Stück nach oben,
Duke Nukem Forever wurde angekündigt. Und da war dann noch Prey, das extrem ambitioniert klang: Portale sollte es bieten, durch die der Spieler beliebig zwischen Räumen wechseln konnte. Man sollte die Seele vom Körper trennen und auf eigene Wege schicken können. Dank beliebig veränderbarer Schwerkraftverhältnisse sollte sogar das Laufen an Decken und Wänden möglich sein. Aber wie das
so oft mit übertriebenen Ambitionen ist – sie stoßen schnell an Grenzen. In diesem Fall war es die Technik, die im Jahre
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Groß, böse und gemein - dieser Gegner ist kein Indianerfreund. |
1998 einfach nicht genug hergab, um all die ehrgeizigen Pläne umzusetzen. Also wurde das Projekt offiziell stillgelegt, der Name »Prey« existierte fortan nur noch in den wilden Erinnerungen erwartungsvoller Shooter-Freaks – und in einem Batzen für damalige Verhältnisse spektakulärer
Screenshots. Schnitt, wir schreiben 2001: Die technische Entwicklung schreitet waghalsig voran, die Humanhead Studios, die einige Jahre zuvor mit
Rune ein skandinavisches Action-Meisterwerk entwickelt hatten, suchen nach neuen Projekten. Das Stichwort »Prey« fällt, der Griff zum Telefonhörer, die Wahl der 3DRealms-Nummer ist flott erledigt, die Doom 3-Engine schnell lizenziert: Der Name ist da, die Technik ist da, die Begeisterung ist da – tadaaa, Prey lebt!Ihr schlüpft in die gebräunt-rote Haut von Cherokee-Indianer Tommy, der aber kein sonderliches Interesse an seinen Wurzeln hegt. Stattdessen sucht er lieber das Abenteuer der Großstadt, des Militärs, des ungezwungenen Lebens – am besten mit der Freundin. Die ist jedoch gerne Squaw und lässt sich nicht so ohne weiteres aus dem Reservat holen. Mitten in der hitzigen Debatte kommen Außerirdische und entführen sowohl die beiden als auch Tommys Großvater. Mist.
Killer-Käfer |
Waffen und Levels sind sehr organisch designt. |
Zunächst standen die Designer vor einer kniffligen Entscheidung: Doom3- oder UT2003-Technologie? Nach einer Weile des Experimentierens fiel die Wahl auf die id-Engine, die einfach besser zum Konzept des Spiels passte. Und so war ich während der ersten Präsentationsminute auch entsprechend erschrocken, als ich die altbekannten Metallträger und dunklen Gänge sah, die so typisch für dieses 3D-Werkzeug sind. Doch die Entwickler haben mehr gemacht, als einfach nur den Standard-Editor zu benutzen; stattdessen haben sie sich beim Design stark von Filmen wie »Alien« inspirieren lassen. Denn das Schiff, auf das eure Sippe entführt wird, lebt. Es ist ein schleimiges, organisches, pulsierendes Wesen, das sich von den Opfern ernährt, die es entführt. Überall kleistern Schleimbatzen herum, Türen öffnen sich schlabbernd – definitiv kein Platz für überpenible Putzfrauen. Ist euch das Ganze zu dunkel, greift ihr hier nicht zur obligatorischen Taschenlampe, sondern zum flackernden Zippo-Feuerzeug. Aber auch das spendet nicht ewig Licht, denn irgendwann wird das kleine Gerät zu heiß und fallengelassen – immerhin müsst ihr euch nicht auf die Suche nach neuem Benzin begeben.Diese lebendige Kulisse hebt sich wohltuend von anderen Spielen gleicher Bauart ab und wird konsequent durchgezogen. Denn selbst die Waffen sind organisch aufgebaut: Da gibt es z.B. einen glibbrigen Käfer mit drei Beinen. Reißt ihr ihm alle raus, solltet ihr ihn besser flott wegwerfen, denn kurz darauf explodiert er – rupft ihr hingegen nur ein Bein heraus, habt ihr eine praktische Kontaktgranate.