Fremd im eigenen Haus
Stellt euch vor ihr seid zwanzig, steht kurz vor der Uni und nehmt euch ein Jahr Auszeit. Nach einer Reise durch Europa kehrt ihr im Sommer 1995 in euer neues Zuhause zurück, in das die Familie während eurer Abwesenheit gezogen ist. Statt einer großen Willkommensparty erwartet euch in einer stürmischen Nacht aber nur ein Zettel an der Haustür. Gone Home stellt nur eine Frage: Was ist mit eurer Familie geschehen? Während draußen ein Sturm tobt, Blitze zucken und der Regen gegen die Scheiben trommelt, tastet sich Kaitlin in der Eingangshalle von Lampe zu Lampe. Sie untersucht die Schränke und Schubladen. Irgendwo muss hier doch ein Hinweis auf ihre Familie sein! Jeden Gegenstand nehme ich dazu in die Hand, lese Rechnungen, Notizen und Prospekte.
Eine Willkommensparty sieht anders aus...
Für ein ungutes Gefühl sorgt auch die Aufnahme auf dem Anrufbeantworter: Ein scheinbar verzweifeltes Mädchen will mit meiner Schwester Sam sprechen. Was ist hier passiert? Dies gilt es auf der Reise durch das Haus herauszufinden. Wer etwas mehr über den Spielablauf und seien Besonderheiten erfahren möchte, sollte einen Blick auf den
Test des PC-Originals werfen.
Zurück nach 1995
Mit seiner ungewöhnlich inszenierten Geschichte und einer geheimnisvollen bis nostalgischen Atmosphäre gewannen Steve Gaynor und sein Studio Fullbright Company unseren Preis für das PC-Spiel des Jahres 2013. Zweieinhalb Jahre später bekommen endlich auch Konsolenbesitzer eine Umsetzung. Die Fassungen für PS4 und Xbox One tragen den Untertitel „Console Edition“ und liefern als Bonus rund 90 Minuten Audiokommentare. Wer die Geschichte bereits durchgespielt hat, kann also zu den zahlreichen im Haus verstreuten Symbolen gehen und sich kurze Geschichten der Entwickler zu Design-Entscheidungen, Änderungen im Skript, Hintergründen der Geschichte und Anekdoten aus dem Entwickleralltag anhören.
Die verstreuten Objekte werden adventuretypisch vor die Linse genommen und lassen sich für versteckte Hinweise rotieren.
Wer möchte, kann schon zu Beginn des Spiels alle verriegelten Bereiche aufschließen lassen, um auf Entdeckungstour nach den Hintergrundinfos zu gehen. Die Checkbox dazu lässt sich allerdings nur beim Start eines Durchgangs aktivieren. Auf dem gleichen Bildschirm können auch die Karte deaktiviert, sämtliche Lichter eingeschaltet oder die für die Story wichtigen vorgelesenen Tagebücher deaktiviert werden. Alle Gründer des Studios haben zum Audiokommentar beigetragen: Steve Gaynor und Karla Zimonja plaudern locker über die Ausarbeitung der Geschichte, gestrichene Figuren, alte Erinnerungen an Florida und andere mehr oder weniger relevante Details.
Schöner Audiokommentar, schwache Übersetzung
Programmierer Johnemann Nordhagen, Environment-Artist Kate Craig, Komponist Chris Remo oder Sprecherin Sarah Grayson konzentrieren sich etwas mehr auf den Schaffensprozess. Sie sprechen über Inspirationen, die Vorbereitung aufs Einsprechen oder wie genau die Interaktion mit einer Tür technisch funktioniert. Insgesamt sind ihre Kommentare ein unterhaltsamer Bonus, allerdings klingen manche der Aufnahmen wie ein Skype-Mitschnitt mit einem Headset vom Discounter. Auch die deutsche Übersetzung wirkt arg amateurhaft, weil sämtliche Umlaute fehlen. Die restlichen deutschen Untertitel leiden zum Glück nicht unter diesen Fehlern und lassen sich auf Wunsch deaktivieren; die Sprachausgabe bleibt nach wie vor Englisch.
Was erwartet den Spieler in diesem Keller?
Das Adventure des kleine Teams ist natürlich auch in den neuen Konsolenfassungen keine Technikbombe im Stil von P.T. - einige Feinheiten wurden bei der Portierung in Unity 5 aber aufpoliert: Dazu gehören die etwas schärfer wirkenden Oberflächen und eine etwas stimmungsvollere Beleuchtung. Nach wie vor flutscht alles stets flüssig über den Schirm, komplett fehlerfrei ist die Technik aber zumindest auf der Xbox One nicht: Auf Microsofts Konsole sind mir kleine Bugs bei Türen und Geheimverstecken begegnet. Eine Schublade z.B. öffnete sich irgendwann von ganz alleine, noch bevor ich den passenden Code eingegeben hatte. Anderswo musste ich erst zweimal aufs Knöpfchen drücken, damit sich eine bereits entdeckte Geheimtür endlich öffnete. Beide Fehler sind nicht tragisch, können aber kurzzeitig Verwirrung stiften. Die Controller-Steuerung funktioniert meist ordentlich, beim Öffnen von Schranktüren sollte man allerdings einen Schritt zurücktreten, sonst steht man der Aktion manchmal im Weg.