Das erste Mal
Meine erste Bekanntschaft mit Namcos Pac-Man machte ich auf dem Atari VCS.
Ich war acht oder neun und zu Besuch bei einem Schulkameraden. Dieser hatte neuerdings so ein merkwürdiges Gerät - anscheinend halb Plastik, halb Holz - im Wohnzimmer stehen, an dem Kabel mit noch merkwürdigeren Apparaten hingen, die wie kleine Fotokameras aussahen, in deren Linsen jemand schwarze Schraubenzieher gesteckt hatte. Auch der Fernseher schien irgendwie damit verbunden zu sein. Was zur Hölle war das?
Auf mein Drängen hin fragte mein Freund seine Eltern, ob er es einschalten dürfe und kurze Zeit später wurde der Fernsehschirm zu einer Art Labyrinth, in dem ein gelber Kopf irgendwelche Striche - angeblich Pillen - fraß, während er von vier geisterartigen Gebilden verfolgt wurde.
So sah Pac-Man auf dem VCS...
Der gefräßige Flüchtling schien dabei den Bewegungen meines Freundes zu folgen, der ständig an einem der vermeintlichen Schraubenziehergriffe herumzog, während er angespannt hin und her wippte und merkwürdige Laute von sich gab.
Ich wollte natürlich auch mal ran, wurde aber in null Komma nichts von einem dieser doofen Gespenster erwischt, weil der gelbe Kopf nie rechtzeitig abbiegen wollte. Nach einer Weile hatte ich den Dreh dann aber raus und kam auch mit anfangs eher verwirrenden Besonderheiten wie der Nutzung des Geheimtunnels von Bildrand zu Bildrand oder Hatz nach punkteträchtigen Bonuspillen immer besser zurecht.
Besonders cool war es, die Futterkette durch den Verzehr von begrenzt vorhandenen Spezialpillen kurzzeitig umzukehren und Jagd auf seine nun flüchtenden Verfolger zu machen oder endlich mal ungestört mampfen zu können.
...und so in der Spielhalle aus.
War der Bildschirm leer gefressen, begann der ganze Spaß von vorn - nur jedes Mal eben einen Tick schneller und schwieriger. Das war Pac-Man und ich zum ersten Mal verliebt.
Das Vermächtnis
Zum Glück wusste ich damals noch nicht, dass es den Pillen-Junkie auch als wesentlich attraktivern Spielautomaten gab. Denn dann hätten meine Eltern mein Taschengeld auch gleich jeden Monat komplett an den nächstgelegenen Betreiber überweisen können. Stattdessen häuften sich die Besuche bei meinem Schulkameraden und irgendwann hatte ich meine Eltern endlich davon überzeugt, dass auch ich unbedingt so etwas haben musste.
Mit dem von Midway produzierten
Ms. Pac-Man konnte man kurze Zeit später dann auch mit Schleifchen im Haar Pillen fressen und vor Geistern fliehen. Dabei wurde nicht nur die Optik, sondern auch die KI und das Labyrinthlayout überarbeitet. In
Super Pac-Man musste man dann statt Pillen Schlüssel essen, um Türen zu öffnen. Danach gab es noch zahlreiche weitere offizielle und inoffizielle Ableger wie den Flipperhybriden
Baby Pac-Man, das Quizspiel
Professor Pac-Man oder das Jump'n'Run-Abenteuer
Pac-Land.
Zum 30jährigen Jubiläum erhielt Pac-Man auch bei Google einen
Ehrenplatz.
Mit
Pac-Mania besann man sich dann wieder aufs klassische Konzept - allerdings aus isometrischer Perspektive, während
Pac-Man Vs. mit originellem Mehrspieleransatz überraschte, bei dem man endlich auch mal als Geisterbande sein Unwesen treiben konnte, bevor Pac-Man-Erfinder Toru Iwatani mit der
Championship Edition nochmals so richtig Vollgas gab. Zum 30. Geburtstag gedachte selbst Google dem gelben Kultkopf mit einer
interaktiven Fressparade, während Namco ihn mit der Minispiele-Sammlung
Pac-Man Party feierte.
Mittlerweile gibt wohl kaum noch jemand, der Pac-Man nicht kennt - egal, ob seit Anfang an oder erst seit Kurzem. Aus meiner persönlichen Zockervita ist er jedenfalls nicht wegzudenken und jetzt hat er endlich auch seinen verdienten Stammplatz in unserem
Klassiker-Archiv.