Atombombe für Hitler?
Gab es wirklich so etwas wie ein deutsches Atombombenprojekt im Zweiten Weltkrieg? Die Antwort ist zwar umstritten, es spricht aber wohl vieles dafür, dass die Deutschen noch weit davon entfernt
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Der Professor treibt sich mit Agenten rum, weil er ein Held sein möchte. Seine Motive bleiben im Nebel. |
waren, einen eigenen Uranreaktor zu bauen. Dies geht auch aus den Aussagen des Physikers Carl
Friedrich von Weizsäcker hervor, der wie Werner Heisenberg selbst an der Nuklearforschung beteiligt war. Obwohl er bereits im Sommer 1942 ein Patent dafür anmeldete, war laut Weizsäcker die strapazierte deutsche Kriegswirtschaft damit überfordert, die für die Uranwaffe nötigen Ressourcen zu beschaffen.
Nichtsdestotrotz wird der Alptraum einer Atombombe in Händen der Nazis in Undercover: Operation Wintersonne zur bitteren Realität. In dem Point&Click schlüpft ihr in Haut von Professor John Russell, der als Physiker in London vom britischen Geheimdienst angeworben wird. Als bekannter Fachmann soll Russell zusammen mit einem ausgebildeten Agenten ins "Tausendjährige Reich" reisen, um das deutsche Manhattanprojekt noch in letzter Minute zu verhindern. In Berlin angekommen, muss er zunächst einen Weg finden, in das streng bewachte Kaiser Wilhelm Institut (KWI) hineinzukommen, wo die Kernforschung betrieben wird. Es wird klar, dass alles viel schlimmer ist als erwartet...
Realität trifft Fiktion
Prinzipiell ist nichts gegen eine Vermischung von Realität und Fiktion einzuwenden, solange sie nur stimmig und gut gemacht ist. Genau daran fehlt es bei Undercover, denn die Story weckt zwar zunächst die Neugier, sie wird aber trotz filmähnlicher Inszenierung zu oberflächlich erzählt.
Zwar kommen Heisenberg, das KWI und das Geheimlabor in Haigerloch vor, der Fokus des Adventures liegt aber eindeutig auf dem Lösen von Rätsel und nicht so sehr im Erzählerischen. Das ist angesichts des ernsten Themas schade, dient doch eine ausgefeilte Story auch dazu, euch bei der Stange zu halten und zu motivieren. Das Gefühl, wirklich die Welt vor der Uranbombe zu retten, kommt leider selten auf; das Adventure wird daher in der Mitte langweilig.
Bevor ihr von spannungsgeladener, aber unauffälliger Musik begleitet deutschen Boden betretet, gibt es genau eine kurze Szene beim britischen Geheimdienst MI6. Ihr erfahrt weder etwas über die Bombe noch über den Helden oder die anderen Beteiligten. Obwohl der Colonel dem Professor
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Ob in verstaubten Schränken, Schubladen oder Nebenräumen, der Held sucht eigentlich immer irgendwas. Oft fragt sich wofür. |
zunächst misstraut, wird er nur Minuten später angeworben. Wie kam es zu dem Sinneswandel? Warum nimmt der Secret Service nicht einfach einen ausgebildeten Spion? Wie kommen die Agenten überhaupt in die Festung Europa rein, die doch von den Nazis bewacht wird? Es ist die Rede davon, dass sie mit dem Boot anlanden. Aufgrund der Kriegschiffe im Ärmelkanal dürfte das 1943 quasi unmöglich gewesen sein.
Blasse Akteure
Obwohl Russel offenkundig ein netter Zeitgenosse ist, bleibt er dennoch weitgehend blass. Sympathisch ist er immer dann, wenn er seine Erfahrung als Physiker einfließen lässt. So erkennt er im Tagebuch des Institutsleiters sofort seinen eigenen Arbeitsalltag in England wieder, der genauso öde ist. Trotz Krieg ist man sich also näher, als man denkt. Seine Motive sind dennoch wenig überzeugend. Ist es wirklich der patriotische Dienst am Vaterland, der ihn zum Agenten wider Willen macht? Das will so gar nicht zu seiner unideologischen Art passen, mit der der spröde Wissenschaftler die Dinge sonst anzugehen scheint. Schnödes Geld, Frauen oder Rache wären da fast noch glaubhaftere Motive gewesen.
Sei es wie es sei, sein Wissen bringt dem Helden natürlich auch klare Vorteile. Da sich ein Naturwissenschaftler seines Kalibers natürlich auch ein wenig mit Chemie auskennt, mixt Russel immer wieder Cocktails zusammen, die es in sich haben. Streng nach gefundenem Rezept schmeißt ihr zwei drei harmlose Zutaten zusammen und schon habt ihr ein Elixier, das euch weiterbringt. Was ihr mit reinigendem Spiritus, schmierende Seifenlauge oder ätzende Säure genau anstellen könnt, wird hier natürlich nicht in allen Einzelheiten verraten.
Teils heftige Rätsel
Die Rätseldichte ist ähnlich hoch wie bei Geheimakte: Tunguska, so dass ihr nicht lang zu laufen braucht, um aufs nächste Puzzle zu stoßen. Die Qualität der teils schweren Aufgaben kommt allerdings nicht an Tunguska ran und ist eher was für Knobelfreunde mit Auge fürs Inventar als für Logiker. Da die Hinweise mehr als vage sind, läuft es oft auf bloßes Ausprobieren raus. Das gute alte "jeder Gegenstand im Inventar wird einfach ausprobiert" kommt hier zu ganz neuen Ehren. Anders sind die unklaren Ziele oft nicht zu entdecken.
Immerhin könnt ihr euch im Einsteigermodus anzeigen lassen, wo die Gegenstände in einem Raum versteckt sind. Das ist auch bitter nötig, denn Nahaufnahmen der wichtigen Dinge gibt es nicht immer.
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In so gut wie jedem Raum erwartet euch ein Rätsel. Was ihr tun müsst, findet ihr oft nur mit einiger Mühe raus. |
Die Puzzles selbst werden so nicht entschärft, weshalb das Abenteuer bei Neulingen Frust produzieren dürfte. Oft sind an einem Ort gleich mehrere Sachen verborgen, die ihr auf einen Rutsch hervorholt. Natürlich ist es nötig, Gegenstände miteinander zu kombinieren, damit etwa eine Wasserflasche mit Schlauchaufsatz entseht. Praktisch ist ferner, dass ihr auch rennen und gleich zum Ausgang springen könnt.
Wie sollt ihr ohne Tipp herausfinden, welche Kombination die richtige ist, um die oberste von sechs Schubladen zu entriegeln. Das sind einfach zu viele Möglichkeiten, um sie durchzuprobieren, weshalb nur die Komplettlösung weiterhilft. Wie sich später rausstellt, stimmt hier die Reihenfolge der Puzzles nicht, da der Hinweis erst im nächsten Raum schlummert, wo ihr noch gar nicht reinkönnt. Ähnlich ist es mit einer Kombination für eine Geheimtür, die sich angeblich aus dem Tagebuch des Institutsleiters ergeben soll. Der ist jeden Morgen um 7:55 Uhr erschienen, was dann die einzustellende Uhrzeit ist. Wer soll denn da von selbst drauf kommen?