Neugier & Skepsis
Wenn Spiele hier oder da bejubelt werden, wird man neugierig und skeptisch zugleich. Wenn Spiele von über 50 Magazinen in den siebten Himmel gelobt werden, wird man erst verblüfft und danach noch neugieriger, aber weniger skeptisch:
95,5% im Schnitt? Die schlechteste Bewertung bei 80%? So viele Tester können nicht irren! Da muss was dran sein! Und wenn das gekürte Epos auch noch
The Legend of Zelda: Twilight Princess (Zelda) heißt, sollte man eigentlich nicht mehr mit Zweifeln kommen. Vor allem, wenn man dem Abenteuer selbst in zwei Vorschauen Hitpotenzial zugetraut hat. Und vor allem, wenn man es der Zipfelmütze auch noch gönnen würde!
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Robin Hood lässt grüßen: Jungheld Link muss eine Prinzessin retten und ein ganzes Königreich vom Bösen befreien. |
Aber zwischen einem Goldaward von 85% und einem Platinaward von 90% liegt für einen Tester ein großer gefühlter Abstand. Und zwischen 90% und 95% liegen gefühlte Welten. 4Players.de hat einem Spiel noch nie mehr als 94% gegeben. Selbst
The Legend of Zelda: The Wind Waker hat im April 2003 "nur" 91% erobert. Warum ich das alles erzähle? Weil die Erwartungshaltung eine enorm hohe ist, weil die bisherigen Kritiken ein Epos der Extraklasse vermuten lassen, das als Action-Adventure Zeichen setzt. Und weil wir nach etwas mehr als drei Stunden Spielzeit allerhöchstens 85% geben würden...
Zelda braucht mehr Tests!
Bitte Ruhe! Bitte noch keine bösen Kommentare! Wir werden Zelda in mehreren Teilen testen und euch bis zur finalen Wertung immer Zwischenstände mitteilen. Und zur Beruhigung: Auch das letzte Abenteuer von Link kam erst nach einem halben Dutzend Spielstunden richtig in Fahrt. Also: Durchatmen, weiterlesen, abwarten. Zelda ist nicht nur ein sehr gutes Spiel, sondern der beste Wii-Titel, den ihr zum Start der Konsole kaufen könnt. Sogar der einzige Wii-Titel, dem die 4Players-Redaktion überhaupt Hitpotenzial zutraut. Es geht im Grunde nur um die Frage, wie hoch Link klettern kann, ob er wirklich Maßstäbe als Zugpferd der
New Generation setzen kann.
Was ist der Unterschied zur
Next Generation von Xbox 360 und PlayStation 3? Nintendo pfeift auf die Pracht der Polygone und will dagegen ein neues Spielgefühl über die innovative Steuerung servieren. Das ist lobenswert und angesichts der zur inhaltlichen Uniformität führenden Grafikgeilheit ein wichtiger Kontrapunkt für die Branche - auch für kreative Entwickler ohne fette Engine. Trotzdem können sich die Japaner nicht gegen die Macht des Auges wehren - auch Wii-Spiele müssen gut aussehen! An die Power der PS3 oder Xbox 360 kommt man nicht heran. Aber immerhin ist die neue Konsole theoretisch leistungsfähiger als der GameCube, der das technisch beeindruckende
Resident Evil 4 stemmen konnte. Also: Was hat Zelda grafisch und akustisch drauf?
Ein Hauch von Epos
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Euer Pferd Epona schwächelt: An dieser Quelle soll es von Ilya geheilt werden. Noch ist alles friedlich... |
Der Vorspann und das Hauptmenü können wie eine Vorgruppe für eine Rockband wirken: Sie machen Stimmung und wecken die Lust auf mehr. Das funktioniert auch in Zelda: Wenn Link auf seinem Pferd ins Abendrot donnert, an tiefen Abgründen und monumentalen Brücken vorbei, von lieblichen Melodien begleitet, dann verströmt der Wii plötzlich einen Hauch von
Shadow of the Colossus . Man will am liebsten sofort losreiten und kämpfen: Später könnt ihr euer Ross in mehreren Gangarten vorantreiben, von seinem Rücken aus Pfeile abfeuern und zuschlagen. Allerdings wird man hier im ersten Titelmenü bei weitem nicht so gepackt wie im Einstieg von Sonys bildgewaltigem Epos: Der Vorspann ist zu schnell vorbei, die Landschaft wirkt nicht mystisch genug und die ersten klobigen Kanten zeigen den langen Schatten der Mutterversion.
Mutterversion? Man merkt Zelda sehr schnell an, dass es für den GameCube entwickelt wurde: Es gibt keine Sprachausgabe, nur eine Art Stimmimitation mit deutschen Textboxen. Das hat zwar Tradition, das mag Nostalgiker freuen, aber muss man das auch auf dem Wii so fortführen? Mimik und Gestik? Weitgehend Fehlanzeige. Immerhin: Man gewöhnt sich daran und nach zwei, drei Stunden wird auch ohne Sprecher und fortschrittliche Gesichtsbewegung eine emotionale Stimmung aufgebaut: Die Augen, das Figurendesign, die vielen liebevollen Szenen - all das kann die technischen Schwächen aufwiegen. Hinzu kommen die ebenso bekannten wie geliebten Klingelingmelodien, die Veteranen in null Komma nichts in die alte Zeit versetzen, wenn sie eine Schatzkiste öffnen oder ein Geheimnis lüften.