Antiheld & Hausbesitzer
Wer zotig-grantige Tierhelden à la
Conker oder
Biomutant mag, der könnte in der Schnecke Clid einen neuen Freund finden. Der weiche Herr mit dem harten Haus auf dem Rücken ist dick bewaffnet, schlecht gelaunt und obendrein notorisch betrunken - wie schön, dass ihn eine optimistisch plappernde kleine Fee durch die Fantasy-Welt begleitet. Die spanischen Entwickler von Weird Beluga inszenieren ein düsteres Abenteuerland aus der Draufsicht - mit schönem Artdesign und angenehm unterschiedlichen Themengebieten, dafür nur mittelprächtigen Texturen und gerade so wenig Kontrast, dass das Erkennen von Details mitunter schwierig ist. Nach typischer Twinstick-Manier schleicht Clid durch die Areale - und kann seine Feuerkraft unabhängig von der Bewegung ausrichten. Wer mit der Knarre im Anschlag im Kriechtempo unterwegs ist, dem zeigt die (tendenziell zu nahe) Kamera ein bisschen mehr vom Level, wer die Sprinttaste betätigt, der muss mit dem Energiebalken unter der Lebenssleiste haushalten - sonst kann es sein, dass die Ausweichrolle genau dann nicht möglich ist, wenn man sie unbedingt braucht.
Immer wieder erschweren Laserfallen Clids Vorankommen in der Welt - mit Köpfchen und flinken Hechtrollen kommt er ihnen bei.
Während ich mit Clid durch die schmuddelige Mittelalter-Stage der Steam-Demo laufe, kündigen sich Feinde durch wütende Rufe an - das ist auch nötig, denn einerseits sind sie wegen des geringen Kontrasts vor den Hintergründen nicht leicht zu erkennen, zweitens oftmals noch außerhalb des Sichtbereichs. Die ersten insektoiden Gegner putze ich mit dem (aufladbaren) Standardschuss noch locker ins Nirvana, für den Kampf mit dickeren Brocken gehe ich bei einem Händler shoppen: Die Schrotflinte ist im Nahkampf wenig überraschend eine gute Wahl, die Säurekanone finde ich recht schwach, dafür ist die hohe Schussfrequenz der Plasma-Wumme eine Wohltat - sie peppt das ansonsten etwas träge Spielgefühl richtig auf. Später darf ich wohl auch bessere Schneckenhäuser für mein Weichtier kaufen, aktuell ist die Funktion aber noch ausgegraut. Wenig angetan bin ich von der Sprachausgabe - die Dialoge der Figuren werden von kindlich klingendem Kauderwelsch untermalt, das war schon in
Okami oder
Biomutant ziemlich nervig. Klasse finde ich hingegen das räumliche Gefühl im Spiel: Durch die Draufsicht, verschiedene Höhenebenen und Objekte, die nahe an der Kamera vorbeiziehen, entsteht das schöne Gefühl, eine Art Diorama oder ein Abenteuer in einem Terrarium zu erleben. Dazu passen auch die Größenverhältnisse - nachdem die Menschheit von der Erde verschwunden ist, schlagen sich Schnecke, Ratte & Co. in ihren Überbleibseln herum, da fungiert der Hals einer E-Gitarre dann schon mal als Brücke zu einer morbiden Techno-Stadt.
Action, Erkunden & Co.
Der Kampf mit der Flammenwerfer-Boss war der spielerische Höhepunkt der Demo - durch das Nutzen von Deckungen ergab sich ein reizvolles Ratte-und-Schnecke-Spiel.
Feinde nutzen zielsuchende Raketen oder Teleport-Moves, um Clid in die Zange zu nehmen, zum Glück kann mal als Spieler viele Hindernisse in der Welt als Deckung nutzen oder sich mit Gimmicks behelfen - magische Kristalle umschwirren meine Schnecke, ich nutze eine Art Kugelschild oder zünde eine Raketen-Smartbomb. An einigen Stelle lockern kleine Geschicklichkeits- und Denksportaufgaben den Mix aus Ballern und Erkunden auf: An einer Stelle muss ich flink sein, weil eine deaktivierte Laserfalle nur kurz offline ist, an anderer Stelle nutze ich die natürliche Deckung geschickt, um Clid immer wieder vor den Strahlen eines rotierenden Energiestrahls zu verbergen. Der schneckige Held streunt über schmale Brücken zwischen kleinen Inseln, lässt sich zur Wegfindung auf tiefere Ebenen hinabfallen oder erkundet antikeTempelruinen - natürlich nur echt mit einer riesigen Schneckenstatue; später lege ich mich mit einer Ratte mit Flammenwerfer an, die ich in den Ruinen der Grashüpferstadt treffe. Weird Beluga hat sich durchaus Mühe gegeben, eine morbid-schräge Welt zu erschaffen - ich bin gespannt, ob in der finalen Fassung dann auch eine Bindung zu den Figuren entsteht und die Geschichte mit mehr als ein paar coolen Zwischensequenzen bedacht wird.