Man begegnet haufenweise Figuren, die natürlich fast alle ebenfalls Spieler von CrossWorlds sind und die stellvertretend für die Archetypen stehen, die man in nahezu jedem echten MMO von World of WarCraft bis Neverwinter oder The Old Republic finden kann: Es gibt Gildenrekrutierer; man findet hilfsbereite (wenngleich sprachlich nicht immer sichere) Mitspieler, Wichtigtuer (die einen hier z.B. des Cheatens bezichtigen), Besserwisser und viele mehr. Mit den einfachen Mitteln, die CrossCode anbietet, holen die Entwickler viel aus dem Thema raus und haben für mich eine ähnlich glaubhafte Offline-Onlinewelt mit viel Atmosphäre geschaffen wie seinerzeit die .hack-Serie. Zumindest haben sie es geschafft, dass ich mich für CrossWorlds und die darin integrierten Spieler interessiere. Ich hoffe, dass diese vorgegaukelte Lebendigkeit bis zum Ende Bestand hat und nicht irgendwann mangels Überraschung verpufft.
Unreal? Unity? HTML5!
Die 16Bit-Ästhetik versprüht ihren ganz eigenen Charme.
Überrascht war ich auch, als bereits zu Beginn HTML5 im Zusammenspiel mit der Impact-JavaScript Engine als Codeplattform genannt wurde und nicht etwa Grafikmotoren von Epic, Crytek oder Unity. Okay: Ganz sauber ist das Scrolling der farbenfrohen Fantasywelt nicht - was mich aber nur umso stärker an die Klassiker erinnerte, an denen sich CrossCode orientiert. Auch die Animationen könnten vielfältiger sein. Doch Farbpalette, Level- und Figurendesign sind dafür wie aus einem Guss und ziehen mich mit ihrem 16Bit-Ansatz in die Spielwelt. Denn inhaltlich baut man nicht nur auf leicht zugängliche Kämpfe, ausufernde Gespräche und Levelerforschung, sondern auch auf vielschichtige Charakterentwicklung. Allerdings bleibt das Questsystem in den ersten Stunden sehr oberflächlich. Zwar orientiert man sich hier an den gegenwärtig üblichen Standards echter Spiele wie Hol-und-Bring-Diensten oder „Töte-X-davon-Missionen“, doch gerade hier hätte man die Möglichkeit nutzen und mehr Abwechslung bieten können als die Realität. So baut sich die Spannung eher über die zwar eingeschränkte aber intelligente Interaktion von Lea mit anderen Figuren auf.
Dafür kann man auf ein umfangreiches Handwerks-System zurückgreifen, für das man allerdings in der freien Wildbahn Zutaten finden muss. Noch spannender ist allerdings das "Circuit"-System, bei dem man in einem weit verzweigten Fähigkeiten- und Eigenschaftsbaum versucht, einen Weg zu einer bestmöglichen Charakterentwicklung zu finden. Mit seinen Möglichkeiten, Abhängigkeiten sowie den bereits angesprochenen Elementen erinnert es an eine 16Bit-Version des Sphärobretts aus Final Fantasy 10, immerhin eines der ganz großen Highlights der PS2-Generation. Ob CrossCode einen ähnlichen Status erreichen kann, wage ich zu bezweifeln, doch als Action-Rollenspiel, das seine Inspiration aus zahlreichen Vorbildern zieht, diese aber mit spielerischer Leichtigkeit zu etwas Eigenständigem und Neuen vermengt, macht es mich neugierig.