Die Szene denkt nach: Wie gut sind deutsche Spiele?
Auf der Quo Vadis (lat. "Wohin gehst du?") ist der Name Programm, denn mit Rückblick auf die vergangenen Monate und Jahre fragt sich die deutsche Spieleindustrie naturgemäß, was die Zukunft denn so bereithält. Eine zentrale Fragestellung, die Bernd Diemer, Senior Game-Designer bei Crytek, Marko Hein, verantwortlich für strategische Entwicklung und Planung bei Kochmedia, Heiko Klinge, Redakteur bei der Gamestar, Teut Weidemann, CDV-Vorstand, sowie Martin Löhlein, Development Director bei EA Phenomic, unter der Leitung von Intels Arne Peters diskutierten.
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Die Quo Vadis 2007 fand diesmal in Berlin statt - hier ein Blick auf die Diskussionsrunde. |
Warum werden so wenig Spiele aus deutschen Landen auch weltweit ein Erfolg? Kapiert die Welt die deutschen Spiele nicht? Weidemann entgegnet, dass "es die deutschen Entwickler sind, die die Welt nicht kapieren." Diese wüssten grundsätzlich zu wenig über die Präferenzen der Spieler in anderen Märkten, auch fehle ihnen der Zugang zu entsprechende Daten wie beispielsweise den exakten Verkaufszahlen aus den USA.
Der Wissensmangel ist aber auch in der Geschichte des Marktes verortet, merkt Löhlein an. Vor mehr als zehn Jahren konnten die Hersteller gut davon leben, Spiele herzustellen, die nur hierzulande erfolgreich waren. Dies sei unter den heutigen Bedingungen nicht mehr möglich. Was nicht nur an den gestiegenen Produktionskosten liegt. Weidemann ergänzt, dass sich ein gutes Spiel früher für gewöhnlich 300.000 oder 400.000 Mal verkaufen konnte. Heute hingegen hätten auch Top-Seller schon an der 100.000er Marke zu knabbern.
Gesucht: International denkende Teams
Hein weist darauf hin, dass deutsche Entwickler in der Regel mit deutschen Publishern zusammenarbeiten. Dies würde nicht gerade dabei helfen, die Scheuklappen bzgl. internationaler Anforderungen abzulegen. Unisono heißt es, dass die Verstärkung der Teams bei Produktionen mit globalen Anspruch durch Arbeitskräfte aus dem Ausland unumgänglich sei, um Wissensdefizite abzubauen.
Ein Thema, bei dem sich Diemer entspannt zurücklehnen kann, schließlich ist Crytek Heimat von Entwicklern aus aller Herren Länder, die offizielle Sprache in der Firma ist Englisch. Um die Integration neuer Mitarbeiter zu erleichtern, gibt es bei den Mannen um die Yerli-Brüder zwei Angestellte, die sich speziell um die Neuankömmlinge kümmern, ihnen bei der Wohnungssuche, dem Ausfüllen traditionell schwer zugänglicher Formulare oder Behördengängen helfen.
Unproblematisch ist so ein Unterfangen dennoch nicht. So stelle einem die deutsche Bürokratie öfter Hindernisse in den Weg. Auch würden viele der Arbeitskräfte das Land nach einiger Zeit wieder verlassen. Teils, da es für sie schwierig ist, außerhalb der Firma einen Freundeskreis aufzubauen, teils, da Deutschland für viele nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in die nordamerikanische Szene ist.
Allerdings sind deutsche Firmen auch gefordert, selbst stärker über den sprichwörtlichen Tellerrand zu schauen und und international stärker präsent zu sein. Bisher musste man hiesige Teams auf Messen wie der Game Connection eher mit der Lupe suchen. Löhlein sieht außerdem ein kulturelles Problem: Deutsche würden in der Regel immer recht selbstkritisch sein und eigene Errungenschaften kleinreden. Gegenüber Partnern aus Frankreich, England oder Nordamerika sei es aber notwendig, sich bestens verkaufen zu können.
Gewünscht: Mehr Geld, bessere Producer
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Teut Weidemann, geb. 1965, war u.a. bei Softgold, Rainbow Arts, Apple. Microsoft tätig. Er gründete 1996 die Wings Simulations GmbH, die für Söldner - Secret Wars verantwortlich zeichnete. 2005 wurde das Studio von JoWooD eingestampft. Mittlerweile ist er bei CDV im Vorstand aktiv. |
Auch, und da ist sich die Runde relativ einig, seien deutsche Produktionen oft im Nachteil, da die Budgets hierzulande geringer seien, man aber dennoch mit Spielen der größeren Publisher mithalten muss. Im Bereich der Projektplanung seien, so Weidemann, deutsche Firmen ebenfalls nicht so weit wie die lieben Kollegen aus dem Ausland. Was die Suche nach qualifiziertem und erfahrenem Personal deutlich erschweren dürfte, da beispielsweise ein Producer aus den USA unter diesen Bedingungen fix abwinken würde.
Kochmedia-Mann Hein wirft ein, dass man selber gerade auf der Suche nach Producern sei und Probleme habe, geeignetes Personal zu finden. Auch Diemer sieht Defizite im Bereich der Ausbildung und wünscht sich, dass es mehr Institutionen wie die Games Academy geben würde. Zudem täten sich viele potenzielle Angestellte schwer damit, für einen neuen Job umzuziehen - obwohl Crytek den Umzug übernimmt und übergangsweise auch eine Wohnung in Frankfurt bezahlt, bis man sich selbst eine Behausung organisiert hat.
Weidemann denkt, dass man in Deutschland generell bei zwei Trends den Anschluss verpasst hat, So würde man hier im Bereich der Entwicklung von Konsolenspielen sowie im Bereich der Onlinespiele anderen Ländern 3-5 Jahre hinterherhinken. Auch sei es bezeichnend, dass es wesentlich mehr Firmen aus der skandinavischen Region gibt, die an Produktionen arbeiten bzw. gearbeitet hatten, denen weltweit Aufmerksamkeit geschenkt wird, obwohl der dortige Markt wesentlich kleiner sei als der deutsche.