Die Hürden des Einstiegs...
Eldritch Horror ist für Einsteiger ein schwieriges, mitunter vielleicht sogar zähes, aber letztlich auch unheimlich stimmungsvolles Brettspiel. Schwierig deshalb, weil jemand das sechzehnseitige Regelwerk und auch das Lexikon im Vorfeld sehr gut studieren sollte, damit man während der Partie nicht dauernd von Fragen aufgehalten wird. Man muss eine Sitzung gut vorbereiten, braucht zudem ebenso tapfere wie geduldige Freunde. Schwierig ist das Spiel auch, weil man erstmal ein Gefühl für die gemeinsame Strategie entwickeln muss. Wenn jeder nur an seinen Charakter und seine Ausrüstung denkt, kommt man nicht weit. Man sollte bereit sein zu tauschen, sich optimal zu ergänzen und über die nächsten Schritte zu debattieren - ideal für die Kommunikation am Tisch.
Zäh ist es deshalb, weil die Spielmechanik mit fortlaufenden Ereignissen unnachgiebig dafür sorgt, dass sich das Rad des
Schade ist, dass es nur vier Große Alte gibt. Schön ist, dass man das Spiel über kleine Selektierungen einfacher oder schwerer gestalten kann: Wer es leichter mag, sollte nur die hellblau markierten Karten des Mythosstapels einsetzen.
Horrors weiter dreht. Nicht nur der Verderbenmarker und das Sternzeichen bewegen sich: Für jedes besiegte Monster scheint irgendwo etwas anderes Böses zu geschehen. Gerade die miesen Monsterfluten und vor allem die Rache-Effekte können an den Nerven zehren: Für jedes rote Symbol auf einer Karte werden dann auf der ganzen Welt einzelne Reaktionen mit negativen Folgen abgehandelt. Wenn man nicht schnell die Tore schließt und effektiv Mysterien aufdeckt, kann das Spiel sogar aussichtslos wirken. Aber das ist es nicht.
...werden von Spieltiefe und Atmosphäre wettgemacht
Wer bereits Erfahrung mit kooperativen Abenteuern hat oder gar den Vorläufer
Arkham Horror kennt, wird dieses Spiel spätestens nach einer Partie zu schätzen wissen, weil es unheimlich clever designt ist. Ja, es gibt diesen Glücksfaktor. Egal ob Kampf, Begegnungen oder Rätsel - alles wird ausgewürfelt, indem man gegen die Fähigkeiten des Charakters antritt.
Das System ist aber angenehm klar, denn für jeden Punkt z.B. auf Einfluss darf ich einen Würfel werfen. Danach zählen alle Fünfer und Sechser als Erfolge; übersteigen die den geforderten Wert, hat man die Einflussprobe gewonnen. Im Kampf tritt man wiederum zuerst mit seinem Willen gegen den Horror, danach mit seiner Stärke gegen die Kampfkraft des Monsters an: Würfelt man mehr Erfolge, wird die Differenz von dessen Ausdauer abgezogen - überlebt es den Kampf, bleibt es verwundet zurück.
Wenn man beim Ziehen der verdeckten Monsterkarten Pech hat, kann man zu Beginn ganz schön ins Schwitzen geraten, denn es gibt nicht nur Kultistenkroppzeug, sondern auch einige fiese Kreaturen. Aber man kann seine fünf Werte für Wissen, Einfluss, Wahrnehmung, Stärke und Willenskraft auch steigern, indem man entweder Missionen an bestimmten Orten annimmt oder sich entsprechende Begleiter, Zauber und Waffen kauft. Und gerade dieses Aufrüsten ist in der ersten Phase sehr wichtig. Was
Das Kampfsystem ist klar strukturiert und schnell verinnerlicht: Fünfer und Sechser sind Erfolge bzw. Treffer. Erst würfelt man gegen den Horror, dann gegen die Stärke des Monsters. Kann man es nicht direkt besiegen, bleibt es mit seinen Verwundungen auf dem Feld liegen.
Rollenspieler und Taktiker jedoch stören wird: Man kann nicht gezielt z.B. nach einem Aufstieg (man gewinnt weder Erfahrung noch Level) den eigenen Willen erhöhen, sondern ist bei der Entwicklung auch auf die zufällige Auslage der vier Unterstützungskarten sowie die äußeren Umständen angewiesen.
Viel Rollenspiel zwischen Arkham und Tokyo
Hinzu kommen aber andere interessante Rollenspielelemente, denn man muss z.B. beim Besuch der Anderwelten kleine Quests meistern - hier ein Beispiel, wenn man die große Halle von Celaeno betritt:
"Zu deinem Erstaunen ist unter den Lesern okkulter Werke ein bekanntes Gesicht. Du versuchst, einen Blick auf sein Buch zu werfen, ohne ihn auf dich aufmerksam zu machen. Lege eine Wahrnehmungsprobe ab."
Hat man Würfelglück, wird das Tor geschlossen und man bekommt sogar noch Zauber als Belohnung. Hat man kein Würfelglück, wird dieser Text vorgelesen:
"Er bemerkt dich und schleudert dir eine Ladung magischer Energie entgegen, die deinen Verstand zu zerreißen droht. Du verlierst 3 Geistige Gesundheit, es sei denn du gibst einen Hinweis aus."
Jeder Charakter startet woanders, hat fünf Fähigkeiten plus Spezialaktion und kann weiter entwickelt sowie ausgerüstet werden. Hier die schlagfertige Lily Chen.
Zwar erreicht Eldritch Horror nicht die erzählerische Dichte eines klassischeren Rollenspiels wie Maus und Mystik, aber es kommt nah heran. Viele der vorgelesenen Texte veranschaulichen die Situationen vor den Würfelproben und skizzieren zumindest Szenen - wenn man dann noch einen Cthulhu-Soundtrack laufen lässt, knistert es am Tisch. Für mehr oder weniger angenehme Überraschung sorgen auch die verborgenen, alternativen oder erst in bestimmten Situationen wirkenden Texte - z.B. auch auf Zauberkarten. Vorne kann man zunächst nur den Effekt erkennen, aber was passiert, wenn man die Probe nicht schafft? Dann wird die Rückseite vorgelesen - cool!
Selbst das Aufsuchen von besiegten Ermittlern wird wie eine kleine Quest inszeniert: Je nachdem ober der Kollege wahnsinnig oder verkrüppelt wurde, wird ein anderer Text vorgelesen und eine andere Probe abgelegt. Man sammelt also nicht einfach ein, sondern erfährt noch etwas über das tragische Ende des Charakters und muss etwas tun, um z.B. Revolver oder Zauber aufzunehmen. Das erhöht nicht nur den Wiederspielwert, sondern auch die situative Spannung, denn auch kleine Aktionen können Konsequenzen nach sich ziehen.