Investieren und gewinnen
Apropos Ertrag: Die Steuer ist wichtig, aber die Aktion Investor ist noch wichtiger. Zum einen muss das aktive Land aus der Staatskasse die Zinsen an die jeweiligen Kreditgeber zahlen. Hier bekommen alle Spieler Geld, die etwas investiert haben. Es lohnt sich also aus mehreren Gründen, im Laufe der Zeit in andere Nationen zu investieren - man kann sie eher komplett übernehmen, indem man z.B. vorhandene Kredite aufstockt, man bekommt die Zinsen und bei der Endabrechnung gibt es ebenfalls Geld und damit Siegpunkte.
Schmerzhaft für den jeweiligen Regierungschef wird die Aktion Investor übrigens, wenn in der Staatskasse nicht genug für die Zinsen der anderen Spieler ist - dann muss er es aus seiner Privatkasse zahlen. Und noch etwas sorgt dafür, dass gerade diese Aktion die Spannung erhöht: Denn wer bei ihrer Ausführung die Investorenkarte besitzt, die reihum wandert, bekommt nicht nur zwei Millionen Cash, sondern darf einen neuen Kredit verleihen. Nur in diesem Moment kann man sich also irgendwo beteiligen oder die komplette Regierung übernehmen! Im Idealfall nutzt man Investor also dann, wenn man selbst die Karte besitzt.
Gelbe Gebiete gelten als neutral. Sobald man Truppen entsendet, darf man seine Flagge dort platzieren.
Neben dem Prinzip der streng getrennten Kassen gehört zu den sehr guten Mechaniken von Imperial 2030 auch, dass man sich zwar auf einem Kreistableau für eine von sieben Aktionen (Fabrik, Produktion, Import, Manöver, Investor, Steuer) entscheiden kann, aber dass nur die kommenden drei frei sind, so dass man nicht immer kostenlos dasselbe machen kann. Außerdem ist es klasse, dass es quasi keinerlei Zufallselemente oder nationale Fähigkeiten gibt: Lediglich die geostrategische Ausgangslage oder die Nähe zu Panama- sowie Suez-Kanal gewährt leichte Vorteile in bestimmten Situationen, aber ansonsten ist das Spiel komplett ausgeglichen.
In der sehr guten deutschen Anleitung, die auch dank des FAQ sowie einer kommentierten Anfangsrunde mit Spielzügen keine Fragen offen lässt, werden die Regeln für zwei bis sechs Spieler erläutert, die sich nur marginal unterscheiden. Außerdem gibt es eine Variante für erfahrene Spieler, bei der die Startkredite und Länderverteilungen modifiziert werden und einen kleinen Ekurs zur Entstehung von Imperial 2030, das ja eine Art Nachfolger im Geiste des 2006 erschienenen Imperial ist.
Was gefällt nicht so gut?
Hier sieht man die verfügbaren Kredite sowie das Geld in der Staatskasse.
Abgesehen von Äußerlichkeiten, wie etwa dem fragwürdigen Artdesign, das eher nach 80er Jahre als nach 2030 aussieht, kann ich lediglich die immer gleiche Aufbauphase kritisieren: In den ersten Aktionen müssen alle Spieler eigentlich erstmal dasselbe machen, um ihre Nationen mit Fabriken aufzurüsten, Steuergeld einzunehmen und Truppen zu bauen. Aber nach ein paar Runden löst sich dieser Gleichschritt auf und es entwickelt sich je nach Expansion und Kreditvergabe auch bei mehrmaligem Spielen immer ein neues Erlebnis.
Fazit
Imperial 2030 hat es in meine Top 20 geschafft! Ich wollte diesen Klassiker schon seit Jahren spielen, nachdem mir schon die Verzahnung von Expansion und Handel ohne Glückselemente in Concordia sehr gut gefallen hat. Über Weihnachten haben wir endlich zugeschlagen und selbst die Militärmuffel hatten richtig Spaß mit dieser Art der Eroberung. Denn im Gegensatz zum klassischen Risiko hat man in dieser kompetitiven Strategie viel mehr Möglichkeiten, um erfolgreich zu sein: Zwar ist die Eroberung von Ländern und der Kampf durchaus wichtig, aber erst mit der cleveren Kreditvergabe und wirtschaftlichen Ausbeutung wächst die eigene Macht. Hinzu kommt die Spannung des Regierungswechsels, denn jeder Spieler kann andere Nationen plötzlich übernehmen, wenn er nur genug Geld hat. Wer kann in möglichst vielen Ländern investieren, diese entwickeln, militärisch expandieren, sie ausbeuten und damit finanziell profitieren? Wer kann an der Oberfläche diplomatisch, aber letztlich skrupellos sein? Es gibt selten Brettspiele, die sowohl spielmechanisch so durchdacht sind und die gleichzeitig unserer perfiden, von der Finanzwelt dominierten Gegenwart den Spiegel vorhalten.