Sonic The Hedgehog (Film)14.02.2020, Matthias Schmid

Special: Rasanter Filmspaß für Igel-Fans

Nach Verzögerung und Facelifting ist der Film Sonic the Hedgehog endlich im Kino angekommen. Wir haben ihn bereits gesehen und verraten, ob er Sega-Fans glücklich macht oder ob die schlimmsten Befürchtungen wahr werden.

Aufstieg und Fall

Sonic hat im letzten Jahrzehnt so einiges mitgemacht, gilt vielen Spielern heutzutage eher als Flop-Kandidat denn als Hitgarant. Dabei hatte der Igel neben einigen schwachen Spielen (Sonic Forces, Sonic Lost World, Sonic Boom: Lyrics Aufstieg) in der abgelaufenen Dekade auch spaßige Episoden am Start: Sonic Generations war ein Genuss in 2D und 3D, Sonic Mania verzückte Retro-Fans mit prächtigen Pixeln. Zudem konnte Sonic auch bei mehreren Olympischen Sportspielen und im Funracer-Genre positive Akzente setzen. Seinen Star-Status der frühen 90er Jahren ist der blaue Blitz aber natürlich lange los…

Im Jahr 1991 landete Sega den großen Coup: Die Suche nach einem würdigen Mario-Konkurrenten - an dieser Aufgabe war Alex Kidd gescheitert - gebar Sonic the Hedgehog. Designt von Naoto Oshima, schneiderte Programmiergenie Yuji Naka dem kecken Igel ein rasantes Jump’n’Run auf den Leib, das hervorragend aussah und sich klasse anhörte. Sonic wurde zum Posterboy der 16-Bit-Generation, zum Sinnbild von Segas Aufstieg in Nordamerika, zum würdigen Mario-Widersacher, zum Hans Dampf in allen Gassen. Allein zwischen 1991 und 1996 erschienen über zehn Titel mit dem blauen Blitz - fast im Alleingang sollte er das Handheld Game Gear pushen, die Hardware-Erweiterung Mega CD an den Mann bringen und das Genesis (so lautete der Name des Mega Drive in USA) möglichst lange am Leben erhalten.

Schnell, schneller, Sonic: Die Highspeed-Passagen des Film werden der Spielvorlage gerecht. (Bildquelle: Paramount)
Die nachfolgende Hardware-Generation wurde nicht nur für Sega zum Desaster, auch Sonic kam nie in die Gänge: Zwar programmierten Traveller’s Tales (ja, die Lego-Entwickler) mit Sonic R ein nettes Rennspiel im wahrsten Wortsinne, der erhoffte große Sprung in die dritte Dimension blieb aber aus. Erst auf der Nachfolge-Konsole Dreamcast erholte sich der Igel: Er wurde schlanker und größer, war mehr Action-Teenie als pummeliges Hüpf-Maskottchen und lieferte mit den Sonic-Adventure-Titeln zwei für die damalige Zeit herausragende 3D-Hüpfer ab. Nach Segas Aus als Hardware-Hersteller folgte eine wilde Zeit: coole Gamecube-Ports, überflüssige Action-Ableger, Erfolge auf GBA und DS, das 2006er Debakel auf PS3 und Xbox 360. Nebenbei hatte Sonic in seinen fast drei Jahrzehnten Lebenszeit viele Nebenkriegsschauplätze beackert: Er steckte LCD-Spiele ins Happy Meal, war der Star mehrerer Comic- und Cartoon-Serien, teilte in den Smash Bros.-Titeln aus - ein eigener Kino-Film blieb im bislang aber verwehrt. Bis jetzt…

Fehlstart

Ein Film, zwei Stars: Jim Carrey als Dr. Robotnik und der namensgebende CGI-Igel zieren das deutsche Kinoplakat.
Wer sich für den Sega-Igel oder Spiele-Verfilmungen im Allgemeinen interessiert, hat die holprige Geschichte des Films vermutlich mitbekommen: Bereits 2014 kündigte Sony Pictures die Verfilmung an, dann tat sich lange wenig - bis Paramount 2018 die Rechte übernahm. Der erste Trailer im Mai 2019 stieß wegen des Designs von Sonic auf so harsche Kritik, dass Regisseur Fowler umgehend eine Überarbeitung von Sonics Aussehen ankündigte. Im zweiten Trailer vom letzten November bekam man den neuen Sonic zu sehen - und der kam dem Videospiel-Sonic erfreulich nahe. Doch auch da blieb Kritik nicht aus: In Deutschland leiht YouTube-Star Julien Bam dem Igel seine Stimme - und tat das im Trailer nicht übermäßig motiviert.

Nach dem Sichten des fertigen Streifens kann ich in dieser Hinsicht Entwarnung geben - Bams Synchro ist keine Sternstunde der modernen Film-Vertonung, er kommt aber viel angenehmer und engagierter rüber als noch im Trailer. In technischer Hinsicht ist Sonic the Hedgehog sauber und kompetent inszeniert, den fünf an der Realisierung beteiligten CGI-Firmen gelang ein ansehnlicher Mix aus echter Welt und Sonic als computeranimierter Hauptfigur. Gleichwohl zeigt dem Kinobesucher schon im Vorfeld der Trailer zum neuen Pixar-Film Onward, dass CGI im Jahr 2020 auch noch ein Stück besser aussehen kann!

Überhaupt ist das Trailer-Stakkato vor dem Sonic-Film eine interessante Lehrstunde für adulte Kinogänger: Neben Erkenntnissen à la „Lassie und Wickie ziehen wohl noch immer“ und Fragen wie „Der wievielte Ostwind-Film das wohl ist“ erfährt man, dass John Cena jetzt auf lustiger Feuerwehrmann macht („Chaos auf der Feuerwache“) und Guardians-of-the-Galaxy-Rüpel Dave Bautista in „Der Spion von nebenan“ Kinder zu Geheimagenten ausbildet. Doch zurück zu Sonic…

Illegal Alien

Während die Sonic-Spiele meist zufrieden sind mit ihren abgeschlossenen Fantasiewelt voller Tierchen und Roboter, verfrachtet der Film den blauen Blitz in unsere Welt: Sonic muss aus seiner idyllischen Alien-Dimension auf die Erde flüchten - und lebt dort eine ganze Weile unerkannt in der US-Kleinstadt Green Hills. Er nimmt am Leben von Dorfpolizist Tom (James Marsden) und dessen Frau Maddie (super besetzt mit Tika Sumpter) teil, ohne dass die beiden es mitbekommen. So richtig glücklich wird das Igel-Alien damit aber nicht - ein Wutanfall sorgt schließlich dafür, dass sein geheimes Leben auffliegt. Fortan wird er von Dr. Robotnik (Jim Carrey) gejagt und stolpert in die helfenden Hände von Tom - der ist mit seiner Rolle in der schläfrigen Kleinstadt ohnehin unterfordert und nimmt das Angebot zum Chaos-Roadtrip mit Sonic gerne an.

Sonic the Hedgehog ist ein Spaß für Jung und Alt, ein gelungener Spagat zwischen Familienfilm und Videospiel-Fanservice. Etwas anderes blieb den Machern auch gar nicht übrig: Einen 95-Millionen-Dollar-Film nur für die Ü30-Mega-Drive-Generation zu produzieren, wäre schlicht ein Himmelfahrtskommando gewesen. Der Film strapaziert das Motiv der Freundschaft ein bisschen über, kokettiert zu sehr mit seinem ausgeflippten Bösewicht - Carrey darf seiner überzogenen Mimik mal wieder freien Lauf lassen - und ist etwas zu schnell vorbei. Trotzdem zaubert er allen Sonic-Freunden ein Lächeln auf die Lippen: Man nickt anerkennend, weil Sonic die Roboter-Kreaturen von Dr. Robotnik tatsächlich so bekämpft wie in den Spielen (durch Draufhüpfen), schmunzelt über seine kulinarischen Vorlieben und freut sich tierisch über den zauberhaften Abspann; obendrein wird gleich noch ein Nachfolger angeteasert.

Und Action!

Schurke Dr. Robotnik wird von Jim Carrey gespielt. (Bildquelle: Paramount)
Marsden mimt einen eindimensionalen, aber sympathischen Cop, der gar nicht anders kann als den stressigen Gast ins Herz zu schließen, Carrey tanzt und schneidet Grimassen während er den erbitterten Verfolger des Igels gibt. Robotniks Motiv ist klar - er will Sonics Alien-Energie für seine Roboter nutzen -, warum die US-Regierung den hyperintelligenten Erfinder allerdings als obersten Igel-Jäger einsetzt, wird nicht ganz klar. Wenn dann allerdings so überzogen-spaßige Action-Sequenzen herauskommen wie in der Mitte und beim Finale des Films, kann man als Zuseher fast nur applaudieren. Den unstreitbaren Höhepunkt stellt dabei die grandiose Zeitlupen-Szene in einer Westernbar dar, wo Sonic inmitten einer Kneipenschlägerei seine irre Geschwindigkeit mit seinem Hang zu Schabernack zu einer furiosen Melange verbindet - allein dafür lohnt sich der Kinobesuch.

 
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