In einer ausnehmend pittoresken offenen Welt setzt Jonathan Blow dem Spieler keine Monster mit kalkulierten Stärke- und Geschicklichkeitswerten, sondern Labyrinth-Tafeln mit kryptischen Symbolen entgegen, deren Decodierung der Spieler sich selbst erarbeitet. Spielregeln werden nicht diktiert, sondern stets eigenständig deduziert. Das für den Lernprozess essentielle Trial & Error entsteht nicht durch sich akkumulierende Game-Over-Screens, sondern durch richtige Antworten auf falsche Fragen.
Wo andere Spiele das Frenulum mit inflationär verstreutem Loot wundreiben, wird hier der Nucleus accumbens mit pointiert und zurückhaltend gesetzten und von professionellen Schauspielern vorgetragenen Texten von Rabindranath Tagore oder Burrhus F. Skinner gestreichelt.
"Dahin sollte ich erst gehen, wenn ich etwas stärker bin",
das hat vermutlich jeder Videospieler mal erlebt.
"Dahin sollte ich erst gehen, wenn ich etwas schlauer bin"
ist die Losung von The Witness, das am 27.01.2016 digital und frei von Digital Rights Management (DRM) für PC erschien.
<3
Pro
- Teils beinharte Rätsel
- Spielen in stiller Klausur
- Wunderschöne, offene Welt, die nicht mit Quest-NPCs nervt
- Puristischer Fokus auf Denksport
- Anspruchsvolle, auf Theaterniveau vorgetragene Textschnipsel aus Prosa, Poesie und Wissenschaft
Kontra
- Teils beinharte Rätsel
- Spielen ohne Soundtrack
- Wunderschöne, offene Welt, der es jedoch an Interaktion mit anderen Charakteren mangelt
- Monotonie durch immergleiches Eingabeschema
- Pseudointellektuelle Bedeutungsschwängerei durch wirr eingeworfene Voice-Fetzen
The Witness