Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 43
Freitag, 24.10.2003

Spielewelt zwischen Bitch & Babe


Frauen. Ein weites Feld. Ein waberndes Nebelmeer für Männer. Es gibt trügerisch bekannte Gefilde wie Schwestern, Töchter und Mütter. Exotische Wälder aus Geliebten, Angehimmelten und gefährlichen Wesen wie der Ex oder der eigenen Frau. Ganz zu schweigen von der Schwiegermutter, dem Urschreck aller Heiratswilligen.

Das weibliche Wesen hat eben viele Gesichter. Unheimliche Welten zwischen Merkel, Maischberger und Lopez, zwischen Naddel, Clinton und Schwarzer. Immer wieder wird man entzückt, schockiert oder überrascht, findet genau so viel Bekanntes wie Mysteriöses, genau so viel Flaches wie Tiefes - und vor allem: sie denken, fühlen, handeln anders.

Aber das ist scheinbar zu komplex für die Spielewelt. Hier herrscht selbst in Zeiten cineastischer Inszenierungen der primitive Männerblick, optisch fest verankert im 90-60-90-Gardemaß: Lara Croft kriecht mit genau so lasziv wie unrealistisch kreisendem Hinterteil, vollbusige Bardamen hauchen in Dark Alliance mit halb geöffnetem Schmollmund belangloses Zeugs, am Strand und auf dem BMX gibt´s pralles Tittenwackeln.

Da pulsiert das Testosteron, da wird der zockende Zweibeiner zum Dreibeiner. Sexistisch, voyeristisch, billig. Babes und Bitches gibt es also genug, aber echte Frauen? Ohne Pamela-Oberweite, ohne Boob-Bouncing, ohne Dauerläufigkeit? Einfach normale Frauen von nebenan. Welche weiblichen Charakterrollen kennt die Spielegeschichte denn? Es gibt das nervige Dummchen, die flirtende Wuchtbrumme oder ballernde Heldinnen, die genau so gut männlicher Held sein könnten.

Dabei ist genug Potenzial für klasse Storys mit weiblichen Protagonisten da: Man denke an Boudica, Kriemhild, Elizabeth oder Mutter Courage. Und man muss literarisch gar nicht so tief graben. Wie wäre es mit der verzweifelten Tochter, die flieht, weil sie heiraten soll? Macht ein Adventure draus! Der entschlossenen Mutter, die ihre Kinder schützen muss? Bastelt einen Shooter! Der knallharten Oma, die ihre entführten Enkel befreit? Gebt mir Stealth-Action!

Natürlich findet man löbliche Ausnahmen. Vor allem in Rollenspielen und Adventures gibt es Ansätze, die Winkelzüge des weiblichen Charakters darzustellen: Wie z.B. die geheimnisvolle Sophia Hapgood aus Indy 4, die fürsorgliche Großmutter aus Shenmue, die mit allen Wassern gewaschene Gaunerin aus Knights of the Old Republic. Und natürlich Mona Sax, die eiskalte Killerin, der undurchsichtige Todesengel aus Max Payne 2. Aber das sind alles Sidekicks, Nebenrollen.

In der Hauptrolle wird`s schon schwerer. Giana hatte damals keine Sprech-, nur eine Hüpfrolle. Alice war auf einem Trip ins Märchenland. Kate Archer ist cool, aber nicht mehr als James Bond in sexy. Und Eidos hat die Chance dilettantisch vertan, Lara eine düstere Seele einzuhauchen. Bleibt eigentlich nur noch die gegen den Wahnsinn kämpfende Heather aus Silent Hill 3.

Vielleicht sollten mehr Frauen Spiele kaufen, entwickeln und testen? Als Zielgruppe sind sie zwar anerkannt und werden als Adventure- und SIMS-freudige Kunden bedient. Aber es müsste auch mehr Spiele-Designerinnen geben! Die Stars der Branche sind alle männlich - Molyneux, Miyamoto, Bradley, Goodman etc.

Und wie viele Spielerinnen und Testerinnen gibt`s denn? Noch wichtiger: Wollt Ihr überhaupt in weibliche Charakter-Rollen schlüpfen?


Jörg Luibl
4P|Textchef

 

Kommentare

johndoe-freename-865 schrieb am
Der Punkt liegt in der Rolle:
Frauen stehen hier durchaus oft als das schwache Geschlecht da, sei es Prinzessin Peach,... Auch werden durch Prachtweiber wie Lara Croft eher nur diese Sexobjekt-Geschichte vorangetrieben. Selbst das forgeschlagene \"Mutter muss auf Kinder aufpassen\" Spiel würde die Hausfrau und Mutter Rolle bestätigen.
In Rollenspielen stehen Frauen meist als agil, geschickt und magiebegabt da. Diese Rolle könnte man doch fördern, da sowohl Spieler als auch Spielerin dies abnehmen würde.
Zwar kann ich hier nicht für Frauen sprechen, dennoch kann ich mir vorstellen, dass Frauen eher emanzipierte starke Charaktäre wollen, als Hausfrauen, die unter Zeitdruck Plätzchen backen müssen. Mädchen wollen eher eine Lisa, als eine Marge Simpson, wenn ihr versteht was ich meine.
Auch sind Action und Explosionen bekanntlich Männer Probleme (um mal showinistisch zu sein). Frauen haben andere Probleme und drücken sich anders aus. Wer in einer japanischen Spielhalle schonmal war, kennt das. Time Crisis für die Jungs und Fotoautomaten mit Editirfunktion für Mädchen. Ausnahmen wechseln mal die Seiten, aber generell gilt das so.
Auch kommt der Punkt der Beziehungen oder Kommunikation etwas in heuten Spielen kurz. Die Sims sind daher der Renner und MMORPG eben auch. Die Denkweise der Spiel-Designer hat sich zu sehr gefestigt. Viele sind genial im Ausdenken von Leveln, Stories und Endgegner, richtig neue Wege gehen aber die wenigsten. Klar, denn die wollen ja auch, dass sich das Spiel gut verkauft und bekannte Konzepte kommen gut an.
Innovationen wie REZ oder Eyetoy kommen auch bei Frauen an. Auch habe ich schon mit Mädchen Fusion Frenzy oder Chu Chu Rocket gespielt.
Molineux versucht immer neue Wege zu gehen und aus neuen Techniken Spielkonzepte zu entwickeln. Er ist ein richtiger Spielkünstler und könnte aus allem ein gutes Spiel machen. \"Leider\" denkt er wie ein Mann und wird daher auch nie ein Frauenspiel entwerfen (das war als Herausforderung gemeint).
johndoe-freename-32347 schrieb am
Es gibt auch Frauen in erfolgreichen Ego-Shootern:
Jonna Dark in Perfect Dark, die Frau in Metroid Prime, usw....
anigunner schrieb am
Also bei Mona Sax stimme ich nicht so ganz zu. Von Charakteur her ist sie vielleicht ne Ausnahme, vom Body her sicher nicht :wink:
Wobei, was ist denn bitte falsch daran Frauen von ihrer schöner Seite zu zeigen? Gut, was schön genau ist bleibt Definitionssache, solche Kaliber wie Lara Croft,Lula oder Julie finde ich auch extrem übertrieben und eher unattraktiv als schön. Bei einer Figur kommt es beim Spiel genauso auf den Charekteur an wie auf das Aussehen, und da sind die oben erwähnten Damen ziemlich platt. Ausnahmen gibt es meines achtens genug, es liegt am Spieler sich auszusuchen was er denn gerne bei sich auf der Festplatte hätte. Eine großbusige Wespentaile mit dicken Wummen welche ziemlich klischeehaft durch die Gegend springt, oder eine unscheinbare Heldin welche undurchschaubar agiert und so den Spieler in den Bann zieht. Angebot und Nachfrage ist auch sicher hier vorhanden, wie überall :)
newkammer schrieb am
Hey leute, hier gehts doch nicht wirklich darum, dass frauen nicht genug beachtet werden!!!!
der text soll nur ein bisschen unterhaltsam sein, nicht mehr und nicht weniger.
\"was hat der name PRINZESSIN PEACH eigentlich für eine bedeutung? :wink:
gegen beispiele gibt es ja genung
:arrow: FF-reihe oder SAMUS
schrieb am