Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 29
Freitag, 20.07.2001

Das virtuelle Leben oder was macht MMORPGs so aufregend


Viele fragen sich, warum einige Hunderttausend Verrückte hunderte von Stunden pro Monat in den virtuellen Welten von Norrath, Britania oder demnächst Albion, Midgard und Hibernia verbringen - den Welten der Online-Rollenspiele.

Ist es, um einen hohen Level zu erreichen oder tolle Items zu bekommen? Dies spielt mit Sicherheit auch eine Rolle, aber noch wichtiger ist mit Sicherheit das gemeinsame Erleben von Abenteuern. Denn wo sonst kann man sich mit Freunden feuerspeienden Drachen, Haus-großen Riesen oder mächtigen Magiern in den Weg stellen?

Vorgestern war es endlich soweit. Nach einem harten Leben in Norrath ist meine Zauberin erfahren genug, um an einer der größten EverQuest -Herausforderungen teilzunehmen: meinem ersten Lady Vox Raid. Lady Vox ist ein gigantischer Drache, der nur durch gutes Teamplay von zahlreichen Spielern bezwungen werden kann.

Doloores und Arwans von der Gilde der Drachentänzer organisierten das Event und rund 50 Spieler folgten ihrem Ruf. Nach einer ca. 3 Stunden dauernden Vorbereitungsphase (Gruppeneinteilung, Strategie-besprechung, etc.) ging es in die Höhle des Drachen. Durch die tolle Organisation und Planung fiel Lady Vox bereits nach nur 5 Minuten den Zaubern und Hieben der virtuellen Helden zum Opfer.

Und auch wenn letztendlich nur 4 Teilnehmer ein tolles Item gewinnen konnten, hatten alle Spaß dabei. Schweißnasse Hände und mehrere Adrenalinstöße inklusive.

Einen Tag später, das normale (virtuelle) Leben nimmt wieder gewohnte Formen an, wollte ich mich schnell per Teleportspruch zu einem Treffen mit Freunden „beamen“. Alles kein Problem, leider hatte ich aber vergessen, dass ich meinen Gate- und Spawn-Punkt (der Punkt, an dem man nach einem Tod wieder erscheint) für das Event vor die Höhle des Drachen gelegt hatte, und teleportierte mich nun genau hier hin - ein fataler Fehler!

Kaum angekommen sah ich mich auch schon einem Frost Giant Magus gegenüber, der einige Level höher ist und auch gleich eifrig auf mich einprügelte. Es dauerte keine 30 Sekunden und ich starb den virtuellen Tod. Da mein Spawn-Punkt aber noch immer genau unter den Füssen des Riesen lag, ereilte mich dieses Schicksal gleich ein zweites Mal.

Mir blieb erst einmal nichts anderes übrig, als das Spiel zu beenden und mich mit meinem 2ten Charakter einzuloggen. Jetzt war guter Rat teuer. Es war 0.00 Uhr, meine eigene Gilde (Najenas-Erben) ist noch zu jung und unerfahren, als dass Sie einen Rettungstrupp stellen könnte, der alle Riesen in der Nähe des Spawn-Punktes beseitig.
Was also tun? Ich brauchte unbedingt ein paar Highlevel-Charaktere, die mir den Weg freiräumen. Mir blieb nichts anderes übrig, als einen Hilferuf an einen Heiler aus einer großen deutschen Gilde (Barahir von Magna-Charta) zu schicken. Dieser erklärte sich, obwohl er mich gar nicht kannte, auch schnell bereit mir zu helfen und stellte einen Rettungstrupp zusammen. Mit diesem wollten sie die Gegend um meine Leiche von Riesen säubern und mich wiederbeleben. Es beteiligten sich drei weitere Abenteurer (Banekaos, Seifert und Inaaki von Moonwhisper).
Nach einigen Schwierigkeiten, selbst diese vier erfahrenen Helden hatten Ihre Mühe mit den Riesen, konnte ich um 3.30 Uhr auf meine Zaubererin umloggen und mich geschwächt aber lebend an einen sicheren Ort teleportieren.

Diese Art von Erlebnissen und die Hilfsbereitschaft andere Mitspieler sind es, die den Reiz an Online-Rollenspielen ausmachen.
Mögen Singleplayer-Games auch noch so toll sein, diese Art von „Miteinander“ werden NPCs nie vollbringen können und somit wird es den Online-RPGs wohl ewig vorbehalten sein, ein zweites, wenn auch virtuelles Leben zu erschaffen.

Ich möchte mich hiermit noch einmal bei allen bedanken, die meine virtuelle Rettung möglich gemacht und sich selbstlos die halbe Nacht um die Ohren geschlagen haben - Thanks friend!

4P|Oliver

 

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