Die Magie von Black Isle
Wer Dungeons & Dragons mochte, der kam vor knapp zwanzig Jahren zum einen nicht an BioWare vorbei, die mit Baldur's Gate, Baldur's Gate 2 und Neverwinter Nights das Rollenspiel westlicher Art zur Blüte führten. Aber zum anderen waren da noch die Blacke Isle Studios, die sich nach der Interplay-Pleite ab 2003 in Obsidian Entertainment verwandelten, die klassische Fantasy mit
Pillars of Eternity wiederbelebten und kürzlich von Microsoft gekauft wurden - bald kommt ihr
The Outer Worlds in den Handel.
Das Gamepad ist voll belegt, die Steuerung verlangt zunächst einiges an Geduld.
Dass sie ihr Rollenspiel-Handwerk verstehen, bewiesen sie 1999 mit Planescape Torment (PT). Warum dieses wortwitzige, sympathisch rätselhafte und streckenweise tiefgründige Epos vor allem ein erzählerisches Meisterwerk des Genres ist, habe ich in
diesem Rückblick erläutert. Icewind Dale (IWD) erreichte nicht diese Wirkung, konzentrierte sich mehr auf den Kampf, aber inszenierte gute D&D-Unterhaltung, die vor allem Leser von R.A. Salvatores Fantasy-Romanen in die Heimat von Bruenor, Wulfgar & Co entführte; die Erweiterungen "Heart of Winter" sowie "Trials of the Luremaster" sind übrigens enthalten.
Solide Umsetzung zweier Klassiker
Planescape Torment: Man kann die Schriftgröße anpassen und Orte mit Interaktionen werden farbig markiert.
Hier soll es allerdings nur darum gehen, wie sich die beiden Enhanced Editions, die zusammen auf 4,925 Gigabyte kommen, technisch auf PS4, Xbox One und Switch präsentieren. Um es kurz zu machen: solide. Die Klassiker erstrahlen am großen Bildschirm nicht im Stile eines echten Remakes. Zwar wurde die Musik teilweise neu eingespielt, aber die Intros und Videos wurden nicht angepasst. Es gibt deutsche Texte (die auf Switch erst per Patch nachgeliefert werden), aber keine deutsche Sprachausgabe. Akustisch gibt es dennoch weniger zu meckern als visuell: Wenn man zu weit hinein zoomt, sieht man Pixelmatsch statt Pixelkunst, der Nebel des Krieges flackert und die Bildrate ist auch nicht immer stabil. Auf allen Systemen kommt es zu Rucklern beim Scrolling. Alles wirkt eher altbacken angepasst als wirklich modern renoviert, zumal die Touch-Funktionen der Switch nicht sinnvoll genutzt werden.
Icewind Dale: Man erstellt eigene Charaktere oder nutzt vorgefertigte Helden.
Trotz 4K-Interface in PT und sinnvoller Ergänzungen im Menüdesign muss man sich erstmal an die voll belegte Steuerung des Gamepads, den Aufruf der beiden Kreismenüs sowie die für heutige Verhätnisse teilweise umständliche Handhabung der Beute, Zauber sowie Gegenstände gewöhnen - und das, obwohl es z.B. "Quickloot" gibt. Es ist zwar lobenswert, dass es neben sieben Schwierigkeitsgraden (ich empfehle erfahrenen Rollenspielern mind. die vierte Stufe mit den D&D-Regeln, Einsteiger können den Story-Modus sogar ohne Niederlagen der Party erleben) viele Optionen bezüglich der Anzeige von Werten, Markierungen etc. gibt. Außerdem freut man sich über die stufenweise Anpassung der Schriftgröße, aber diese wird nicht konsequent auf alle Ansichten übertragen, so dass es teilweise einen Mischmasch gibt - auf Switch sind z.B. die Ortsnamen auf der Weltkarte im Handheldmodus kaum noch zu entziffern.
Planescape Torment: Navigiert wird auch über zwei Kreismenüs.
Aber beide Klassiker lassen sich mit etwas Geduld ordentlich spielen, zumal der Umfang gerade bei IWD mit allen Erweiterungen, zusätzlichen Gegenständen, Klassen und Quests, die Black Isle aus dem Original streichen musste, sehr groß ist - auch Halb-Orcs sind spielbar. Dazu trägt vor allem bei, dass man auf Knopfdruck zwischen direkter und taktischer Steuerung wählen kann: Erstere bewegt die Party mit dem Analogstick, was komfortabel funktioniert, aber teilweise seltsam aussieht, wenn einzelne Gefährten viel zu schnell über den Bildschirm flitzen. Letztere simuliert quasi die Point&Click-Mechanik der Maus, so dass man in aller Ruhe Zielorte für die Bewegung markieren kann. Sehr hilfreich ist auch, dass bei gedrückter Taste farbig angezeigt wird, wo man auf welche Art interagieren oder einen Ausgang anwählen kann.