Im Angesicht der Apokalypse...
...wurden schon viele großartige Spiele entwickelt, man denke an
God of War. Und auch die Amnesie ist zwar ein inflationär gebrauchter Geisteszustand für einen Helden, aber kann zu spannenden Geschichten führen. Leider kann die schwache Story von
Immortal: Unchained weder die drohende Zerstörung der Planeten interessant gestalten noch kann der Held mit seinem Gedächtnisverlust die Neugier wecken. Regelrecht ernüchternd sind später die Auftritte der Nichtspielercharaktere, denen jegliches Charisma fehlt. Es gibt dezente Inspirationen aus der nordischen Mythologie, was auch bei der Zahl Neun sowie der Namenwahl deutlich wird, aber diese Science-Fiction will nicht zünden. Viel zu schablonenhaft wird von sich erhebenden Toten erzählt, von faulen Winden und dem Tag der Prophezeiung, der mit dem Spielstart beginnt.
In der Charaktererschaffung kann man aus sechs Klassen mit anderen Gewichtungen wählen.
Da reißt man als unsterblicher Held die Ketten von sich, um seinen Gefängnisaufenthalt zu unterbrechen und die Welt zu retten. Vorher gibt es eine Charaktererschaffung samt üblicher Kosmetik für Gesicht und Haut. Dort stehen in männlicher oder weiblicher Variante sechs Klassen vom Fährtenleser bis zum Plünderer zur Verfügung, die sich hinsichtlich ihrer acht Attribute, Widerstände gegen Feuer, Frost oder Gift, Ausrüstung sowie den wichtigen Fähigkeiten in Nah- und Fernkampf unterscheiden. Bereits hier wird das Vorbild
Dark Souls sichtbar, denn Gewandheit, Stärke, Beweglichkeit & Co wirken sich unmittelbar auf die verfügbaren Waffen, den Schaden, kritische Treffer, die Nachladezeit etc. aus. Und die Ausdauer spielt natürlich eine wichtige Rolle beim begrenzt möglichen Ausweichen sowie Sprinten.
Dark Souls mit Schusswaffen
Natürlich ist es vollkommen okay, wenn man sich inspirieren lässt, deshalb habe ich
Salt and Sanctuary oder
DarkMaus so gelobt. Aber diese haben das Flair in ein anderes Genre transportiert. Und Spiele wie
The Surge oder
Nioh sind zwar als Action-Rollenspiel näher dran am Vorbild, aber sie interpretieren deutlich mehr auf ihre eigene Art. Toadman Interactive
An Obelisken wird man nach dem Tod wiederbelebt. Dort kann man seine Attribute erhöhen und Waffen wechseln.
orientiert sich ähnlich wie Deck13 anno dazumal mit
Lords of the Fallen nahezu werktreu am Vorbild. In den ersten Stunden begegnet man als Soulsfan einer nahezu identischen Struktur und vielen bekannten Elementen: Hinweise auf dem Boden, Seelen aka Bits, die man nach dem Tod wieder einsammeln muss, eine große Halle als Nexus mit Zugang zu den Welten, Lagerfeuer aka Obelisken, an denen man wiederbelebt wird, Fähigkeitenbeschränkungen für Waffen, wiederbelebte Feinde in besuchten Arealen, der erste Boss nach dem kurzen Tutorial, Fahrstühle und Leitern, die man von oben runtertritt, stärkere Feinde, die nur einmal erscheinen, die erwähnten Nebencharaktere, die irgendwo hocken und mehrmals angesprochen werden können, die heran schlurfenden Untoten, die aus der Ferne leuchtenden Bits, die versteckten Kisten hinter einer Ecke...
Obwohl auch das legitim ist, obwohl auch
Nioh oder
The Surge einiges abkupfern, wirkt zu vieles leider wie eine oberflächliche Kopie, der die künstlerische Vision fehlt. Symptomatisch dafür ist "Aras", der in der zentralen Halle wartet. Er soll offensichtlich als archetypischer Mentor des Helden die mysteriöse Rolle der "Maiden in Black" sowie anderer Seelenhüterinnen einnehmen. Das Problem: Er wirkt wie ein riesenhafter Bot. Dass seine englischen gesprochenen Hinweise nicht lippensynchron sind, kann ich verschmerzen; es gibt übrigens für alle Dialoge und Menüs eine gute deutsche Übersetzung. Aber dass er keinerlei Ausstrahlung in dieser kalten Halle hat, deutet bereits auf die Ernüchterung der kommenden Stunden hin. Bereits beim zweiten Besuch der Halle war er für mich wie Luft.