Es gab kein HUD - den Zustand seiner Spielfigur konnte man anhand der immer schwereren Verletzungen abschätzen.
Generell war das Spiel technisch seiner Zeit deutlich voraus. Die Entwickler nutzten vorgerenderte Hintergründe mit festen Kameraperspektiven, was u.a. der Resident Evil-Reihe als Basis diente. Die 3D-Engine lieferte coole Effekte wie Reflexionen der Umgebung auf Lex‘ Körper oder gläsernes Environmental Mapping, lief aber trotzdem nur im Software-Modus - 1995 waren 3D-Beschleuniger noch praktisch unbekannt. Das Ergebnis war zwar aufgrund der VGA-Auflösung (320x200 bei 256 Farben) recht krümelig, aber nichtsdestotrotz einzigartig. Und für Origin-Verhältnisse sogar ausgesprochen bescheiden in Sachen System-Anforderungen: Die berüchtigten Sprenger gängiger Hardware-Skalen gaben sich dieses Mal mit einem leidlich schnellen 486er (ab 50 MHz) und acht Megabyte RAM zufrieden.
Alles kaputt - und nun?
Aller Ambition und technischer Revolution zum Trotz war BioForge leider kein besonders erfolgreiches Spiel. Direkt nach der Fertigstellung begannen die Arbeiten an Teil Zwei, die aber, nachdem sich herausstellte, dass der Erstling kein Verkaufsschlager werden würde, in das Projekt »BioForge Plus« umgewandelt wurden: Kein richtiger Nachfolger, sondern eine Erweiterungs-CD. Die musste vom Designteam in gerade mal zehn Wochen zusammengeschustert werden, was auch gelang - veröffentlicht wurde sie dann aber doch nicht (immerhin fand das bereits größtenteils
fertige Intro-Video seinen Weg ins Netz). Eine Schande, denn das Ende von BioForge zählt zu den schlimmsten
Simple Puzzles gaben den von den Kämpfen geschundenen Fingern eine willkommene Erholungspause.
Cliffhanger-Verbrechen der Videospielgeschichte: Dr. Mastaba entkommt mit Dr. Escher, die sein nächstes Testsubjekt sein soll. Lex und die Phyxx können gerade noch so vom explodierenden Planeten flüchten - aber dann? Wie geht es weiter? Wir werden es leider nie erfahren.
Und das hat mir, nachdem ich BioForge letzte Woche für den Oldie des Monats zum mittlerweile dritten Mal durchgespielt habe, wieder einmal sehr weh getan. Das Spiel hat trotz aller offensichtlichen und aus heutiger Sicht eigentlich kaum akzeptablen Schwächen für immer einen Platz in meinem Herzen. Die Art und Weise, wie die beklemmende Geschichte vermittelt wird, mit ihren vielen Handlungsfäden, die man sich aus mehreren sehr unterschiedlichen Quellen selbst zusammentragen muss, ist bis heute einzigartig. Der garstige Planet Daedalus, auf dem hinter jeder Ecke der schnelle Tod wartet. Dieses erdrückende Gefühl der Einsamkeit. Die beeindruckende Kombination aus harter Action, soliden Puzzles und fiesen Geschicklichkeitstests. Hach. Erst in
Dead Space, das spielerisch und erzählerisch zum Teil in eine ganz ähnliche Ecke ging, fand ich nach all den Jahren ein Game, das zumindest in die Nähe eines würdigen Nachfolgers kam. Nichtsdestotrotz ist Origins Meisterwerk nicht von seinem Ehrenplatz zu verrücken. Denn für mich war es u.a. die Eintrittskarte in die Spielebranche - ein Test davon als Stilprobe verschaffte mir meinen ersten Redakteurs-Job.
Paul Kautz
BioForge im Zeitraffer:
Jede Menge Screenshots