Borderlands: The Handsome Collection25.03.2015, Mathias Oertel
Borderlands: The Handsome Collection

Im Test: Ballern. Beute. Glückseligkeit.

Die neuen Konsolen werden zunehmend mit "Remastered"- oder "Definitive"-Versionen von Titeln der letzten Generation geflutet. Jetzt reihen sich auch die Abenteuer der Borderlands-Serie ein: Mit The Handsome Collection laden überarbeite Fassungen des zweiten Teils sowie von The Pre-Sequel zu Beutezügen auf Pandora ein. Was die Sammlung zu bieten hat, verraten wir im Test.

Wieso nicht Pandora's Box?

Es kommt nicht häufig vor, dass eine Serie ein gesamtes Genre neu erfindet. Doch genau das hat das Gearbox-Team  mit seiner frischen Annäherung an Ego-Shooter vollbracht. Die sorgsam eingemischten Action-Rollenspiel-Elemente wie Charakter-Entwicklung, Inventar und vor allem die zufällig generierte Beute in Form von Abermillionen Waffen-Kombinationen haben das 2009 erschienene Borderlands zum "Shoot-and-Loot"-Prototypen gemacht. Daher finde ich es sehr schade, dass die Entscheidung gefällt wurde, diesen Teil nicht mit in die Sammlung zu packen. Nicht nur, weil „Pandora’s Box“ dadurch natürlich vollständiger wäre als die aus Teil 2 sowie dem Pre-Sequel bestehende Handsome Collection. Die damaligen Download-Inhalte wie The Zombie Island of Dr. Ned oder The Secret Armory of General Knox sind immer noch klasse. Zudem lernt man im Pre-Sequel viele Figuren kennen, die auch in Teil 1 eine wesentliche Rolle inne hatten oder spielbar waren. Natürlich ist Borderlands (1) nicht so ausgefeilt wie die Nachfolger, sowohl was die Missionsstrukturen, die Geschichte als auch einige Mechaniken wie Elementarschaden oder –Resistenzen betrifft. Doch was den Humor, die überzeugende Schussmechanik und den gelungenen Comic-Grafikstil betrifft, hätte der erste Ausflug nach Pandora die Sammlung sehr passend komplettiert. Und die Aussage von Randy Pitchford, dass die Umsetzung von Borderlands 1 hier zu kompliziert gewesen sei, da der Titel auf einer "ganz anderen" Engine beruht, reicht mir nicht.

Borderlands 2 und The Pre-Sequel sehen auf Konsolen so schick aus wie noch nie.
Ungeachtet dessen ist die Handsome Collection, die sich erzählerisch um den Aufstieg und Fall von Handsome Jack, dem Antagonisten aus Teil 2 dreht, ein prall gefülltes "Remaster"- bzw. "Definitive-Edition"-Paket. Denn man findet nicht nur die Basisspiele, die inhaltlich natürlich ihren „Past-Gen“-Brüdern gleichen, weswegen wir an dieser Stelle auf die jeweiligen Tests verweisen - hier für Borderlands 2 (Wertung: 83 %) und hier für Borderlands The Pre-Sequel (Wertung: 81%). Zusätzlich gibt es für beide Titel alle bislang veröffentlichten Download-Inhalte dazu. Und das bedeutet nicht nur jeweils zwei neue Figuren, die man aufleveln darf und die die jeweilige Auswahl auf sechs Charaktere anhebt. Zusätzlich gibt es zahlreiche neue Klamotten für die Helden oder Anhebung der Maximalstufen. Und vor allem im Falle von Borderlands 2 haufenweise neue Missionen, die bei der Erstveröffentlichung 2012 erst nach und nach zur Verfügung standen und die die Spielzeit um dutzende Stunden nach oben schrauben.

Unterschiedliche Qualität

Ballern. Beute sammeln. Ballern. Beute sammeln. Und nochmal von vorn.
Lohnt sich die Anschaffung der Handsome Collection auch für Spieler, die seinerzeit schon dank Season Pass alle Inhalte kennengelernt und Pandora bis in den kleinsten Winkel erforscht haben? Wenn man vornehmlich solo unterwegs ist, vermutlich nicht - es sei denn, man kann sich über die visuellen Fortschritte erfreuen, die der Schritt auf die neuen Konsolen mit sich bringt. PC-User werden zwar müde abwinken und sagen: "Kenn ich. Sieht bei mir schon immer so aus!" Doch wer nach dem Spielen auf den alten Systemen auf die Handsome Collection umschaltet, hat beinahe das Gefühl, das hier ein anderes Spiel läuft. Nicht nur die Performance ist deutlich besser, die Kulisse im Allgemeinen profitiert von der höheren Auflösung, die man bisher nur auf dem PC genießen durfte. Bedingt durch die sowohl in der PS4 als auch in der One arbeitenden Grafikprozessoren von AMD muss man allerdings auf die seinerzeit von nVidia Physx angetriebenen Spezialeffekte der GeForce-Grafikkarten verzichten, die auch nicht in anderer Form emuliert oder ersetzt werden - was dem Spaß allerdings nicht schadet.

Bedauerlich ist jedoch, dass die beiden Spiele von unterschiedlichen Teams umgesetzt wurden, die nicht auf jedem System die gleiche Sorgfalt walten ließen. Während Iron Galaxy (Killer Instinct, Wreckateer) mit Borderlands 2 eine ordentliche, wenngleich nicht über alle Zweifel erhabene Umsetzung sowohl auf PS4 als auch auf Xbox One abliefert, war Armature (Batman Arkham Origins Blackgate) mit The Pre-Sequel nicht ganz so sorgfältig: Auf beiden Systemen gibt es Probleme. Während die PS4 in einigen Momenten eine stabile Bildrate vermissen lässt, wird die One-Fassung von Tearing und in manchen Momenten kleinen Rucklern geplagt. Die einzige Hoffnung auf Besserung, die bei beiden Systemen bleibt, ist ein Patch, der das Problem vermutlich lösen könnte. Zum Testzeitpunkt jedoch bleibt ein schaler Beigeschmack, der angesichts der ordentlichen Portierung von Teil 2 definitiv nicht sein müsste - hier gerät die Bildrate auf beiden Systemen nur selten ins Stocken und die Kombination mit Tearing springt einem ebenso selten ins Auge.

Sofa-Quartett

Claptrap erstrahlt natürlich auch in neuem Glanz.
Wer von den alten auf die neuen Versionen umsteigt, muss nicht auf seinen Fortschritt verzichten. Innerhalb der Systemgrenzen (also von PS3 auf PS4, von 360 auf One) darf man seine Charaktere inkl. Bewaffnung usw.  importieren. Und wenn ich eingangs erwähnte, dass Solisten vorrangig wegen der verbesserten Kulisse auf die Handsome Collection umsteigen dürften, gibt es für die Anhänger kooperativer Beutejagd drei gute Gründe, um sich ernsthaft mit der Anschaffung auseinanderzusetzen: Vier. Spieler. Splitscreen. War auf den alten Systemen bei zwei Spielern am geteilten Bildschirm Schluss oder konnte man bei Borderlands 2 noch die gute alte Systemverbindung bemühen, kann man nun mit einem Quartett im heimischen Wohnzimmer an einer Konsole durch Pandora jagen.

Und mit einer "ordentlichen" Gruppe bekommt nicht nur der Streit um die Beute eine neue Dimension. Die Feuergefechte sorgen auf beiden Seiten des Schirms für ein herrlich angenehmes Chaos, das selbst die Ausflüge in die Gewölbe von Diablo 3 hinter sich lässt. Zwar gibt es keine Anpassungen der Figurenstufen, wenn hochrangige Charaktere mit neuen Helden eine Schneise der Zerstörung durch Pandora ziehen. Doch das wird dadurch ausgeglichen, dass die niedrigstufigen Figuren recht schnell durch die Startstufen gezogen werden und damit auch schnell zu potenten Mitstreitern werden. Die angesprochenen technischen Probleme werden im geteilten Bildschirm natürlich nicht geringer. Doch unter dem Strich stören sie den Spaß nicht mehr als im Solo-Abenteuer. Allerdings hätte der ohnehin schon unübersichtliche Inventar-Bildschirm besser skaliert werden müssen. Und je größer der Bildschirm ist, auf dem gespielt wird, umso weniger müssen sich die Augen anstrengen, während man sich auf seinen Bildausschnitt konzentriert - idealerweise wird Beamer-Benutzung empfohlen. Nichts davon bringt den Unterhaltungswert ins Wanken, der sich mit vier Spielern einstellt, doch in der Summe ist die Handsome Collection nicht ganz so hübsch, wie der Name suggerieren möchte.

Fazit

Borderlands 2. The Pre-Sequel. In einem Paket. Inklusive aller Download-Inhalte. Vier-Spieler-Splitscreen-Koop. Mehr Gründe braucht man eigentlich nicht, um sich The Handsome Collection zuzulegen. Gearbox hat mit dem leider nicht in der Sammlung enthaltenen ersten Borderlands das "Shoot-and-Loot"-Subgenre des Ego-Shooters aus der Taufe gehoben und mit den Fortsetzungen Schritt für Schritt verfeinert. Das Ergebnis war und ist eine leicht zugängliche, aber sehr motivierende Jagd nach Gegnern und Beute, die auch von einer gelungenen Schussmechanik sowie einem gesunden Humor profitiert. Dass viele kleine Mankos der Originale, wie z.B. das nicht immer optimale Balancing oder die umständliche Inventar-Handhabung bei der Umsetzung auf PS4 und Xbox One, mit übernommen wurden, ist schade, aber kein Beinbruch. Borderlands 2 mit allen Add-ons ist ein wahres Inhaltsmonster und dürfte einen dutzende von Stunden beschäftigen - Iron Galaxy hat bei der Umsetzung einen sauberen Job gemacht. Das kann man leider von dem für The Pre-Sequel zuständigen Team von Armature nicht sagen: Auf der PS4 sorgen gelegentliche Bildrateneinbrüche für Sorgenfalten, während die Spieler auf Xbox One mit Tearing vorliebnehmen müssen. Das ist vor allem daher bedauerlich, da diese technischen Probleme letztlich dafür sorgen, dass die Handsome Collection nicht die "sehr gute" Einschätzung bekommt, die sie sich durch den Couch-Coop für vier Spieler eigentlich redlich verdient hätte.

Einschätzung: gut

Wertung

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