Nur ein Shooter?
Auf einem Friedhof angekommen, geht es gleich zur Sache: Des Onkels Häscher fackeln nicht lange und ballern aus allen
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Lust auf Nosferatu? Überall findet ihr TV-Geräte, ihr könnt Kanäle wählen und ganze Filme ansehen. |
Rohren. Viele Argumente habt ihr noch nicht: Keine Granaten, keine Deckungs- oder Ausweichmanöver. Ihr könnt in Egosicht lediglich eure beiden Revolver oder andere handelsübliche Kaliber sprechen lassen, euch hinhocken und in einen Zoom gehen. Schön ist zwar, dass Jackies Hände automatisch um Ecken oder über Vorsprünge ihr Ziel anvisieren, aber im Gegensatz zu euren zahlreichen Feinden, die akrobatisch hinter Mauern springen oder blind über sie hinweg schießen, sind eure Bewegungen relativ beschränkt. Auch ein Spurt ist nicht dabei.
Daher sind konventionelle Gefechte zunächst recht statisch und knifflig: Manchmal trifft man seine Feinde mehrere Male, sie brechen zusammen und stehen wieder auf. Und manchmal treffen euch Kugeln aus heiterem Himmel und ihr seid sofort tot. Aber was wie ein gewöhnlicher Mafia-Shooter beginnt, entwickelt sich plötzlich zu einem Horrortrip, der euch gleichzeitig dämonische Fähigkeiten spendiert und eine verstörende dämonische Stimme in eurem Kopf platziert:
You`re my bloooood, Jackieeee! You`re nothin but my puppet!
Horror, Horror an der Wand
Wer ist das verdammt noch mal? Okay, die tiefkehlige Stimme vom Faith no more-Sänger Mike Patton. Die Sprachausgabe
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Zwei Dämonen über der Schulter: Auf Knopfdruck wechselt ihr in diese düstere Gestalt, absorbiert Kugeln und könnt kleine Kobolde rufen. |
bleibt komplett Englisch, alles wird fast immer sehr gut deutsch untertitelt - ein paar Dreher gibt`s hier, ein paar unglückliche Übersetzungen da. Oder wer jenseits des Sandkastens nennt heute noch jemanden einen "Kacker"? Egal, es gibt genug Slang und Schimpfwörter für alle. Aber das interessiert Jackie nicht. In seiner Welt wimmelt es eben vor Drecksäcken, Schwanzlutschern, Hurensöhnen und Arschlöchern.
Fest steht: Jetzt kommen auch noch Dämonen hinzu. Jackie wird nicht nur auf Schritt und Tritt von einem fremden Wesen begleitet, sondern mutiert quasi von einer Sekunde auf die andere zu einer Kreatur der Finsternis. Diese Wendung und die damit verbundenen Fragen tun der Geschichte unheimlich gut. Doch warum reagiert der Held kaum auf sie? Jackie steht vor dem Spiegel wie ein Alptraum aus der Hölle, zwei Schlangenfratzen ragen über seine Schulter und er... schreit nicht, flucht nicht, betastet sich nicht, bricht nicht zusammen!
So gut die Jungs von Starbreeze den Rest des Abenteuers inszenieren, so hervorragend sie die Ladezeiten für die inneren Monologe des Helden nutzen, so greifbar sie die New Yorker U-Bahn mit all ihren Graffiti darstellen und so herrlich markante Nebenfiguren sie erschaffen - diesen einen wichtigen Moment der Verwandlung haben sie dramaturgisch leider ebenso verschlampt wie das enttäuschende Ende, das zu viele Fragen offen, zu viele Androhungen uneingelöst lässt. Bei einem dermaßen filmisch aufgezogenen Spiel muss man die Regie einfach genau unter die Lupe nehmen. Jackie Estacado sieht aus wie ein Black Metal-Sänger ohne Gnade, er ist ein verdammt cooler Hecht - gar keine Frage. Aber selbst der abgebrühteste Mafiakiller kann mit seinen 21 Jahren nicht einfach so akzeptieren, dass er sich ab sofort in einen Dämon verwandeln kann...