God Hand14.02.2007, Paul Kautz
God Hand

Im Test:

Prügelspiele sind im Allgemeinen eine eher ernsthafte Angelegenheit: Okay, es gibt Ausnahmen wie die albernen Animes, in denen Tekkens Ling Xiaoyu ihre merkwürdigen Träume auslebt, aber generell geht’s eher mit Entschlossenheit als mit Lachern im Hintergrund zur Sache. Wo sind sie, die spielbaren Spencer/Hill-Filme? Wo sind sie, die Benny Hill-artigen Slapstick-Fights? Hier sind sie, jedenfalls zum Teil: In God Hand.

Die Nussknacker-Suite

Immer mitten in die... äh... Fresse rein. God Hand ist kein Spiel übertriebener Eitelkeiten.
Immer mitten in die... äh... Fresse rein. God Hand ist kein Spiel übertriebener Eitelkeiten.
Wie ärgerlich: Der Protagonist Gene gerät in eine kleine Stadt, die von bösartigen Banditen überrannt ist. Diese bedrohen gerade eine junge Frau, Gene eilt zur Hilfe. Nachdem er wieder aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht ist, hat er nicht nur einen Brummschädel, auch fehlt sein gewohnter rechter Arm. Stattdessen befindet sich an der Stelle die mysteriöse »God Hand«, eine mörderisch mächtige Waffe. Rache? Rache! Außerdem sind dämonische Kreaturen hinter dem Arm her - ein weiterer guter Grund, ihn schmetternd einzusetzen. Die Story? Ist nachweislich wurscht! Aber wenigstens witzig, wenn auch auf recht niedrigem Niveau: Wenn ihr also kein Problem mit »Kick me!«-Schildern, Weichteil-Tritten, einem tuntigen Boss-Pärchen oder giftigen Chihuahuas habt, dann bekommt ihr hier einige Lacher serviert - spätestens dank des im Hintergrund wie in 80er-Serien immer wieder fröhlich drauflosgackernden »Laugh Tracks« sowie der geradezu teuflisch beschwingten Gitarrenmusik, die fast automatisch zum Fingerschnipsen bzw. Fußwippen einlädt, gerät man in eine ziemlich gute Stimmung. Und die braucht das Spiel auch.

Denn God Hand ist im Grunde kein gutes Spiel: Die Grafik ist ziemlicher Mist, es gibt Clippingfehler im Dutzendpack, die Levels scheinen mit der Axt designt zu sein, die Texturen sind blass und langweilig, die nicht verstellbare Perspektive ist alles anders als optimal. Dem Spielprinzip mangelt es erheblich an Abwechslung, der Schwierigkeitsgrad steigt sehr schnell an, man macht die ganze Zeit eigentlich das Gleiche. Und dennoch ist dieses Spiel keine Zeitverschwendung, kein grober Mist. Warum? Weil es sich selbst keine Sekunde ernst nimmt, weil es dem Spieler überdeutlich die Message »Ich bin designt, um zu unterhalten - hab Spaß mit mir!« aufdrückt! Zugegebenermaßen muss man für den gebotenen Low Level-Humor empfänglich sein. Wer also gelegentliche Freude an B-Movies hat, der liegt auch bei God Hand richtig.

Das Ein-Mann-A-Team!

Meist bekommt ihr es mit mehreren Gegnern gleichzeitig zu tun - das Meistern des Ausweichmanövers ist daher genauso wichtig wie die Beherrschung der Kombos.
Meist bekommt ihr es mit mehreren Gegnern gleichzeitig zu tun - das Meistern des Ausweichmanövers ist daher genauso wichtig wie die Beherrschung der Kombos.
Worum geht es in God Hand? Nun, ihr seid hier, da sind eure Gegner, viel Spaß. Anfangs habt ihr ein paar lumpige Kampftechniken, die über heftiges Kloppen der Vierecks-Taste nacheinander als Kombo ausgelöst werden. Schon nach kurzer Zeit erhaltet und kauft ihr frische Manöver, die ihr im Personalisierungsmenü in die Kombo einfließen lassen oder euch eine ganz eigene basteln dürft - bzw. müsst, denn das Schnitzen eigener, zur Situation passender Kombos ist der Schlüssel zum Erfolg: Kleine, schnelle Feinde erfordern eine andere Strategie als dicke, langsame, hart zuschlagende Bossgegner! Wer sich also nur auf eine Kombination verlässt, wird schnell feststellen, dass sowohl der ohnehin schon happige Schwierigkeitsgrad unmenschlich scheint als auch Bonusgames (wie z.B. das sehr Final Fight-kompatible Zerstören eines Autos) nicht zu schaffen sind. Wollt ihr euch nicht auf Hände und Füße verlassen, könnt ihr auch einen beachtlichen Teil der Umgebung zerstören und die Reste als Waffe nutzen: Bleirohr, explodierendes Fass, Hammer, normales Fass, Brett, Nagelkeule oder Vase sind als durchschlagende Argumente nicht zu verachten.

Darüber hinaus kommt die Namen gebende God Hand in speziellen Situationen sehr rabiat zum Einsatz, außerdem wartet noch das »Roulette«: In dem tummeln sich mörderisch durchschlagende Manöver, deren Einsatz wertvolle »Orbs« kostet - die sollten also nur in passenden Situationen wie Bossfights zum Einsatz kommen! Von denen gibt es mehr als genug, mal gegen das erwähnte Tucken-Pärchen, mal gegen einen rabiaten Mexikaner, mal gegen die »Devil Hand« persönlich. Gewöhnungsbedürftigerweise könnt ihr nicht blocken, stattdessen weicht ihr gegnerischen Angriffen einfach per schnellem Druck auf den rechten Analogstick in alle Richtungen aus.

Die Bosskämpfe sind witzig bis bekloppt inszeniert - und teilweise sehr hart.
Die Bosskämpfe sind witzig bis bekloppt inszeniert - und teilweise sehr hart.
Kriegt euch ein Feind doch mal zu fassen, habt ihr wie in Resident Evil 4  die Möglichkeit, euch durch schnelles Rütteln des linken Sticks zu befreien und den Gegner sofort anzugreifen. Zwischen den teilweise recht langen Missionen dürft ihr den Spielstand sichern, und an der Stelle auch gleiche neue Kampfmanöver oder diverse Power-Ups kaufen.

Nachgetreten!

So richtig viele richtig gut aussehende Brawler gibt es aus irgendeinem Grund bislang nicht - und selbst in diesem Haufen nimmt God Hand seinen Platz im letzten Drittel ein: Fangen wir mit den massiven Clippingfehlern an - man könnte das sprunghafte Ausblenden von Wänden auch als Übersichtshilfe interpretieren, aber dafür ist's dann doch vielleicht etwas zu sprunghaft. Öde Texturen, grobe Levelbauten, mit Ausnahme der coolen Echtzeit-Zwischensequenzen sehr mäßige Animationen, wenig abwechslungsreiche Feinde - optisch kommt Clovers Prügler locker fünf Jahre zu spät. Auch die Kameraführung ist sehr letztes Jahrtausend: Der Protagonist ist etwas zu präsent im Bild und raubt so einen unnötig großen Teil der Übersicht, außerdem könnt ihr die Perspektive nicht manuell verstellen.

Fazit

God Hand ist albern, sehr, sehr albern: Hier ein Tritt in die Klöten, da ein »Kloiiing!«-Schädelklatscher, ausgeführt von einem Held mit »Tritt mich!«-Zettel auf dem Rücken, begleitet von einem frenetisch abgackernden Publikum - zwar nutzt sich diese Fassade mit der Zeit etwas ab, aber für Spencer/Hill-Fans mit einem Faible für Spiele wie Devil May Cry ist God Hand mindestens mittelgroßes Kino! Unter skeptischen Augen betrachtet ist das Ganze natürlich ziemlich hohl und abwechslungsarm - kein Durchfall wie Final Fight Streetwise, aber auch weit vom einigermaßen vergleichbaren The Warriors entfernt. Ein 3D-Double Dragon für leicht bekloppte Spieler, für die es nicht immer bierernst sein muss.

Pro

groovige Soundkulisse
einfache Steuerung
nettes Kombo-System
angemessen anspruchsvoll

Kontra

mäßige Präsentation
massig Clippingfehler
schwächelnde Langzeitmotivation

Wertung

PlayStation2

Höchst albernes Gekloppe im Spencer/Hill-Stil mit technischen Mängeln.

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