Die Rückkehr des Arcade-Rasers
Als Burnout Paradise Anfang 2008 erschien, war es nicht der erste Arcade-Raser auf PS3 oder 360 in einer offenen Welt. Schon drei Jahre vorher haben
Need for Speed: Most Wanted und vor allem
Midnight Club 3 Dub Edition von Rockstar Games gezeigt, dass sich Fahrspaß und Freiheit auf einer großräumigen Karte nicht ausschließen müssen. Doch ein paar Jahre nach
Test Drive Unlimited und vier Jahre vor dem ersten
Forza Horizon, das vor kurzem mit einem 4K-Update quasi ein kostenloses "Remaster" spendiert bekam, war Burnout Paradise etwas Besonderes. Denn man sollte nicht vergessen, dass das Team von Criterion, das im Jahr 2004 von Electronic Arts übernommen wurde (mehr dazu in unserem
"Wandel der Zeit"), das Action-Rennspiel quasi im Alleingang definiert hat - damals allerdings alles auf linearen Pfaden. Entgegen aller Skepsis gelang es den Briten, die Essenz der "alten" Burnout-Erfahrung punktgenau zu erfassen und in eine offene Welt zu packen.
Die Geschwindigkeit und Crash-Seqeuenzen machen auch in der Remastered-Version viel her - auf PS4 Pro und One X sogar in einer 4K-Auflösung
Es war blitzschnell, die Kulisse war bis auf ein bisschen Kantenbildung ein Genuss. Und noch viel wichtiger: Das Fahrverhalten der über 70 fiktiven Karren, die man sich auf seinen Schrottplatz (quasi die Garage) holen konnte, stimmte auf den Punkt. Man hatte stets die perfekte Kontrolle über die Boliden und konnte sie bis weit über das Geschwindigkeitslimit oder sein eigenes fahrerisches Können ausreizen. Die Crash-Kreuzungen, die in den älteren Burnouts ein motivierendes Metaspiel waren und später von Three Fields Entertainment (Ex-Criterion-Gründer) in
Danger Zone wiederbelebt wurden, wurden hier auf ganze Straßenzüge ausgedehnt, verloren aber durch das Weitläufige etwas ihres Reizes. Dem gegenüber standen jedoch über 100 Offline-Veranstaltungen in verschiedenen Kategorien sowie zusätzlich die Möglichkeit, sowohl im On- als auch im Offline-Betrieb für jede einzelne Straße Zeitrekorde aufzustellen. Sprich: Es gab verdammt viel zu tun. Das Ergebnis war seinerzeit ein Gold-Award mit 86% (
zum Test) sowie Platz 2 bei unserer Wahl zum Rennspiel des Jahres 2008. Hier musste man sich nur
Midnight Club Los Angeles geschlagen geben, das mittlerweile definitiv ein Kandidat für ein eigenes Remaster oder zumindest die Aufnahme in die Abwärtskompatibilitäts-Liste auf der Xbox One ist.
Der Spaß wird größer – und zeitgemäß
Mit einigen kostenlosen sowie ein paar kostenpflichtigen Updates hat Criterion nicht nur das Spiel am Leben gehalten, sondern die Inhalte enorm aufgestockt. Es wurden mit dem Bikes Pack nicht nur neue Fahrzeugtypen wie z.B. Motorräder, Polizeiwagen oder weitere Mehrspieler-Modi hinzugefügt. Man spendierte ein dynamisches Tag-/Nachtsystem sowie wechselndes Wetter. Mit dem Legendary Car Pack durfte man sogar mit den fiktiven Versionen von Kultkarren wie Ecto-1 (Ghostbusters), KITT (Knight Rider), The General Lee (Dukes of Hazard) oder dem De Lorean (Zurück in die Zukunft) die Straßen von Paradise City unsicher machen. Mit Big Surf Island kam schließlich sogar ein neues Gebiet mit zahlreichen neuen Herausforderungen, mehr Straßen, die man beherrschen konnte sowie frischen Renntypen wie z.B. Kontrollpunkt-Fahrten.
Die Kulisse kann dank hochaufgelöster Texturen auch zehn Jahre nach dem Original problemlos einigen Arcade-Rasern wie Gravel oder Need for Speed Payback Paroli bieten.
Und all das hat man jetzt, zum zehnjährigen Jubiläum des Spiels sowie dem 25-jährigen Bestehen von Criterion, in einer Remaster-Version erneut gebündelt – wie schon 2009 in der Ultimate Box, bei der alles auf einer Disc zusammengefasst wurde. Doch im Vergleich zu damals hat man es nicht nur bei einer Sammlung gelassen, sondern auch die Kulisse optimiert. Es fehlen zwar weitreichendere Einstellungsmöglichkeiten, wie sie die ebenfalls 2009 erschienene PC-Version bot, doch wenn man mit PS4 Pro oder Xbox One X unterwegs ist, darf man Paradise City in einer 4K-Auflösung und knackscharfen 60 Bildern pro Sekunde erleben. Und hier kommen die überarbeiteten hochaufgelösten Texturen erst richtig zur Geltung, die aus einem Spiel von 2008 eines machen, das dem Vergleich mit aktuellen Arcade-Rasern wie
Need for Speed Payback oder
Gravel problemlos standhalten sowie sogar in vielen Bereichen übertreffen kann. Immerhin darf man im Vergleich zu den "alten" Fassungen nicht nur die Helligkeit einstellen, sondern auch den Gamma-Wert sowie Kontrast regulieren. Dennoch hätte eine zusätzliche V-Sync-Option nicht geschadet. Zwar flirrt die Kulisse in der Entfernung bei weitem nicht mehr so stark wie vor zehn Jahren. Doch ab und an kann man an den Häusern oder oberirdisch gezogenen Kabeln am Ende einer langen Straße erkennen, dass die Kanten nicht immer optimal geglättet werden. Angesichts des mitunter offensichtlichen Pop-up-Wahns in Payback ist mir dieses Modell allerdings deutlich lieber.