Vorschau: Dragon Age: Origins (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
05.11.2009
10.11.2009
19.11.2009
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ab 1,00€
Spielinfo Bilder Videos
Düstere heroische Fantasy

In den Gebäuden des Einstiegs gibt es noch relativ wenig zu entdecken - man wird von Kampf zu Kampf gehetzt.
BioWare scheint sich bei der Erschaffung seines eigenen Universums, das man selbst als "dark heroic fantasy" bezeichnet, auf das zu verlassen, was Tradition hat. Das muss nichts Schlechtes sein, wenn man die alten Werte aufgreift und kreativ weiterführt - ob das hinsichtlich Story und Dramaturgie der Fall ist, kann erst der Test zeigen. Aber es gibt zu Beginn bereits einige positive Tendenzen wie die sozialen Konflikte zwischen Adel und Volk sowie die Diskrepanz zwischen Magie und Religion, die der Welt eine eigenständige Wirkung verleihen.

Dazu gehört auch das martialische Flair, denn ähnlich wie in The Witcher geht es derb, gnadenlos und blutig zur Sache - Köpfe rollen, Freunde sterben, Menschen werden verachtet, Körper sacken nach dem letzten Stich zusammen und auch der rote Lebenssaft ist ein zentralerer Bestandteil des Spiels, denn er fließt nicht nur elegant ins Drachenlogo, sondern spritzt nach jedem Kampf auf Gesichter und Rüstungen; manchmal sehen die Helden aus als hätten sie Windpocken. Aber wichtiger als Gore-Effekte ist die Frage: Kann BioWare wirklich ein eigenes Universum erschaffen?

Tolkien lässt grüßen

Wenn man das düstere Intro und die Vorgeschichte auf sich wirken lässt, zeigt die neu erfundene Welt erstmal altbekannte, fast schon gewöhnliche Fantasyzüge - denn Tolkiens Herr der Ringe stand nicht nur hinsichtlich der Hintergründe, sondern
Die Orks...ähm...die dunkle Brut: Grenlocks und Hurlocks könnten auch in Peter Jacksons Ringverfilmung marschieren - das Artdesign des Spiels orientiert sich stark daran.
auch in Sachen Artdesign scheinbar stramm wie ein sizilianischer Pate: Es gibt Elfen und Zwerge, es gibt Magier, Drachen und Dämonen in Balrogmanier, es gibt Zauberertürme à la Isengard, heroisches Pathos en masse, es gibt eine an Helms Klamm erinnernde Szene sowie viele Ortsnamen mit altenglischem bzw. altnordischem Klang, die man sofort nach Mittelerde übertragen könnte.

Nicht falsch verstehen: Ich mag das, da fühlt man sich Zuhause, aber das sorgt auf den ersten Blick nicht unbedingt für frische Akzente, was vielleicht auch am vergleichsweise drögen Feindbild liegt. Oder wird man im Laufe des Abenteuers noch überrascht? Die freien Länder werden von einer "dunklen Brut" bedroht, hinter der sich orkähnliche Kreaturen mit fiesen Fratzen verbergen, die auch direkt aus Peter Jacksons Verfilmung stammen könnten - nur heißen sie hier Grenlocks und Hurlocks. Wer kann sie aufhalten? Die grauen Wächter. Eine Elite, die diese Brut schon vor Jahrhunderten besiegte, aber dann in Vergessenheit geriet...in der Story dreht sich zunächst alles darum, dass man selbst in diese altehrwürdige Riege aufsteigt, um das Unheil abzuwehren. Und genau diesen Einstieg habe ich gespielt.

Brisanter Start ins Abenteuer

Pikanter Einstieg: Die Schwester soll sich als Hure verkaufen? Was sagt ihr dazu?
Bevor man das Spiel startet, ist man noch ein Niemand mit Statistiken. Aber sobald man einsteigt, fackelt BioWare nicht lange: Keine Idylle, keine Hobbits, keine Märchenstunde, sondern knallharte Realität mit vielen Konflikten ist angesagt - und hier entfernt man sich angenehm weit von Tolkien'scher Edelfantasy. Mein Abenteuer beginnt unter Tage, in den Slums der Zwergenstadt Orzammar. Meine Mutter ist Alkoholikerin, mein Status gleicht dem eines Sklaven. Ich bin kastenlos, darf nicht in die Armee und muss mich als Handlanger für einen Unterweltboss verdingen. Der bärbeißige Typ heißt Berath, steht in der ersten Spielminute mit verschränkten Armen vor mir und verlangt von meiner Schwester, dass sie als Hure anschaffen geht. Das ist ein Einstieg, der sofort Emotionen weckt!

Das Dialogfenster öffnet sich und ich kann ihm darauf fünf Antworten geben - das Rollenspiel beginnt und ich zapple an der Angel der Möglichkeiten: Wer will ich sein? Der ehrenhafte Bruder, der gerissene Schauspieler oder der eiskalte Kriminelle? Es gibt kein Moralsystem wie in Star Wars: Knights of The Old Republic  - meine Taten haben lediglich Einfluss darauf, wie die Leute auf mich reagieren. Und erst sehr viel später, wenn man Gefährten um sich schart und jeder einen Beziehungsbalken besitzt, der das aktuelle Verhältnis zu mir beschreibt, soll sich das auch im Kampf bemerkbar machen - echte Freunde halten quasi bis zum Tod zusammen.

Ihr könnt auf dem PC stufenlos zwischen einer Schulter- und Vogelperspektive scrollen.
Aber zurück zum Stress in den Zwergenslums: Es kann sein, dass meine Schwester mir eine Ohrfeige gibt, wenn ich sie wie ein skrupelloses Arschloch behandle; es kann sein, dass sie mich bremst, wenn ich Berath direkt mit der geballten Zwergenfaust aufs Maul hauen will. Und genau diese Ungewissheit macht den Reiz des Spiels aus, genau diese Ungewissheit sorgt dafür, dass man sich die Antworten genau überlegt. Zumal die Dialoge mal wieder erstklassig geschrieben sind, so dass sehr glaubwürdige und nachvollziehbare Situationen entstehen.

Auch die deutschen Sprecher hinterlassen bisher einen sehr guten, weil emotionalen Eindruck. Schön ist zudem, dass man zwischendurch immer wieder stehen bleiben und sich das Geplauder von Passanten anhören kann. Die schauspielerische Leistung der Nebenfiguren ist schon in den ersten Stunden sehr gut. Allerdings stehen sie dabei auf einer Theaterbühne, die mit ihren Requisiten und Hintergründen einfach nicht mithalten kann. Anders formuliert: Das Spiel, das von der hauseigenen Eclipse-Engine angetrieben wird, kann grafisch nicht begeistern.
            
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Kommentare

FuerstderSchatten schrieb am
gracjanski hat geschrieben: trotzdem ärgert es mich, dass man nirgends sehen kann, wie bestimmte Dinge berechnet werden, so ist es random, ob ich spell a oder spell b nehme, da ich nicht die genauen werte kenne.
Also so schlimm wie Kotor finde ich es nun nicht, aber BG2 ist imho immer noch die #1
Stimm Irenicus war ja auch so geistreich, ich klaue euch jetzt mal euer Blut, damit ich wieder Elf sein kann, "böses Lachen". BG 2 halte ich einfach nur für überbewertet was die Handlung angeht, Teil 1 ist der eigenltiche Star der Saga, eine wirklich durchdachte Handlung, die sich erst im späten Spiel erschliesst, ausser natürlich man ist Hellseher und hört den Weisssängern am Anfang gut zu, was ja angeblich die meisten beides sind.
Eiskommando schrieb am
Würde ich mich in einem Spiel dauernd ärgern, würde ich keine 70 hergeben.
gracjanski schrieb am
also das spiel gefällt mir nun so ziemlich. Ohne Mods aber würde ich mich dauernd ärgern und hätte gerade mal 85% oder so gegeben.
Inventarsystem scheisse -> mit mod ist das Inventar wenigstens auf 125 vergrössert
Texturen ein witz -> Per JB3 Textures Mod sieht es schon ansehnlicher aus, per Redesigned sehen auch die NPCs besser aus
Städte ohne Leben -> atmospheric mod
trotzdem ärgert es mich, dass man nirgends sehen kann, wie bestimmte Dinge berechnet werden, so ist es random, ob ich spell a oder spell b nehme, da ich nicht die genauen werte kenne.
Also so schlimm wie Kotor finde ich es nun nicht, aber BG2 ist imho immer noch die #1
FuerstderSchatten schrieb am
johndoe869725 hat geschrieben:
brabe hat geschrieben:Ich würde behaupten wollen, dass Grafik nicht das wichtigste ist. Das einzige was mich störte war die NPC Reaktionen (Diebstahl usw.), was meiner Meinung nach mit einem Patch behoben werden kann.
Nur schade, dass keiner der Beta-Tester dies bemerkte.
Die haben das unter Garantie bemerkt. Bioware hat sich nur entscheiden oder auch aufgrund von Zeitdruck entscheiden müssen, kein Diebstahlsystem einzuführen, weil sie den Aufwand, der dafür nötig ist, nicht leisten konnten oder wollten.
Es gibt sehr wohl Reaktionen auf Diebstahl Händlern nicht mehr einkaufen kann. Random Encounters und das man z.B. bei Händlern nit mehr einkaufen kann. Man bemerkt das aber kaum, weil man so gut wie nie beim Klauen versagt und die Reaktionen nit offensichtlich sind.
gracjanski schrieb am
bisher stimme ich dem test meist zu: am anfang ist das spiel noch eher lahm, aber nach der einführung macht es spass. trotzdem nerven mich die konsolenelemente (zu wenige details, weichgespült=ein witz wie wenige Fähigkeiten man hat, berechnung der kämpfe nicht sichtbar, kindische dialoge). Alles zusammen ist das Game alles anderes als BG2 Kopie, sondern eher Kotor im Mittelalterskin. Wobei Kotor mir spass gemacht hat, weil man da so viele böse Sachen machen konnte, in DA:O schneidet man sich damit ins eigene Fleisch.
im übrigen gibt es im Netz viele Mods, die u.a. die Grafik des Spiels deutlich verbessern. Auch paar Gameplaymacken wurden ausgeräumt. Natürlich gilt das nur für PCSpieler, aber wer sich eine Konsole kauft, ist selber schuld.
schrieb am