Ein Atlas als Hilfe
Vor dem Dunkel hinter der Fahrstuhl-Kapsel, die mich tief in die Stadt gebracht hat, schlurft ein aggressiv grunzender Kerl. Aber er kommt nicht weit. Auf einmal stürzt eine Frauengestalt aus dem Schatten und erledigt den Mann. Dann wendet sie sich dem Fahrstuhl zu. Sie versucht scheinbar erfolglos, mich durch die kleine Glasscheibe zu erkennen. Sekunden später wütet sie mit den Eisenhaken an ihren Händen kreischend auf dem Dach der Kapsel, bevor mich eine Stimme aus dem altmodischen Lautsprecher anspricht. Atlas nennt sich der Mann, der mich nach draußen schickt. Er erklärt mir, warum Rapture existiert und was mich hier erwartet. Die Lady mit den Eisenhaken ist verschwunden, doch es wimmelt hier vor wütenden Mutanten. Zurückgelassen in dem Irrenhaus, das einst ihre Erlösung sein wollte. Wenn ich Atlas helfe, seine Familie zu retten, zeigt er mir den Weg nach draußen. Welche Wahl bleibt mir schon...
Gen-Pfusch?
In System Shock 2 war es eine Dr. Polito, die sich als Führer durch das vom Kurs gekommene Raumschiff Von Braun anbot; in BioShock ist es Atlas. Ob er sich als das herausstellt, was er vorgibt zu sein, bleibt abzuwarten - 2K Games hat uns nur die ersten beiden Abschnitte gezeigt. Der rote Faden wird dort nur ausgelegt. Wie er verläuft, muss sich erst noch zeigen. Das gilt auch für das Spiel, denn die ersten Schritte in Rapture sollen euch in die umfangreiche Welt nur einführen. Erst danach erhaltet
ihr laut den Entwicklern volle Handlungsfreiheit, könnt euch nach Belieben durch die Stadt bewegen und müsst keinem vorgegebenen Weg folgen. Genau wie in dem geistigen Vorgänger könnt ihr den Schauplatz so erkunden, wie es euch passt:
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Unter dem Motto des freien Willens fanden abscheuliche Experimente statt... |
Folgt ihr mit einem steifen Finger am Abzug dem Richtungspfeil zum nächsten Ziel oder schaut ihr euch vorher nach Munition um? Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, wie aus Rapture ein Jagdrevier für Mutanten wurde, solltet ihr in Schreibtischen und Schubfächern nach Tonbändern suchen. Diese Aufnahmen der ehemaligen Bewohner sind kleine Farbkleckse, mit denen ihr Strich für Strich ein Bild von den grausigen Ereignissen zeichnet. Vielleicht liegt euch auch daran, Ampullen mit Eva zu sammeln, damit ihr eure genetischen Modifikationen nutzen könnt.
Genetische Modifikationen? Klingt umständlich - ist es aber nicht. Es sind Waffen, mit denen ihr elektrische Ladungen austeilt, Gegner in Brand steckt oder Gegenstände per Telekinese aufhebt und beim Loslassen der Taste abschießt. Wer System Shock 2 liebte, der wird sich in BioShock wie zu Hause fühlen - auch wenn der umfangreiche, aber umständliche Rucksack wegfällt, die Waffen zu Beginn nicht aufgerüstet werden können und auf Rapture auch nicht zerbrechen. Irrational Games spricht diesmal nicht nur Enthusiasten mit Zeit zum Einarbeiten an, sondern kommt auch Spielern entgegen, die keine System Shock-Mantras vor ihrer güldenen Warren Spector-Statue beten.
Es gibt nicht nur die geradlinige Einführung und die übersichtliche Handhabung; euch kommen beim Erkunden von Rapture auch mehr zufällig auftauchende Mutanten in die Quere als auf der Von Braun. Dabei gerät BioShock allerdings ins Schlingern, denn die häufigen Kämpfe vernebeln das Gefühl der bedrückenden Einsamkeit. Genau darauf legen die Entwickler laut eigener Aussage aber wert.... Weil die Gegner zufällig auftauchen und sich meist ähneln, war ich auch schnell gesättigt: Der x-te Mutant ist eben nur Mutant w+1. Er ist kein ekliges Experiment mehr, das mir an den Kragen will. Er ist Kanonenfutter. Weil Ken Levine von Irrational Games betont hatte, dass die Mutanten unabhängig vom Spieler ihr Tageswerk verrichten und so als eigenständige Personen auftreten, war ich deshalb enttäuscht. Nur zwei Charaktere treten vor den Statisten ins Rampenlicht.