Skies of Arcadia13.04.2001,
Skies of Arcadia

Im Test:

Der Schwanengesang der Dreamcast setzt sich dieses Jahr in Europa mit immer neuen Höhepunkten fort. Besonders im Rollenspiel-Bereich sind jetzt in schneller Folge ausgesprochene Ausnahme-Produkte auf den Markt gekommen, die den einen oder anderen Zögerer ob der gesunkenen Hardware-Preise vielleicht doch noch zum Kauf einer DC verführen.

Skies of Arkadia - Sail the Friendly Skies!

Der Schwanengesang der Dreamcast setzt sich dieses Jahr in Europa mit immer neuen Höhepunkten fort. Besonders im Rollenspiel-Bereich sind jetzt in schneller Folge ausgesprochene Ausnahme-Produkte auf den Markt gekommen, die den einen oder anderen Zögerer ob der gesunkenen Hardware-Preise vielleicht doch noch zum Kauf einer DC verführen.

Interessanterweise sind diese Spiele meist aus dem Hause Sega selbst, oder in Kooperation mit Sega entstanden, ein Gedanke der für den weiteren DC-Support durchaus hoffen lässt. Die beiden Artverwandten, Grandia II und Phantasy Star Online, haben wir ja schon ausführlich vorgestellt: Dieser Tage soll hoffentlich nun also auch in Deutschland die Piratencrew der Blue Rogues die deutschen Gamer-Herzen erobern.

Skies of Arkadia hat keinen direkten Vorgänger, wenn auch die Crew hinter Phantasy Star bei Overworks am Spiel mitgewirkt hat. Tatsächlich ist das Spiel aber eine Rückbesinnung auf die spannendsten Abenteuer-Legenden mit so viel inspirierten Neuheiten, dass man sich von den bekannten Elementen in Stimmung bringen lässt und immer wieder durch die neuen Wendungen in großes Staunen gerät.

Gameplay

Beispiel gefällig? Eigentlich ist der Weg von Skies of Arkadia ähnlich linear wie in den Final Fantasy-Games: Man hat seine netten, aber nicht für den Verlauf wichtigen Nebenquests und Minigames, aber man wird erst zu bestimmten Schauplätzen gelassen, wenn die Stärke dafür ausreicht.

Während bei FF-Spielen oft lange Renderszenen die Begründung dafür liefern, warum Zidane z.B. nicht gerade jetzt nach Alexandria aufbrechen soll, so ist der Reise-Modus bei Skies of Arkadia vom verwendeten Schiff abhängig: Wenn Ihr eine nette, kleine aber klapprige Barke besitzt, müsst Ihr Euch nicht wundern, wenn Euch die Gegenwind-Wirbelstürme im South-Ocean nicht nach Osten segeln lassen, bis Ihr Euch einen stärkeren Motor besorgt habt. Das gleicht gilt für das Durchqueren von Windbänken oder das Abtauchen in die Wolkenwelt: mit den richtigen Vorraussetzungen stehen Euch alle Schauplätze offen, aber Ihr erhaltet die Upgrades eben erst im Laufe der Geschichte.

Überhaupt: die Luft-Insel-Welt. Wir haben Piraten, Händler, einfache Seeleute, die Entdeckung von neuen Kontinenten, riesige Kolonialreiche, machtgierige Militärs - alles schon mal in unserer Geschichte da gewesen (wer genauer hinschaut, wird mit Sicherheit die realen Inspirationen für die Reiche von Valua, Nasr, Yafutoma und Ix´taklan erkennen).

Aber hier leben die Menschen auf riesigen oder kleinen im Luftraum schwebenden Inseln, um die herum es Luftfische und Luftströmungen wie Meersstrudel etc. gibt, die eine wagemutige Seele erst mal erkunden muss - denn natürlich ist diese Welt aus einer alten Katastrophe hervorgegangen (wo habe ich das schon mal gehört:P) und hat fast alles Wissen vergessen.

Und so steht unser Team aus Vyse, dem Sohn des Blue Rogue Kapitäns und seiner Jugendfreundin Aika sofort der besorgten mysteriösen Frau namens Fina, die sie aus den Klauen der Bösewichter (des militärischen Kolonialreichs Valua) befreit haben, auf ihrer Suche nach den Mond- Kristallen zur Seite. Ist es doch Vyses größter Wunsch ein Swashbuckler (= Draufgänger) zu werden, und sich diesen Ruf redlich zu verdienen während er die sechs Meere und Kontinente unter den sechs Monden erkundet.

Steuerung

Ihr braucht für Skies of Arkadia eigentlich keine Anleitung. Sie ist vielleicht nützlich bei den Kämpfen aber wirklich nicht unbedingt notwendig. Ihr braucht sogar das Online-Tutorial kaum, die rundenbasierten Kämpfe sind so eingängig gelöst, das es wirklich schwer ist, etwas falsch zu machen. Das bedeutet auf der anderen Seite aber weniger flexible Kampftaktik als bei Grandia II und kann bei unvermuteten Zwischenbossen doch ganz nett zum Frust führen. Wenn solch eine Situation im Rahmen der Geschichte eintritt, erhaltet Ihr aber meist die Option noch einmal von Beginn des Kampfes anzufangen.

Kampfsystem

Nach einer längeren Intro-Sequenz in den Kampfbildschirm, der sich passend zur Umgebung stimmig verändert, ob auf dem Schiff oder an Land, bekommt Ihr für jeden Eurer Charaktere die zur Verfügung stehenden Optionen angeboten: Rennen, Item, Angriff, Super Züge, Wache, Magie, Focus. Links oben seht Ihr wie viele Spirit-Punkte Ihr zur Verfügung habt (sie steigen mit dem Level), und zwar für die ganze Gruppe.

Ihr braucht die Spirit-Punkte, um Magie zu verwenden (dabei wird außerdem immer ein Magie-Punkt des Charakters aufgebraucht) oder Super Züge auszuführen, welche für jeden Charakter einzigartig sind. Für normale Attacken oder den Einsatz eines Gegenstands werden keine Spirit-Punkte abgezogen. Habt Ihr nicht alle SPs während einer Runde verbraucht, so könnt Ihr im Verlauf immer spektakulärere Super Züge durchführen, so Ihr sie gelernt habt: Dafür braucht Ihr eine bestimmte Anzahl von Moonberries.

Bei den Super Zügen sind Eure Charaktere spezialisiert, aber die sechs verschiedenen Farben der Magie kann jeder lernen, der seine Waffe mit einem passenden magischen Mondstein ausrüstet und erfolgreich trifft. Ob Ihr einen Charakter auf eine Art der Magie spezialisiert (grün = Heilung, rot = Feuer etc.), bleibt Euch überlassen: Wenn Ihr wirklich die Welt erkundet, werden über kurz oder lang alle Eure Charaktere die gesamte Magie beherrschen.

Denn ein echter Schwachpunkt bei SoA ist die Häufigkeit der Kämpfe im Luftraum. Tatsächlich sind diese, vor allem am Anfang, im Abstand von zehn Sekunden auftauchenden Zufallskämpfe sogar notwendig, um die Zwischenbosse in die Knie zu zwingen: das spricht nicht gerade für die Balance im Gameplay.

Abschwächend ist anzumerken, dass in den Dungeons eine weitaus gesundere Kampf/Erforschungs-Rate vorherrscht, aber hier wie überall gilt: wo ein Savegame-Anker auftaucht auch bitte speichern. An Bord des Schiffes könnt Ihr auf der normalen Karte jederzeit speichern.

Ein weiterer Punkt macht die Zufallskämpfe erträglich, sobald die Gruppe ein paar Super-Züge gelernt hat: Sega hat aus den minutenlangen Beschwörungsorgien der Final Fantasy-Reihe die richtige Lektion gelernt und lässt alle Super Züge auf Knopfdruck abkürzen. Habt Ihr euch an den gleißenden Licht-Effekten also satt-gesehen (die nicht mal Grandia II so spektakulär bietet), dann haltet - sobald die Super Zug Animation beginnt - die Start-Taste etwas länger gedrückt, und schon seht Ihr nur noch die Auswirkungen des Zuges, und nicht mehr.

Manchmal kommt es auch zum Kampf Schiff gegen Schiff oder gegen Luft-Monster. Dann könnt Ihr tatsächlich taktisch vorausplanen, da Ihr an Hand einer Zugleiste sehen könnt, wie sich der Feind wahrscheinlich verhalten wird. Habt Ihr Eure Anweisungen eingegeben, dann könnt Ihr dem kinematischen Kampf mit Manöver und Spezial-Effekten genüsslich zuschauen.

Mini-Spiele

Was wäre ein Konsolen-Rollenspiel ohne witzige Nebenquests? Sobald Ihr Euer erstes eigenes Schiff besitzt könnt Ihr mit der DC Visual Memory Unit einen kleinen Forscher namens Pinta losschicken, der Euch nach einfachen Reaktions-Spielchen ein paar weitere Gegenstände zurückbringt.

Ihr könnt bis zu 22 Mannschafts-Mitglieder anwerben - wenn Ihr deren Bedingungen erfüllt - welche die Statistiken Eures Schiffes verbessern. Ihr könnt 60 Weltwunder entdecken und diese Informationen für gutes Geld verkaufen. Ihr erhaltet im Laufe des Spiels eine eigene Basis, und könnt diese umbauen und ausbauen lassen. Ihr könnt Euch eine von drei Flaggen aussuchen, die dann auch auf der VMU erscheint.

Ihr könnt - und solltet - für den Gefährten von Fina, Cupil, nach Chams suchen, damit er stärker wird: dafür braucht Ihr definitiv eine Original VMU, denn Cupil meldet sich durch Piepsen oder Vibrieren (wer das Rumble Pack hat), wenn Ihr in der Nähe eines Cham seid. Ich habe noch auf jedem Land-Bildschirm einen Cham gefunden, man muss nur wirklich alles abgrasen. Allerdings könnt Ihr Fina auch nur Zaubern lassen, darin ist sie sowieso am Stärksten.

Grafik

SoA ist vollständig in 3D - keine Rendersequenzen der Geschichte in diesem Spiel! Das ist auch gar nicht notwendig, denn die Entwickler haben die tolle Idee umgesetzt, die Charaktere nicht nur mit charakteristischen Bewegungen, sondern auch mit emotionalen Gesichtsausdrücken zu versehen, die manchmal sogar ohne Dialog genau aussagen, was Sache ist (Hinguck-Tipp: Aika und Vyse mit Enrique in Yafutoma =). Es wurde darum mehrfach die Eckigkeit des Charakterdesigns beklagt, und dass es kaum Rundungen gäbe.

Ich kann mich dieser Meinung als einem Makel nicht anschließen: Die spektakulären Effekte und die ungeheuer groß wirkenden detaillierten Dungeons (keine isometrische Perspektive a la Grandia II), in denen Wasser die Wände herabläuft oder Lava die Gruppe umwabert, die Städte in denen Ihr vielleicht sogar mal einen Fisch im Wasser hochspringen seht, oder Euch mit einem Paddelboot über rauschende Wasserfälle stürzt, sind natürlich eine wahre Augenweide.

Runde Polygone seht Ihr an den vielfältigen Monster schon genug: persönlich glaube ich, dass die breitflächigen und karikatur-artigen Gesichter der menschlichen Charaktere mit voller Absicht so konstruiert wurden, um den Gesichts-Ausdrücken mehr Raum zu lassen - ganz wie der übliche Anime-Stil eben. Wenn Fina sich nach dem Sieg einmal in der Runde schwingt, dann glitzern Ihre tropfenförmigen Ohrringe komplett realistisch und wenn Aika Ihren tropfenförmigen Bumerang durch die Gegend wirbelt, dann sind die Rundungen eben gerade dort platziert, wo sie Sinn machen. Man schaue sich nur mal die Bauchtänzerin Belena an...

Allerdings ist es richtig, dass die normalen Attacken oft abgehackte Bewegungen enthalten, auch wenn der Zuschauer durch die Tatsache abgelenkt wird, dass die anderen Gruppenmitglieder währenddessen weiterkämpfen (wenn auch ohne Schaden zu machen). Was wirklich nervig ist - besonders für die von FFIX Verwöhnten - ist die genaue Positionierung des Charakters, die notwendig ist um Tore zu öffnen oder Rückmeldungen über Gegenstände zu bekommen (oder auch nur um eine Unterhaltung anzufangen). Das hätte Sega wirklich liberaler handhaben oder deutlicher markieren können.

Sound

Die Sprachausgabe bei SoA beschränkt sich auf emotionale Ausrufe an passenden Dialogstellen, die auch in der deutschen Version Englisch auftauchen. Man kann die Stimmen mögen oder nicht (ich mag sie), sie sind relativ unaufdringlich außer am Ende der Kämpfe, wo je nach Schwierigkeit der passende Spruch eines der Kämpfer erscheint (ich mag Enriques: an utter victory :p). Man hätte aus diesem Detail wirklich mehr machen können.

Die Geräusche sind perfekt auf die Umgebung abgestimmt, vom Wasserrauschen zu den Unterschieden, wenn Vyse über verschiedene Böden rennt, zum Schlittschuh-Sound, wenn Euer Schiff über Eis skatet. Und die Musik ist einfach gut. Besonders Horteka hat ein Lied, dass richtig in die Beine geht. Die Intro-Musik bringt auch ein gutes Beispiel für die Abenteuer-Hintergrundmusik, zu deren Klängen man sofort aufbrechen möchte.

Lokalisiert waren in der Beta-Review-Version, die 4Players zur Verfügung stand, alle Dialoge und fast alle Mitteilungen, allerdings waren obskurere Meldungen oder knappe Rückmeldungs-Bildschirme noch Englisch. Übersetzungs-Schnitzer wie Waffenschlinge für Gunslinger und Säbelrassler für Swashbuckler sind hoffentlich auch behoben.

Download-Goodies:

Pro:

- atmosphärische Welt mit spannenden Abwandlungen altbekannter Genre-Details, die den Spieler immer weiter spielen lässt, als er eigentlich Zeit hat.

- eingängige Steuerung, die das Gameplay unterstützt

- spektakuläre Spezial-Effekte und Dungeons; animierte Gesichter, welche die Charaktere zum Leben erwecken

- sehr stimmungsvolle Musik

- jede Menge Mini-Quests und Entdeckungen

- komplett in 3D, keine Rendersequenzen notwendig.

Kontra:

- Städte und Dörfer sind relativ kantig ausgefallen

- unmotivierte Sprachausgabe-Fetzen

- abgehackte Bewegungen bei normalen Attacken

- dumme Kollisionsabfrage bei Gesprächen und Interaktion mit Türen.

Fazit

Es sollte sich jeder dieses Spiel kaufen, der a) eine DC sein eigen nennt und b) Konsolen-Rollenspiele im japanischen Stil mag.
Wer nur eine DC sein Eigen nennt, sollte diesmal vielleicht die Gelegenheit wahrnehmen japanische Rollenspiele kennen zu lernen, vor allem falls er keine Playstation besitzt. Bei einem direkten Vergleich mit Grandia II würde ich auf Grund des Gesamt-Spaßes eher Skies of Arkadia empfehlen - außer Euch ist am meisten an strategisch-taktischem Kampf gelegen: Phantasy Star Online ist komplett anders geartet und kein Vergleichsobjekt.
Für Besitzer von PS und DC, die dieses Jahr nur ein Rollenspiel kaufen wollen, ist allerdings Final Fantasy IX immer noch Wahl Nummer Eins.

Ich werde auf alle Fälle SoA noch vollständig durchspielen (bin gerade bei 55 Stunden) und dann in meine permanente Sammlung aufnehmen. Dieses Spiel ist wie ein gutes Abenteuer-Buch: Nach einer gewissen Zeit kann man es immer noch einmal durchspielen.

Wertung

Dreamcast

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.