Blue Dragon: Awakened Shadow12.08.2010, Jens Bischoff
Blue Dragon: Awakened Shadow

Im Test:

Ende September soll der Blue Dragon -Nachfolger Awakened Shadow auch hierzulande erscheinen. Im Gegensatz zum letztjährigen Echtzeitstrategie-Ableger Blue Dragon Plus verschlägt es Shu & Co dieses Mal in Action-RPG-Gefilde. Wir haben die US-Version importiert, um zu klären, ob sich das Warten lohnt.

Alte Welt, neuer Held

Awakened Shadow spielt zwei Jahre nach den Ereignissen des 360-Originals und ein Jahr nach dem DS-Debüt. Die Welt ist noch immer in zwei Hälften gespalten, die Bewohner haben sich auf schwebenden Würfeln im Zentrum angesiedelt. Auch Shu, Jiro, Kluke & Co leben auf einem dieser Würfel als eines Tages ein gleißendes Licht erscheint und sämtlichen Einwohnern ihre beschwörbaren Schatten, übernatürliche Hilfswesen, raubt.

In Awakened Shadow trifft man auf viele bekannte Gesichter - ein Dutzend davon als aktive Gefährten.
 In diesem Moment betritt auch der neue, via Editor erstellte Protagonist die Bühne. Erwacht aus einem langen Tiefschlaf unter der Erde, weiß dieser nicht, wo und wer er ist. Fest steht nur, er ist der einzige, der nach wie vor die Macht besitzt, Schatten zu beschwören. Diese Macht ist sogar so groß, dass auch andere in seiner Nähe ihre verloren geglaubten Schatten wieder einsetzen können. Und so zieht man zusammen mit den Helden des Vorgängers los, um dem Verschwinden der Schatten und der Identität des Neulings auf die Spur zu kommen.

Was folgt ist eine ca. 30-stündige Expedition, bei der sich bis zu einem Dutzend Weggefährten anschließen, die auf acht Würfelwelten Ursachenforschung betreiben und natürlich einer verheerenden Bedrohung auf die Schliche kommen. Dabei trifft man auf viele vertraute Gesichter wie den tanzwütigen Marumaro, Piratenbraut Lady Zola, den hilfsbereiten Roboter Yasato oder gar den einstigen Antagonisten Nene. Vorkenntnisse sind zwar nicht vonnöten, geben den oft nur angerissenen Rückblicken auf Ereignisse des Originals aber mehr Gewicht sowie ein besseres Verständnis für die Beziehungen der Charaktere untereinander, auch wenn die wichtigsten Zusammenhänge nochmals rekapituliert werden - Querverweise zu Blue Dragon Plus gibt es hingegen kaum. So oder so ist die sowohl in Dialogen und Spielszenen als auch seltenen Rendersequenzen erzählte Handlung nicht gerade eine Stärke: Die Ereignisse sind oft vorhersehbar, der Spannungsbogen dadurch reichlich flach und die Figuren bleiben trotz gelegentlicher Sprachausgabe ungemein blass.

Dummheit im Schlepptau

Inszeniert wird der Plot durch zwanzig mehr oder wenig aufwändig erzählte Haupt- und Nebenquests, die durch das Ansprechen entsprechend markierter Figuren initiiert werden. Trotzdem kann man sich die meiste Zeit relativ frei bewegen, Dungeons erkunden, Monster plätten, Items sammeln und später per Mechat zu entfernten Würfelwelten reisen. Dabei steuert man allerdings immer nur den selbst erstellten Protagonisten; die bis zu zwei aktiven Begleiter übernimmt die KI.

Spielerisch wird teambasierte Hack'n'Slay-Kost serviert, eure autonom agierenden Begleiter sind aber leider nicht die Hellsten.
Eigentlich praktisch, aber leider verhalten sich die Gefährten alles andere als clever, haben Probleme mit der Wegfindung, verweigern dringende Zauberunterstützung und sind auch sonst meist keine große Hilfe. Zwar kann man ihnen verschiedene Schatten zuweisen, deren Fähigkeiten sie dann nutzen, aber welche das konkret sind, entscheiden sie selbst - grundlegende Ausrichtungen oder gar direkte Anweisungen kann man ihnen nämlich nicht geben. Vor allem auf den Heiler kann man sich fast nie verlassen: Negative Statusveränderungen muss man fast immer selbst kurieren.

Hinzu kommt, dass man während der Kämpfe keine Gegenstände wie Heiltränke oder Gegengifte verwenden kann und bei Auswahl und Einsatz magischer Fertigkeiten völlig schutz- und regungslos herum steht. Ansonsten kann man sich in Echtzeit bewegen, zuschlagen, blocken und ausweichen. Immerhin kann der Protagonist nicht nur Fähigkeiten seines aktuell angelegten Schattens benutzen, sondern die aller sechs auf einer persönlichen Skill-Palette platzieren, die stetig anwächst. Mit der Zeit lernt man auch neue Fertigkeiten, während sich vorhandene stufenweise verstärken. Die Charaktere selbst sammeln allerdings keine Erfahrungspunkte, nur deren ausgerüstete Schatten, welche gleichzeitig Einfluss auf die Charakterwerte ihres Trägers haben. Dadurch kann man seine Gruppe relativ frei zusammenstellen und lediglich deren Schatten der Situation entsprechend wechseln, wobei auch die einzelnen Figuren individuelle Stärken und Schwächen besitzen und mit bestimmten Schatten besser zurecht kommen als mit anderen. Zudem kann man im Spielverlauf diverse Embleme sammeln, mit denen man nicht nur ein persönliches Logo zusammenstellen, sondern auch spezielle Status- und Kampfboni erlangen kann.       

Sammelwahn mit Hindernissen

Viel Freiraum hat man auch bei der Ausrüstung seiner Party: Zwar kann außer dem Protagonisten jeder Charakter nur mit einer von insgesamt drei Waffengattungen umgehen, aber bis auf wenige persönlich maßgeschneiderte oder geschlechtsspezifische Ausrüstungsgegenstände kann man quasi tragen, was man will. Bei der eigenen Spielfigur, die man auch zum Frisör schicken kann, werden sämtliche Ausrüstungswechsel auch optisch dargestellt, bei den KI-Gefährten lediglich Waffenwechsel.

Simple Minispiele sowie Schalter- & Schiebe-Puzzles lockern das Geschehen gelegentlich auf.
Das Angebot ist jedenfalls sehr breit gefächert, da man viele Waffen und Rüstungen selbst herstellen, kombinieren und individuell verbessern kann. Neben konventionellen Angriffs- und Verteidigungswerten gibt es auch elementare Boni und Spezialeigenschaften, die sich steigern oder verändern lassen. Die Hatz nach seltenen Materialien für besonders verheerende Waffen oder besonders effektive Schutzausrüstung ist jedenfalls sehr motivierend - vor allem wenn man sich mit zwei weiteren Mitspielern via Drahtlos-Link oder Wi-Fi zusammentut.

Allerdings hat das Koop-Vergnügen zwei entscheidende Haken: Zum einen deckt der Mehrspielermodus nur bestimmte Bereiche ab und zum anderen kann man online nur mit bereits registrierten Freunden spielen. Das wäre weiter nicht tragisch, wenn es genügend Areale sowie eine Lobby mit Freund-Registrierungsmöglichkeit gäbe. Beides ist aber leider nicht der Fall. So muss man, wenn man keine anderen Blue Dragon-Spieler in seinem Freundeskreis hat, umständlich über den PC im Netz nach Gleichgesinnten suchen, Codes austauschen und sich verabreden, um dann lediglich eine Reihe von Bossfights bestreiten und gerade mal zwei Koop-taugliche Postgame-Dungeons unsicher machen zu können. Im Vergleich zu anderen Titeln wie der Crystal Chronicles -Reihe, Phantasy Star Zero oder auch Dragon Quest IX ein regelrechtes Armutszeugnis...

Viel zu tun

Für Solisten kann sich der Umfang hingegen sehen lassen und auch nach Spielende warten noch einige Herausforderungen und Sammelreize, die lang bei Laune halten. Manche davon sind nur mit Hilfe der unterbelichteten KI-Partner allerdings kaum oder gar nicht zu meistern. Hat man zwei Freunde zur Hand, mit denen man sich absprechen kann, sieht das schon wieder ganz anders aus. Ein eingespieltes Team hat es deutlich leichter, kassiert wesentlich bessere Belohnungen und kann untereinander auch Tauschgeschäfte durchführen.

Mit Hilfe der frei zuteilbaren Schatten kann man Magie wirken, die Ausführung im Kampf ist aufgrund vorübergehender Bewegungsunfähigkeit aber etwas heikel.
Löblich ist auch die Möglichkeit Awakened Shadow sowohl per Touchscreen als auch Tasten zu spielen. Auch die integrierte Kartenfunktion ist zum Teil recht hilfreich, bietet aber leider nur einen statischen Ausschnitt, der sich weder verschieben, drehen, noch zoomen lässt.

Das Leveldesign ist hingegen recht ansprechend: Die Dungeons sind angenehm groß und verschachtelt ohne einen jedoch völlig orientierungslos herum irren zu lassen. Hin und wieder gibt es auch auflockernde Minispiele und Puzzleeinlagen und auch die Bosskämpfe sind mitunter erfreulich fordernd. Unüberwindbare Hindernisse gibt es im Verlauf der Story aber keine. Die gelegentlichen Knobel- und Geschicklichkeitsaufgaben sind recht harmlos und jeder Kampf mit entsprechender Ausrüstung und Erfahrungsstufe der Schatten auch mit KI-Klötzen am Bein zu meistern. Zudem lohnt es sich auch an frühere Schauplätze zurückzukehren, da man mit der Zeit Fertigkeiten lernt, um wie im Original einstige Barrieren und Hindernisse zu passieren. Grafisch kann sich das Abenteuer durchaus sehen lassen, auch wenn die Bildrate nicht immer optimal ist. Akustisch geht es trotz einiger vertrauter Klänge eher unspektakulär zu: Die Kompositionen sind meist recht schlicht und wiederholungsanfällig, die Effekte von der Stange und die seltene Sprachausgabe ziemlich blechern und verrauscht.     

Fazit

Awakened Shadow präsentiert sich als handliches Hack'n'Slay, das zeitlich ein Jahr nach Blue Dragon Plus und zwei Jahre nach dem Original  spielt. In der bis zu 13-köpfigen Charakterriege befinden sich lauter vertraute Gesichter; nur der via Editor modifizierbare Protagonist ist neu und gleichzeitig auch der einzige direkt spielbare Charakter - von einer kurzen Schleichpassage mit Shu abgesehen. Das wäre weiter nicht tragisch, würden sich die bis zu zwei aktiven Mitstreiter klug verhalten oder wenigstens Anweisungen geben lassen. Doch die machen leider was sie wollen und das auch noch eher schlecht als recht. Gewöhnungsbedürftig ist auch, dass sich nur abseits der Kämpfe Items wie Schutz- und Heiltränke verwenden lassen und man während der Auswahl von Zaubern regungs- und schutzlos in der Gegend herumsteht. Auch die Story plätschert während des ca. 30-stündigen Abenteuers eher belanglos vor sich hin, während der kooperative Mehrspielermodus lediglich für spezielle Bosskampfarenen und zwei Postgame-Dungeons zur Verfügung steht. Per Wi-Fi darf man sogar nur mit registrierten Freunden in den Kampf ziehen; andere Mitspieler online zu suchen ist aber tabu. Dabei ist die teambasierte Jagd nach seltener Beute und der gemeinsame Kampf gegen übermächtige Gegner, die zusammen mit den KI-Trotteln kaum bezwingbar sind, eigentlich recht spannend und motivierend. Multiplayer-Fans kommen aber mit Crystal Chronicles , Dragon Quest IX oder Phantasy Star Zero einfach besser auf ihre Kosten und Solo-Abenteurer haben ohnehin genug hochwertigere Alternativen.

Pro

üppige Charakterriege
auflockernde Minispiele & Bossfights
motivierende Sammel- & Upgrade-Reize

Kontra

miese KI
maue Story
beschränkter Koop-Modus
Online-Partien nur mit Freunden möglich

Wertung

NDS

Teambasiertes Action-Rollenspiel für Jäger und Sammler, das vor allem unter KI-Schwächen und Multiplayer-Restriktionen leidet.

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