Der Beginn einer Faszination
Monaco zählte schon damals zu den anspruchsvollsten Strecken des Formel-Eins-Kalenders.
Der Motorsport und insbesondere Bernie Ecclestones Rennzirkus hat mich eigentlich nie besonders interessiert. Ich kann mich noch an Besuche bei meiner Oma erinnern, bei denen mein Vater vor dem Fernseher saß und ganz gespannt den Autos mit ihren spitzen Nasen dabei zusah, wie sie im Kreis fahren. Meine Güte, war das laaaaaaangweilig! Auch in meiner „Karriere“ als virtueller Rennfahrer ließ mich die Königsklasse lange kalt: Ja, es gab schon damals starke Simulationen wie Formula One Grand Prix von Geoffrey J. Crammond, aber ich war nie ein großer Fan von Vektorgrafik und drückte lieber in einem Lotus Esprit Turbo Challenge, Test Drive oder später auch Ridge Racer Revolution aufs Gaspedal.
Von der Formel Eins habe ich immer nur am Rand etwas mitbekommen – hauptsächlich durch negative Schlagzeilen wie den Tod von Ayrton Senna, der am 1. Mai 1994 in Imola verunglückte, nachdem es schon am Tag zuvor schreckliche Unfälle gab. Im gleichen Jahr wurde ein gewisser Michael Schumacher zum ersten Mal Weltmeister in seinem Benetton Ford – ein Name, der mir zu diesem Zeitpunkt noch nichts gesagt hat. Schumacher? Den kannte ich höchstens noch als Torwart des 1. FC Köln und der Fußball-Nationalmannschaft. Das sollte sich ein Jahr später ändern, als der Kerpener den Titel verteidigte und man von der zunehmenden Schumi-Mania regelrecht angesteckt wurde – Deutschland befand sich im Formel-Eins-Fieber, die harten Duelle mit Erzrivale Damon Hill waren extrem spannend! Sony und Psygnosis hätten also kaum einen besseren Zeitpunkt für die Veröffentlichung eines offiziellen Spiels wählen können, denn zusammen mit der wachsenden Euphorie für die Königsklasse des Motorsports stieg auch in mir das Verlangen, mich selbst in ein virtuelles Cockpit zu quetschen und Schumacher auch auf der PlayStation zum WM-Titel zu führen. Nicht zu vergessen, dass das Spiel zu einer Killer-App für Sonys erste Konsole avancierte: Der Titel war für mache Leute der Anschaffungsgrund für das Gerät!
Im Ziel angekommen
Damon Hill zählt auch im Spiel zu den besten Fahrern im Feld - und startete meist von der Pole Position, wenn man sie ihm nicht doch noch in der Qualifikation weg schnappte.
Am 13. September 1996 war es dann soweit: Für 109 DM landete Formel 1 als jüngstes Mitglied in meiner noch übersichtlichen PS-Spielesammlung – so sagt es mir zumindest der Kassenbon, den ich nach dem Auskramen der Verpackung zwischen den Seiten der Anleitung entdeckt habe. Schon beim stimmungsvollen Intro bekam ich damals Gänsehaut, obwohl es eigentlich nur aus einer Kamerafahrt um einen F1-Boliden, Paukenklängen und Gitarren-Riffs bestand. Als ich aber zum ersten Mal selbst im Rennwagen saß, wäre mir beim Herunterklappen der Kinnlade fast auch noch der Controller aus der Hand gefallen: Meine Güte, was sah das damals gut aus! Endlich keine klobigen Vektorkonstrukte mehr – stattdessen echte Gebäude, Tribünen und Original-Schriftzüge auf den unglaublich detailliert modellierten Autos oder der Bandenwerbung, wie man sie aus dem Fernsehen kannte. Selbst die Einblendungen der Positionen und Zeitabstände (Stichwort: Tag Heuer Official Timing) wurden originalgetreu aus den TV-Übertragungen ins Spiel übernommen. Die Kommentare von Rennfahrer Jochen Mass, damals noch statt Christian Danner im RTL-Einsatz, rundeten das „TV-Flair“ ab. Ich war total begeistert, selbst wenn die nervigen Gang-Ansagen und das redundante Geplapper rückblickend betrachtet ziemlich furchtbar waren. Die neuartige Erfahrung hat mich aber darüber hinweg sehen lassen, denn virtuelle Rennen mit Live-Kommentaren hatte ich bis dahin noch nicht erlebt!