Special: Bad Day L.A. (Action-Adventure)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Release:
24.08.2006
08.2006
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4Players: State of Emergency, Killer 7 - beide waren auf ihre Weise bizarr und alles andere als politisch korrekt. Brauchen wir auch mehr soziale Kritik in Spielen?

American McGee: Ja, definitiv! Eines meiner Ziele mit diesem Spiel ist es, Dialoge einzuleiten. Ich will auch junge Spieler erreichen, die evtl. gar nicht wissen, wie es in ihrem Land zugeht. Das Spiel kann hier als Medium für Botschaften oder Anregungen dienen. Die erste Reaktion wird vielleicht sein: Hey, das Spiel ist cool oder uncool. Aber die zweite könnte sein, dass man sich darüber aufregt, dass in diesem Spiel Amerika angegriffen wird - und genau hier könnte eine Diskussion starten: Darf man das zeigen? Warum wird das so dargestellt? Warum werden diese Bush-Zitate gewählt? Was denkst du über den Präsidenten? Und plötzlich unterhalten sich hunderte Spieler über Politik!

4Players: Die spanisch sprechenden Amerikaner forderten u.a., dass die Nationalhymne der USA auch in Spanisch gesungen werden sollte. Was halten Sie davon?

American McGee: In Kalifornien und Texas machen spanisch sprechende Menschen die Mehrheit der Bevölkerung aus. Derzeit wollen viele Menschen gegen die aktuelle Regierung protestieren. Aber ich denke, dass die Nationalhymne nur in der Sprache des Landes gesungen werden sollte. Bush hat kürzlich gesagt, dass unsere Landessprache Englisch ist. Und da muss ich ihm ausnahmsweise Recht geben.

4Players: Warum haben Sie sich für einen schwarzen Helden entschieden?

American McGee: In der amerikanischen Unterhaltungswelt sind schwarze Charaktere immer noch selten. Will Smith oder Denzel Washington sind Ausnahmen. Schwarze lösen eine gewisse Angst in der amerikanischen Gesellschaft aus. Deshalb wollte ich diesen Helden. Aber keinen Rambo, keinen muskelbepackten Riesen, sondern einen normalen Schwarzen, der in seiner Art ein bisschen an Ali G. erinnert.

Anthony Williams, der Held des Spiels, wurde an Figuren wie Ali G. angelehnt. Eigentlich ist er ein Egoist, der vor der Rettung einer Lady erstmal nach der Handynummer fragt...
4Players: In einigen Spielen wie F.E.A.R. , Project Zero oder Alice , das sie selbst entwickelt haben, soll das Auftauchen von Kindern verstören oder ängstigen. Welche Rolle spielt der kleine Junge in Bad Day L.A.?


American McGee: Er ist ein Nebencharakter mit Zombiefähigkeiten, der dem Spieler hilft. Es ging mir um das Verhältnis zwischen dem Helden, der keiner sein will, und dem ständig kotzenden Jungen, den er eigentlich loswerden will. Erst ist der Held ein Egoist, aber später ein durchaus sozialer Charakter, der den Jungen doch noch akzeptiert.

4Players: Es gibt George Romeros Horrorfilm-Remakes, Stephen Kings Roman Puls und ein Revival des Horrorgenres. Auch in Bad Day L.A. finden sich apokalyptische Tendenzen und Zombies. Folgt das Spiel einem Trend oder warum tauchen diese Themen derzeit auf?

American McGee: Romeros Kommentar dazu, warum er Zombies in seinen Filmen nutzte, war damals schon, dass sie für ihn die amerikanische Konsumkultur repräsentieren - sie sind alle besessen, alle in einer Einkaufsmeile auf etwas fixiert. Meine Zombies entstehen nach einem Terroranschlag auf die USA. Ich hatte das Gefühl, dass es nach dem 11. September plötzlich zig Zombies in Amerika gab, die in ihrer Hysterie wild mit Maßnahmen um sich schlugen.

4Players: Wird es in den USA aufgrund des Spiels einen Aufschrei geben? Wäre das auch ein Ziel für Sie?

American McGee: Mein Wunsch wäre es, dass es genau diesen Aufschrei gibt. Manchmal muss man provozieren, damit eine Diskussion in Gang kommt. Am liebsten würde ich mich in einer Talkshow mit Thompson oder Clinton zusammensetzen und darüber sprechen, warum ich genau dieses Spiel mache.

4Players: Es gibt Gewehre, Schrotflinten, Molotow-Cocktails und man kann theoretisch machen, was man möchte. Welche Konsequenzen hat es für den Spieler, wenn er bloß herumläuft und Leute tötet?

American McGee: Man wird das Spiel auf diese plumpe Art nicht meistern, man wird nicht vorankommen. Das Ziel ist es ja, Leute zu retten. Im Gegensatz zu anderen Spielen ist das eine Art Rescue-Survival-Horror.

4Players: Was halten Sie von Nintendos Philosophie, die Hardware-Spirale mit immer besserer Grafik zu verlassen und sich stattdessen auf innovativere, einfachere oder auch familientauglichere Spiele zu konzentrieren?

Die Mexikaner rollen mit Panzern durch LA! Mehr als 40 Minuten vorgerenderte Filme führen euch durch die Story. Zehn Stunden soll euch Bad Day L.A. beschäftigen.
American McGee:
Ich bin sehr neugierig auf diesen Ansatz. Und es ist großartig, dass Nintendo diese Hardware-Spirale verlässt. Vor allem freue ich mich auf den neuen Controller. Denn das bedeutet, dass wir neue Spiele entwickeln können. Nintendo spricht mich mit dem Wii auch als Casual-Gamer an und scheint den sozialen Aspekt des Spielens in den Vordergrund zu stellen - das finde ich gut.

4Players: Was denken Sie über die PlayStation 3 oder die Xbox 360?

American McGee: Die PS3 scheint technisch in Richtung Uber-Computer zu gehen. Und die Xbox 360 wird sich auf Hardcore-Gamer konzentrieren.

4Players: Viele Spiele lassen eine kreative Handschrift vermissen, eine Seele, die auf ihren Entwickler oder eine Vision schließen lässt. Brauchen wir mehr Persönlichkeiten wie Molyneux, Ancel oder Miyamoto?

American McGee: Ja, auf jeden Fall! Das wäre überaus wünschenswert.

4Players: Schön, endlich wieder eine Persönlichkeit mit Vision getroffen zu haben. Vielen Dank für das Interview.
      

Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
saxxon.de hat geschrieben: Meinst Du nicht vielleicht Michael Moore, oder steh ich auf dem Schlauch?
Oh verdammt! So was Blödes. Wie kann man Microsoft-Peter und Columbine-Michael verwechseln!? Arrrgh - sorry. Du hast natürlich Recht. Aber gestern wars verdammt heiß. Ich brauch Urlaub...
saxxon.de schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben: Vielleicht braucht diese Spielwelt mit ihren konservativen Szenarien, die einfach nur den geopolitischen Status quo zur Faszination erheben, endlich einen Peter Moore...
Meinst Du nicht vielleicht Michael Moore, oder steh ich auf dem Schlauch?
Akill schrieb am
Auch ich finde sehr interressant was McGee sagt. Ich würde gerne mehr politische Games sehen, die eine wirkliche Aussage haben. Die Spielerindustrie muss es auf Dauer schaffen auch Gehirnzellen fernab von taktischen Überlegungen anzusprechen. Das geschieht bisher selten (Fallout fand ich sehr gut in der Beziehung). Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, was bei dem Spiel raus kommt. Vorallem da ich die Kriegsverherrlichenden Allerweltsshooter absolut nichtmehr spielen kann.
Provokation um das Denken anzuregen ist jedenfalls immer ein gutes Mittel.
Methadonmann schrieb am
Schade, hätte mich - zur Vervollständigung des "Gesamtkonzepts" - schon auf eine Integration von Sex im Spiel gefreut. Aber das wäre wirtschaftlicher Selbstmord, und wahrscheinlich hätte Mr. McGee noch zig Morddrohungen von irgendwelchen überfrommen Christen in Amerika bekommen. Wird noch lange dauern, bis man in Amerika darüber offen diskutieren kann.
Alles in allem ein sehr interessantes Interview. Hoffentlich findet das Spiel die gesellschaftliche Resonanz, die sich der Entwickler wünscht.
schrieb am