Diablo 318.05.2012, Benjamin Schmädig
Diablo 3

Special: Viele Köche...

Diablo - ähnlich wie Sonys Walkman beschreibt der Name ein ganzes Genre. Diablo gehört zu den wenigen Serien, über die sich andere Spiele erst definieren können. Und mit einer Energie, die diesem Selbstverständnis zu entspringen scheint, bereitet das Pacific Symphony-Orchester gleich einen fulminanten Einstieg: "And The Heavens Shall Tremble" lässt die Erde unter den Füßen der Spielewelt erzittern! So könnten es sich die sieben Komponisten jedenfalls vorgestellt haben. Tatsächlich sind sie aber sechs Köche zu viel. Und ihr Brei ist verdorben.

Die Kraft des Einzelnen

"Verdorben" ist die Musik nur im übertragenen Sinne - von Grund auf schlecht ist sie nicht. Stimmungsvolle Bilder entstehen vor allem durch die Solisten: Eine Gitarre lehnt sich etwa an die Musik der Vorgänger an, eine Solostimme wandelt in uralten steinernen Hallen, eine Orgel beschreibt unheimliche Gotik.

In seinen besten Momenten entführt der Soundtrack in ein bodenständiges Fantasyreich. Denn während ihn das wiederkehrende Gitarrenspiel in einer vertrauten Wirklichkeit erdet, taucht der Chor in eine fantastische Anderswelt hinab. Immer wieder scheinen Chor und auch Orchester dabei den richtigen Ton zu verfehlen - ein cleveres Mittel, um finstere Gefahren in den tiefen Gewölben hervorzuheben. "Black Soulstone" und "A Tenuous Bond" zählen zu den Stücken, die mit ihrem leisen, manchmal schrägen Gesang ebenso Schönheit wie Bedrohung ausstrahlen.

Handwerk und Kunst

Manchmal klingt es aber auch seltsam esoterisch, wenn sich z.B. die an einen Western erinnernde Gitarre von "Tamoe Highlands" in einem starken Hall verliert. Dann wirkt selbst das vollständige Orchester blechern und leer - beinahe wie ein matter Synthesizer.

Doch es liegt nicht nur an der Nachbearbeitung, zum großen Teil ist es die Schuld der Komponisten selbst: Es ist geradezu enttäuschend, wie eintönig und austauschbar ihre Klänge das große Spiel begleiten. Und das wirft die Frage auf, warum ein halbes Dutzend Musiker kurze Segmente untermalen darf, wenn es doch meist einzelne Künstler sind, die

Als Grundlage der Besprechung dient der Soundtrack, wie er der Collector's Edition beiliegt. Einzeln ist die Musik derzeit noch nicht erhältlich.
"ihrem" Abenteuer einen markanten Stempel aufdrücken?

Diablo III fehlt ein starkes Thema - das einführende "And The Heavens Shall Tremble" ist einfach nur laut, Ohrwürmer gibt es nicht. Diablo III fehlen Melodien, die eine Geschichte erzählen, anstatt unbestimmte Atmosphären zu umschreiben. Und Diablo III fehlt auch eine kompositorische Klasse, die - überspitzt ausgedrückt - den geübten Handwerker vom Künstler unterscheidet. Soll in "Demon Hunter" oder "Leoric" Spannung entstehen, erheben sich Pauken, Chor und Streicher entweder gleichzeitig oder im Wechsel, bleibende Eindrücke entstehen in dem Allerlei aber nicht.

Es ist nicht schlecht. Es ist einfach nur erschreckend einfallslos und gewöhnlich, was die sieben Komponisten gemeinsam leisten. Wo einem einzelnen Cello in Journey dreißig Sekunden reichen, um seine Zuhörer mit Haut und Haaren gefangen zu nehmen, müht sich Diablo III mehr als eine Stunde lang vergeblich um Aufmerksamkeit. Die Musiker zitieren geläufige Klischees, doch ihrem Soundtrack fehlen Herz und Seele. Allein der routinierten Abwechslung und dem Einsatz der Solisten ist es zu verdanken, dass das vermeintlich große Spiel musikalisch nicht zur Hölle fährt.

Einschätzung: befriedigend

 
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