Das zähe Ringen um Gewinne
Hat man eine Schlacht überlebt, ist man überaus froh, aber dann muss man zum einen Glück haben mit der Beute. Manchmal bekommt man viel, manchmal sehr wenig. Und das kann fatal sein, denn man muss seine Söldner nicht nur heilen, dazu jeden Tag verpflegen und bezahlen, sondern im Idealfall auch mit weiteren Rüstungen und Waffen versorgen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die gebrauchte Ausrüstung abnutzt.
Nicht zu vergessen der teure Ersatz für Gefallene: Richtig schlagkräftige Veteranen kosten so viel Geld, dass man sich nur Bauern, Rattenfänger, Fischer oder Bettler leisten kann, die natürlich im Level aufsteigen müssen und mehr schlecht als recht kämpfen. Sobald man genug Erfahrung hat, kann man mehrere Werte steigern, darunter Nah- oder Fernkampf offensiv und defensiv, aber auch Lebenspunkte, die Ausdauer oder Standhaftigkeit. Hinzu kommt meist eine freischaltbare Fähigkeit ("Perk"), die sich von erhöhten Lebenspunkten oder besserer Lernfähigkeit sofort passiv oder aktiv auswirken kann. Zwar hat man hier viel Auswahl, aber bis man im Gelände wirklich spürt, dass jemand etwas gelernt hat, dauert es zu lange.
Bis man sich wirklich effiziente Waffen leisten kann, muss man viel Zeit investieren.
Das Wirtschaftssystem könnte der Balance helfen, aber zum einen ist der Handel nicht lukrativ genug: Zwar kann man Waren günstig ankaufen und weiter entfernt teurer verkaufen, aber der Ertrag ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und man findet zufällig auf der Weltkarte viel zu wenig bzw. kann seine Kasse oder Helden viel zu selten über die Erkundung aufbessern. Es hätte ja nicht gleich eine Sammel- und Abklapporgie sein müssen, aber so ein Hauch von
Heroes of Might & Magic hätte dem Spielerlebnis gut getan.
Zum anderen ist die Belohnung für Aufträge von Städten viel zu niedrig. Man kann zwar etwas feilschen, aber der Erlös kann die zu erwartenden Verluste gerade zu Beginn kaum auffangen. Blöd ist auch, dass man nur einen Auftrag aktiv verfolgen kann und so auf einer langen Reise nicht noch nebenbei etwas verdienen kann. Man hat also selbst nach gewonnenen Schlachten weniger die angenehme Qual der Wahl, was man entwickeln will wie in Darkest Dungeon, sondern fühlt sich ständig wie ein Bettler, der wieder von Auftrag zu Auftrag reisen muss.
Keine Basis, kaum strategische Entwicklung
Ich kann weder ein Hauptquartier ausbauen noch Landbesitz gewinnen – dieses ewige Wandern und Kämpfen ohne eigenen Fixpunkt ist ein Fluch dieser Art von zufallsgeneriertem Sandkasten. Es gibt auch keine motivierende Geschichte, keine epische Hauptquest, sondern lediglich kleine, teilweise sogar unterhaltsame Storyschnipsel, bevor die politische Situation im Finale auf drei Arten eskalieren kann, wobei sich die Auswirkungen für das Spielerlebnis leider in Grenzen halten - wenn man es denn überhaupt erreicht.
Es gibt zwar Zwischenfälle und interessante Begegnungen, aber erstens viel zu wenige und diese wirken sich zweitens kaum aus.
Auf dem schwierigen Weg dorthin vermisst man auf der Karte mehr Interaktion: Man kann Reisenden begegnen, manche schließen sich sogar an, und man wird schon mal in ein Gespräch mit Antwortwahl oder einen Zwist in der eigenen Truppe verwickelt, aber das geschieht viel zu selten und hat kaum Einfluss auf die eigene Beute oder die Kampagne in Form von weiteren Aufgaben.
Schade ist auch, dass man so wenig an angezeigten Orten wirklich anklicken und erkunden kann, oder dass es so wenig wirklich spannende Zwischenfälle oder Entdeckungen gibt, die mich vor die Wahl und eine Belohnung in Aussicht stellen - die Ereignisse auf der Weltkarte fühlen sich an wie ein oberflächlich designtes Gerüst. Das ist kein Vergleich zu den interaktiven Szenen und Dialogen in z.B.
The Banner Saga, die auch das Kampagnenflair über interessante Rollenspielsituationen vertiefen konnten.
So beobachtet man meist wie das eigene Wappen in Echtzeit über die Karte zieht, kann das Tempo dabei um eine Stufe erhöhen, kann ab und zu Banditen, andere Söldner oder Karawanen sehen, aber wird nicht ermuntert, sich eingehender mit den Orten zu beschäftigen. Schön ist zwar, dass diese z.B. dynamisch überfallen oder geplündert werden, aber hat man gerade einen anderen Auftrag, lohnt es sich nicht, diesen dafür zu unterbrechen. Statt Erkundungsdichte entsteht eine Distanz. Immerhin kann man übergeordnete Ziele für die eigene Söldnertruppe verfolgen, die in Etappen zur Wahl stehen: Dann kann man sich z.B. entscheiden, ob man auf eine Stärke von zwölf Mann hin arbeitet, sich lieber ein eigenes Banner für 2000 Gold anschaffen oder alle Festungen der Welt bereisen will.
Aber abgesehen davon macht man letztlich immer dasselbe: Banditen oder Monster töten, Händler bzw. Waren abliefern. Warum hat man gerade als Söldnertruppe nicht die Möglichkeit, wirklich skrupellos zu spielen und diese Orte oder Karawanen selbst zu plündern? Man verliert lediglich Ansehen in den Orten, wenn man einmal angenommene Aufträge wieder auflöst. Auf dem Weg ins Finale motiviert auch lediglich in den ersten Stunden, dass es adlige Fraktionen gibt, die man freundlich stimmen kann, indem man für sie Aufträge erledigt. Aber auch hier wird auf lange Sicht viel diplomatisches und wirtschaftliches Potenzial verschenkt, denn selbst wenn ich die höchste Anerkennung in einer Stadt erreiche, sind z.B. die Preisnachlässe für Waren, Ausrüstung oder Söldner nicht der Rede wert. Außerdem ergeben sich keine nennenswerten militärischen oder strategischen Vorteile für mich.