Im Test: Wenn Spielrealität nervt
Eine Hommage mit Absturzgefahr
Was ist das für ein Mist? Ich befinde mich gerade im blauen faschistoiden Kalifornien und hätte nur noch ein Rätsel lösen müssen, um ins rote futuristische Kalifornien zu gelangen, da stürze ich in eine Sackgasse. Nein, kein klassischer Absturz auf den Desktop, sondern ein Fall durch das komplette Levelgerüst von Californium. Das ist manchmal so durchlässig wie ein Schweizer Käse. Es stinkt nur viel schlimmer, wenn man darin auch noch wie blöde umherirrt und keinen Weg mehr herausfindet.
Rätsel öffnen alternative Realitäten
Aber was für Elvin ein Scheißjahr ist, wird für den Spieler leider auch ein Scheißspiel. Denn um in eine andere Realität zu wechseln, muss er immer dieselbe monotone Wimmelbildsuche starten: In einem Fernseher flimmert eine Zahl. Die gibt an, wie oft er irgendwo in der Nähe ein leuchtendes Symbol finden und anklicken muss. Mal ist das offensichtlich, mal verrät ein Flackern oder Ton die Position, mal muss man seinen Standpunkt im Raum oder der Höhe ändern, um es zu erkennen. Und manchmal zickt dieses System so zweideutig herum, dass man sich ständig hin und her bewegt: Ist das Flackern jetzt ein Bug oder ein Feature?
Wimmelbildsuche ohne Abenteuer
Hat man endlich den erlösenden Klick auf das Symbol gemacht, wabert an dieser Position eine andere Wirklichkeit wie eine Blase auf. Das macht man so in seinem Apartment, auf der Straße, im Diner, im Büro etc. Findet Elvin alle Fernseher und Symbole, wechselt die bis dahin spoardisch wabernde Kulisse komplett – z.B. vom freien Hippie-Kalifornien des Einstiegs ins blaue Überwachungskalifornien, wo gegen Linke, Homos und Schwarze gehetzt wird. Und ja, hier wechseln
Außerdem hatte ich keine Lust mehr, weil ich als Freund von Philip K. Dick viel lieber wie in den Romanen in diese Realitäten abgetaucht wäre, anstatt sie nur oberflächlich zu durchklicken. Auch wenn der Erzähler zumindest mit seinen zynischen Kommentaren sowie Zitaten aus dem Fundus der Literatur einen Hauch von surrealer Science-Fiction versprüht, entsteht viel zu schnell ein Graben zwischen der Erzählebene und dem Spielerlebnis. Sprich: Man latscht durch eine sehr kleine und sehr sterile Welt, in der einem hässliche Pappfiguren Monologe halten, sobald man in ihre Nähe kommt – es gibt keinerlei Dialog mit ihnen, keinerlei Entscheidungen, keinerlei emotionale Anbindung.
Fazit
Tolles Thema, schlechtes Spiel. Californium hat mich als Freund von Storytelling-Experimenten und Philip K. Dick nur in der ersten halben Stunde zumindest neugierig gemacht. Was danach folgte war zunächst schleichende, dann die totale Ernüchterung. Ich kann nicht abtauchen in diese „Hommage“, sondern erlebe einen Bruch zwischen primitiver Symbolsuche in Egosicht sowie eingestreuten Zitaten und Kommentaren aus dem Fundus des Science-Fiction-Meisters. Die mögen zwar in einem Buch zum Nachdenken anregen, aber hier wirken sie wie Fremdkörper in einem weitgehend sterilen und technisch unfertigen Spiel, das irgendwann nur noch nervt. Das liegt nicht am inkonsequenten Artdesign, das seine ansehnlichen Kulissen mit statischen Pappfiguren verschandelt, sondern an der monotonen Wimmelbild-Mechanik in einem sehr kleinen Areal und üblen Grafikfehlern, die einen schon mal durch Wände stürzen und neustarten lassen, damit man die fast vollendete Suche nochmal beginnen darf. Kann sein, dass diese Fehler in der ersten Episode in den folgenden nicht mehr auftauchen und sie vielschichtiger unterhalten. Aber bei aller Liebe zu Romanen wie „Eine andere Welt“ & Co: Auf so eine Spielrealität kann ich verzichten.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Bei aller Liebe zu Philip K. Dick: Auf so eine Spielrealität kann ich verzichten.
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