Die Beschränkung auf Innenlevels wirkt sich natürlich auch auf das Spielprinzip aus: Ihr habt jetzt mehr, dafür weniger intensive Kämpfe gegen kleine Gegner-Grüppchen - für Waffen wie die saucoole Armbrust gibt's quasi kein Betätigungsfeld, dafür gibt es umso mehr Lüftungsschacht-Gekrauche. Die Gravity Gun ist anfangs euer bester Freund und wird schon nach zehn Spielminuten
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Der suizidgefährdete Zombine ist der einzige neue Gegner. |
genauso aufgemotzt wie in HL2 erst kurz vor dem Ende - anfangs seid ihr eine ziemlich lange Zeit unbewaffnet und müsst euch mit allerlei geworfenen Dingen verteidigen, erst später kommen die gewohnten Waffen ins Spiel – und das berühmte Brecheisen hat erst kurz vor Schluss seinen Auftritt. Die euch entgegen wankenden und –schwirrenden Feinde wurden komplett aus dem Vorgänger übernommen, lediglich ein Neuling findet sich im Feindesland: der Combine-Zombie, von Alyx scherzhaft Zombine genannt. Außerdem bekommt ihr jetzt die passiven Stalker, die in HL 2 nur aus der Entfernung zu begutachten waren, etwas näher zu sehen. Und nicht zuletzt sind auch die bekannten Nebenfiguren wieder dabei: Barney, Dr. Kleiner, Eli Vance oder Dr. Breen feiern mehr oder weniger große Cameo-Auftritte.
Sprich mit mir! |
Brillante Lichteffekte sind ein Markenzeichen der aufgemotzten Source-Engine. |
HL 2 ist nach wie vor eines der best aussehendsten Spiele am PC – und Episode 1 führt die Tradition gekonnt fort! Die ohnehin beeindruckende Source-Engine wurde nochmals aufgebohrt und präsentiert einige der coolsten Effekte im 3D-Bereich: fortgeschrittene Licht- und Überblendeffekte via HDRR, sofern die Hardware das unterstützt, erstrahlen gerade die wenigen Außenabschnitte in einem fantastischen Licht. Coole lokale Unschärfen erzeugen ebenso eine beeindruckende Illusion von Realitätsverzerrung wie die völlig großartigen Blubber- und Wabereffekte. Außerdem ist das Spiel animationstechnisch immer noch ungeschlagen – gerade Alyx' Mimik und Gestik, jetzt von höher aufgelösten Texturen schärfer in Szene gesetzt, wird eigentlich nur von der Techdemo
Heavy Rain: The Casting geschlagen. Im Shooter-Bereich gibt es zu diesen ausdrucksstarken Gesichtern bislang keine Konkurrenz! Natürlich hat das Ganze wie gewohnt seinen Preis: gerade beim RAM solltet ihr nicht sparen, denn die kohärente Welt hat keine logischen Sprünge, von daher wird oft und lange nachgeladen – zwei Gigabyte sollten es für bequemes Spielen schon sein, mit der Hälfte solltet ihr einige Wartezeiten in die Spielzeit einrechnen. Der Rest der Kulisse ist unverändert, auch wenn die Architektur nicht mehr so beeindruckend ist wie gehabt – es gibt halt weniger zu sehen. Doch Tonnen geskripteter Ereignisse erzeugen eine glaubwürdige Welt, die nur von den üblichen Kleinigkeiten wie den ruckelig animierten Flammen etwas getrübt wird.Akustisch liefert Episode 1 ein mindestens ebenso umwerfendes Erlebnis wie optisch: In beeindruckend klarem Surround-Sound zischen Kugeln an euren Ohren vorbei, kreischen Zombies, tosen Strider und ertönen Lautsprecherdurchsagen. Wie gehabt bekommt ihr zusätzlich die meiste Zeit Atmosphärensounds zu hören, die die Stimmung des Levels unterstreichen. Nur in wichtigen Momenten setzt richtige Musik ein, jetzt weniger
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Aaah - Frischluft! Nur ein sehr kleiner Teil von Episode 1 spielt unter freiem Himmel. |
breakbeatlastig wie noch beim Vorgänger, sondern mehr in Richtung gitarrenschwangerer Rockklänge, die teilweise wie live eingespielt klingen – sehr cool! Eines der genialsten Features ist der optionale Audiokommentar der Entwickler, der schon bei Lost Coast zum Tragen kam: Aktiviert ihr überall verstreute Icons, bekommt ihr jede Menge Informationen über das Design der Levels und der Figuren, die Inspirationen der Entwickler und einen Haufen nebensächlichen, aber witzigen Kram zu hören – der allerdings vielen Szenen das dramatische oder überraschende Element vorwegnimmt, so dass der Audiokommentar idealerweise erst beim zweiten Durchspielen aktiviert werden sollte. Es kommen diverse Entwickler zu Wort, allerdings klingen die teils etwas steif – ganz offensichtlich wurden die Kommentare abgelesen und nicht frei gesprochen. Aber auch ohne die Kommentare wird verdammt viel gelabert – wie üblich von allen außer Gordon, der nicht eine Silbe von sich gibt. Coole Sprüche, traurige Sprüche, selbstironisches Gebrabbel, wichtige Ansagen, alberne Kommentare, dramatische Reden – das ganze Debattierspektrum wird abgedeckt. Allerdings solltet ihr euch wirklich einen Gefallen tun und das Game wieder auf Englisch spielen, was dank einfacher Steam-Umstellung ein Klacks ist – die deutsche Synchronisation ging genau wie beim Vorgänger gründlich in die Hose.