Die Spürnasen unter den Spielern haben so einen zusätzlichen Anreiz, während die Taktiktüftler sich auf die stark erweiterten Möglichkeiten in den Gefechten freuen dürften. Ein Blick zurück: Über die Option, elementare Einflüsse in der Umgebung mit Zaubern zu erweitern, so dass sie zu neuen Kombinations-Ergebnissen mit verheerenden Folgen zu führen, waren schon in Original Sin kaum Grenzen in den mitunter harten Auseinandersetzungen gesetzt. Und jetzt darf man sich auf noch mehr Kombinationen freuen, um die Gegner einzufrieren, unter Strom zu setzen, einzuäschern und vieles mehr. Aber Vorsicht: Natürlich sind auch die Mitstreiter nicht vor den Auswirkungen dieser Elemente gefeit. Und selbstredend nutzen auch die Gegner in den hinsichtlich der Aktionspunkte überarbeiteten Rundengefechte die Umgebung zu ihrem Vorteil. Dazu zählen auch die neuen Mechaniken der Höhenunterschiede, so dass es unter Umständen Sinn ergibt, ein paar Aktionspunkte zu opfern um einerseits eine höhere Reichweite zu haben, während man andererseits ein schwerer zu treffendes Ziel abgibt. Oder auch das neue Rüstungssystem, das zwischen physischem und magischem Schaden unterscheidet, entsprechend erst "abgearbeitet" werden muss , bevor man Schaden zufügt bzw. nimmt und so
Wie soll man bloß an die Truhe kommen? Es gibt in Original Sin 2 viel zu entdecken und noch mehr Möglichkeiten, zu experimentieren.
den Gefechten eine weitere Note hinzufügt. Mit hunderten neuer Fähigkeiten, Schriftrollen oder Zaubern werden die spannenden sowie auf Sichtlinien setzenden Auseinandersetzungen zusätzlich erweitert. Natürlich muss sich angesichts der potenziellen Quantität die Qualität im Detail ebenso beweisen wie die Freiheit der Figurenentwicklung, die erzählerischen Spannungsbögen oder die Option, von den Sourcerer-Fähigkeiten im Kampf Gebrauch zu machen. In den etwa zwei Stunden, die wir bislang spielen konnten, ist das Potenzial aber von Beginn an spürbar. Die Atmosphäre wird übrigens auch wieder vom sehr effektiv eingesetzten Soundtrack aufgebaut, der neuerdings von Borislav Slavov (u.a. Crysis 2 & 3, Two Worlds 2) stammt, nachdem der bisherige Komponist Kirill Pokrovsky leider verstarb. Dabei setzt man nicht nur auf sich dynamisch anpassende Melodien, sondern auch auf Akzente, die von den gespielten Charakteren abhängen: Jede Figur wird mit einem bestimmten Instrument assoziiert und wer den entscheidenden Hieb im Kampf setzt, wird im Tusch mit seinem speziellen Klangwerkzeug gewürdigt - eine nette Idee.
Kleinigkeiten?
In den Runden-Kämpfen hat man mehr Optionen zur Verfügung, um seine Gegner mit elemantaren Kombinationen zu malträtieren.
Unter dem Strich gibt es kaum einen Stein innerhalb der Inhalte oder Mechaniken, der nicht umgedreht wurde – ohne dabei die Statik des bewährten Fundaments aus dem Vorgänger ins Wanken zu bringen. Man hat größtmögliche Freiheit, um einerseits seine Aufgaben zu erfüllen, andererseits, die für düstere Fantasy immer noch etwas zu bunte, aber dessen ungeachtet sehr ansehnliche Welt nach eigenem Gutdünken zu erforschen. Man kann mit allen NPCs sprechen sowie mit jeder freundlich gesonnenen Figur handeln. Und natürlich kann man auch seiner böse Seite frönen: Man kann alle NPCs töten, muss dann aber mit Konsequenzen wie fehlenden Questgebern und feindlich gesonnenen Wachen rechnen. Die treten übrigens auch auf den Plan, wenn man beim Taschendiebstahl oder Einbruch erwischt wird. Larian gibt dem Spieler vom Gegenstands- und Zaubercrafting bis hin zu physikalisch manipulierbaren Objekten in der Welt unzählige Optionen in die Hand, die einem zig Wege zum Ziel öffnen. Feuerbälle statt eines Schlüssels, um eine Tür zu öffnen? Kein Problem. Und wenn die Truhe, die man entdeckt hat, partout nicht zu erreichen ist, kann man einen Teleportationszauber zweckentfremden.
Auch aus der Nähe ist das Design von Figuren und Gegnern ansehnlich.
Wie in der Enhanced Edition wird es vier Schwierigkeitsgrade geben, von denen in der Early-Access-Version nur der klassische sowie der Explorationsmodus enthalten sein werden, wobei sich Letzterer an diejenigen richtet, die vor allem die Story erleben und die Welt entdecken wollen. In der finalen Version werden die Varianten für Taktiker (noch schwerere Kämpfe) sowie für die Hartgesottenen ergänzt, die glauben, dass sie unbesiegbar sind: Im "Honour-Modus" gibt es nur einen Spielstand, der gelöscht wird, falls man stirbt. Neu wiederum ist die Möglichkeit, mit bis zu vier Spielern die Story zu erleben, wobei je nach Figur und ggf. Ursprungsstory auch Konflikte bei der Questbewältigung entstehen können: Falls sich ein Spieler dazu entscheidet, den Auftraggeber eines anderen zu töten, sind Spannungen innerhalb der Gruppe vorprogrammiert. Dass dies jedoch überhaupt möglich ist, finde ich bemerkenswert und ist ein Zeichen dafür, dass sich Larian hinsichtlich des „Rollenspiels“ sehr ernst nimmt. Und die eventuell entstandenen Zwistigkeiten können im ebenfalls frischen Arena-Modus beseitigt werden. Hier werden zum Release Divinity-Varianten von Deathmatch, Capture the Flag und King of the Hill zur Verfügung stehen, in denen man auch mit Teams antreten kann. Die Duelle sind auf kurze Spielzeiten von etwa 20 Minuten ausgelegt und ausgehend von dem Gelächter und der Schadenfreude, die die zwei Gefechte mit dem Lead Designer prägten, scheint Larian auch hier auf einem interessanten Weg - auch wenn die PvP-Kämpfe natürlich nicht die vollwertige Kampagne ersetzen, aber erstaunlich effektiv ergänzen können.