Meister der (Spiele-)Küche
Fällt der Name Paul Bocuse, denkt man automatisch an erstklassige Küche, an vollmundige Speisen, an einen Chefkoch, der mit seiner Art, Gerichte zuzubereiten und zu präsentieren, eine ganze Generation beeinflusst hat - darunter sehr viele Nachahmer.
Allerdings hat Bocuse mittlerweile seinen Zenit überschritten. Vor allem im englischsprachigen Raum haben es Köche wie Jamie Oliver, Anthony Worrall Thompson oder Anthony Bourdain geschafft, zu Küchenstars zu werden. Doch keiner konnte es schaffen, Bocuse in Vergessenheit geraten zu lassen.
In der Spielewelt gibt es ein ähnliches Phänomen: 1996 startet Blizzard mit dem Spiel Diablo eine neue Franchise und definiert mit dem 2000 erscheinenden Nachfolger ein ganzes Genre. Diablo 2 hat nicht nur dafür gesorgt, dass Blizzard weit vor World of WarCraft für alle Ewigkeiten in die Videospiel-Annalen einging. Die Teufelsaustreibung hat wie kein anderes Spiel den Begriff "Hack&Slay" geprägt. Bis heute müssen sich alle an diesem Geniestreich messen lassen. Titan Quest, Sacred, Dungeon Siege: Viele haben es versucht und teils überzeugende Ergebnisse abgeliefert - und dennoch: Keinem ist es bislang gelungen, sich als DIE Ablösung für Diablo 2 zu etablieren.
Aber es kann doch nicht sein, dass eine zehn Jahre alte Spieleserie immer noch als Maßstab für alles gilt, was mit actionreichem Monsterplätten und leichten Rollenspiel-Einschlägen zu tun hat...
Vom Radsport zum Hack&Slay?
Cyanide? Das sind doch die Jungs vom Radsport Manager, oder etwa nicht? Und die versuchen sich jetzt an einem waschechten Hack&Slay? Und wollen tatsächlich für neue Impulse sorgen? Ich gebe zu: Als ich hörte, welches Team hinter dem Mythen verwebenden Hack&Slay steckt, war ich sehr skeptisch. Doch je mehr ich über Loki erfahren habe und je mehr ich mir davon ansehen konnte, desto stärker wich die Skepsis einer gewaltigen Vorfreude.
Das ist jedoch weniger den Innovationen im spielerischen Kern zuzuschreiben. Hier bleibt auch Loki "nur" ein weiteres Hack&Slay, das mit einfacher Steuerung, einem Haufen an Spezialfähigkeiten, der Jagd nach immer besseren Gegenständen sowie Unmengen an Gegnern den Grundstein für die Motivation legt - das Diablo-Prinzip sozusagen.
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Dieser niedliche Arachnid gehört zu den kleineren (!) Gegnern im knallharten Loki-Universum! |
In vielen Bereichen geht das Action-Rollenspiel jedoch andere Wege. Vielleicht nicht gerade neue, aber dennoch angenehm andere. Nehmen wir z.B. die Story: Mythologische Einschläge kennt man spätestens seit Titan Quest. Loki geht allerdings einige Schritte weiter: Satte vier mythologische Grundthemen (griechisch, ägyptisch, aztekisch, nordisch) werden miteinander verknüpft und spiegeln sich in den vier spielbaren Charakteren sowie den Settings der insgesamt weit über 150 Abschnitte wider, die mit Ausnahme der Bosskampf-Areale zufällig generiert werden. Mit einer durchschnittlichen Zeit von 15 bis 20 Minuten pro Abschnitt sowie drei Schwierigkeitsgraden, die jeweils neue Wendungen der Geschichte um einen Mythos-umspannenden Göttermord verraten, wird der Grundstein für ein lang andauerndes Monstermetzel-Vergnügen gelegt. Ich jedenfalls freue mich schon darauf herauszufinden, wieso der für Chaos und Verderben verantwortliche ägyptische Gott Seth wieder erweckt wurde. Und warum er sich in seinem all umfassenden Hass aufmacht, nicht nur die ägyptischen Götter zu töten, sondern auch den Herrschern anderer Mythologien bis hin zum mächtigen Odin nach dem Leben trachtet. Denn nach dem zwar schönen, aber knallbunten Titan Quest und dem eher seelenlosen Dungeon Siege 2 dürste ich nach erwachsener, blutiger und nennen wir es beim Namen: brutaler Unterhaltung. Und die scheine ich mit Loki zu bekommen.
Es bleibt allerdings zu hoffen, dass es nicht nur beim eindrucksvollen Intro bleibt und es wie in Diablo gerenderte Sequenzen an wesentlichen Punkten geben wird, um die Dramatik voranzutreiben. Doch selbst ohne stimmungsvolle Videos wird die Soundkulisse für Vergnügen sorgen - allen voran die saubere deutsche Sprachausgabe, für die namhafte Synchronsprecher ins Studio gezerrt wurden, so z.B. die Stimmen, die Angelina Jolie oder John Cleese ein deutsches Profil geben.
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In Loki geht es heiß her: Wenn Waffengewalt nicht mehr ausreicht, werden gewaltige Mächte beschworen! |
Komfort & Kiosk
Das Fundament scheint zu stimmen. Doch wie sieht es mit dem Oberbau aus? Hier sticht vor allem die Benutzerführung heraus, die insbesondere im Umgang mit Gegenständen, Waffen und Rüstungen einen bislang im Genre unbekannten Komfort ermöglichen soll.
Das Geheimnis steckt im Detail: Öffnet ihr euren Rucksack, gibt es dort nicht mehr die allseits bekannten Kästchen, die von mal mehr, mal weniger großen Gegenständen gefüllt werden. Stattdessen findet ihr eine nach Waffentyp sortierte und aufklappbare Liste vor. Doch damit nicht genug: Sammelt ihr eine neue Waffe ein wird diese im Inventar durch ein Ausrufezeichen markiert. Die Maus kurz drüber und schon bekommt ihr alle Details sowie den Vergleich mit eurem gegenwärtig ausgerüsteten Metzelwerkzeug angezeigt. Wollt ihr die Waffe nicht tauschen oder habt ihr auf Grund von Klassenbeschränkungen keine Verwendung, kann das Objekt (gilt natürlich auch für Rüstungen und sonstige Gegenstände) per Rechtsklick in den so genannten "Kiosk" verschoben werden. Dieser wiederum kann bei einem der zahlreichen Händler mit nur einem Mausklick geleert werden. Somit dürfte unübersichtliches Inventar-Gefitzel, das beispielsweise Titan Quest mit zunehmender Spieldauer immer mehr der anfangs hohen Motivation wegriss, der Vergangenheit angehören. Platzbeschränkungen gibt es jedoch nach wie vor: Anfänglich können z.B. maximal zehn Waffen -ganz gleich welchen Typs- mitgetragen werden.