Moto GP 1516.07.2015, Michael Krosta

Im Test: Und jährlich grüßt das Motorradtier

Neue Saison, neues Spiel: Wie gewohnt, schickt nicht nur Codemasters ein jährliches Update seiner Formel-Eins-Spiele ins Rennen, sondern auch die Zweirad-Fraktion mit Moto GP 15 (ab 44,90€ bei kaufen). Beim jüngsten Teil dürfte die Frage allerdings etwas lauter werden, ob es nicht auch eine DLC-Veröffentlichung getan hätte...

Copy & Paste

Hier, schaut mal: Das ist mein Test zu Moto GP 14, der vor etwa einem Jahr erschien. Und mit dem Schreiben dieses kleinen Hinweises habe ich gefühlt schon mehr Arbeit investiert, als es Milestone bei der Entwicklung des Nachfolgers getan hat. Die Italiener sind ja bekannt dafür, dass sie bei ihren jährlichen Serien die Inhalte gerne durch den Recyclingwolf drehen. Bei Moto GP 15 scheint man sich selbst zu übertreffen und das Ganze nimmt langsam Züge der Legacy-Editionen bei FIFA an, mit denen EA seit Jahren (aber mittlerweile immerhin mit Kennzeichnung) die Spieler über den Tisch zieht.

Mal abgesehen davon, dass sich die technischen Fortschritte in Grenzen halten und der Titel rund um die prestigeträchtige Zweirad-WM auch an der PS4 immer noch mehr wie ein PS3-Spiel ausschaut: Da werden Kommentare des laschen Moderators genauso dreist 1:1 aus dem Vorgänger übernommen wie die Intro-Filmchen vor jedem Rennen. Mit exakt der gleichen Musik. Dem identischen Schnitt. Und auch hinsichtlich der Fahrphysik könnten beide Titel Zwillinge sein. Wobei zumindest das tatsächlich etwas Gutes ist: Bereits im letzten Jahr konnte die Simulation in erster Linie auf dem virtuellen Sattel überzeugen und lieferte Zweirad-Fans den gewünschten Anspruch, ließ mit Hilfen und mehreren Stufen des Fahrmodells aber auch Anfänger die PS-Monster erfolgreich zähmen. Zur Not bleibt immer noch die optionale Rückspulfunktion, die hier jedoch auf maximal sechs Einsätze pro Rennen beschränkt

Wie an der Perlenschnur: Die KI verlässt die Ideallinie nur selten und ignoriert den Spieler weiterhin.
bleibt. Um den Zugang noch etwas zu erleichtern, hat man dem Spiel außerdem einen weiteren Schwierigkeitsgrad für die KI-Piloten spendiert, die sich leider immer noch herzlich wenig um den Spieler kümmern und meist stur sowie ohne Rücksicht auf Verluste ihrer Ideallinie folgen.

Bekanntes Aufgebot

Hinsichtlich der Modi erlebt man ebenfalls weitgehend ein Déjà-vu: Neben dem schnellen Zufallsrennen gibt es wieder Einzel-Events nach Wahl, Zeitfahren, komplette Meisterschaften der Moto3-, Moto2- und MotoGP-Klassen. Hinzu kommen kleine Herausforderungen basierend auf realen und fiktiven Ereignissen sowie die klassische Karriere, in der man als Wildcard-Fahrer beginnt, sich langsam nach oben arbeitet und den fahrbaren Untersatz mit dem Gewinn von „Datenpaketen“ hinsichtlich Bremsen, Federung, Chassis und Motor verbessert. Neuerdings bekommt man auch die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Sponsoren ein Privat-Team aufzubauen, bei dem man (vorgefertigte) Logos und Teamfarben / Lackierungen anpassen darf, aber zusätzlich das Equipment auch selbst finanzieren muss. Das dafür nötige Kleingeld erhält man durch eine neue spielinterne Währung, die neben Erfahrungspunkten nach jedem Karriere-Rennen als Prämie ausgeschüttet wird. Als Alternative ist das eigene Team ganz nett, doch unterscheidet sie sich zu wenig vom gewohnten Leben als Vertragsfahrer und der wirtschaftliche Faktor spielt kaum eine Rolle.

Fahrer und Maschinen sehen gut aus. Die kargen Kulissen weniger.
Hinzu kommt, dass die Präsentation weiterhin miserabel ist: Der Wohnwagen als Menüstruktur innerhalb der Karriere sah schon bei seinem ersten Auftauchen in den Codemasters-Rennspielen vor vielen Jahren besser aus als hier. Und auch bei den Jubelszenen im Parc-Fermé oder der Box können die hölzern animierten, detailarm gestalteten Fahrer nur ein müdes Gähnen entlocken, während der Moderator immer wieder mit den gleichen Sprüchen langweilt. Lustig ist in diesem Zusammenhang, dass Milestone die Geschichte mit der Geschlechtertrennung immer noch höchst halbherzig handhabt: Zwar kann man sich beim Anlegen seines Profils anhand der gebotenen Bilder auch für weibliche Vorlagen entscheiden, doch zum einen bleibt der Körperbau des hässlichen Polygonmodells unverändert und zum anderen wird man vom Sprecher weiterhin mit maskulinen Pronomen bedacht.

Saison 2014 inklusive

Sowohl die Saison 2015 als auch die letztjährigen Konstellationen sind enthalten.
Genau wie Codemasters beim jüngst erschienenen F1 2015 liefert packt auch Milestone die komplette Saison des Vorjahres mit auf die Disk – und das nicht nur für die Moto GP, sondern auch die beiden niedrigeren Klassen. Darüber hinaus findet man zusätzliche Veranstaltung rund um die Zweitakt-Champions, die an die Classic-Inhalte aus F1 2013 in abgespeckter Form erinnern. Und obwohl ich eigentlich kein Fan davon bin, wenn Modi gestrichen werden, kann man Milestone in diesem Fall ausnahmsweise dankbar sein, dass man die unsäglichen Fahrten im Safety-Car mittlerweile wieder entfernt hat.

Im Mehrspielerbereich bleibt alles beim Alten: Neben lokalen Rennen am geteilten Bildschirm stehen online sowohl Einzelläufe als auch Sprint Seasons sowie komplette Meisterschaften und der Kampf um die besten Sektorenzeiten zur Wahl, wobei die Lobbys Platz für bis zu zwölf Fahrer bieten und in einem Server-Browser angezeigt werden. Bei Splitscreen-Rennen füllt die KI das Starterfeld auf magere sechs Piloten, in Online-Duellen darf man selbst entscheiden, ob man die Aufstellung um die Computerintelligenz ergänzen möchte. In unseren Testläufen gab es zwar vereinzelte Lags, doch hinterließ der Netzcode insgesamt einen soliden Eindruck.

Fazit

Es reicht! Mir hängt diese Copy&Paste-Mentalität von Milestone mittlerweile zum Hals raus! Abgesehen von der angestaubten Präsentation und Technik ist es nicht länger hinnehmbar, wie dreist die Italiener auf die Recycling-Maschine setzen: Moto GP 15 ist im Prinzip das gleiche Spiel wie aus dem letzten Jahr mit aktualisierten Teams - also nichts, was man nicht mit einem günstigen DLC hätte realisieren können. Die mageren Neuerungen innerhalb der Karriere, eine weitere KI-Stufe und die Integration der Vorgänger-Saison sind nur schwache Argumente, um dieses Mini-Update zum Vollpreis zu rechtfertigen. Dass es nicht in den mangelhaften Bereich abdriftet, verdankt man in erster Linie den Qualitäten auf dem Sattel, denn die Fahrphysik bietet dank verschiedener Stufen und Hilfen Zugang für Anfänger, liefert Profis im Gegenzug aber den gewünschten Anspruch und vermittelt den Eindruck einer möglichst authentischen Simulation. Trotzdem solltet ihr euch als Besitzer des Vorgängers den Kauf dieser Kopie auf jeden Fall sparen. Liebäugelt ihr dagegen zum ersten Mal mit der Anschaffung von Moto GP, bekommt ihr mit dem diesjährigen Vertreter ein durchaus solides, wenn auch technisch enttäuschendes Paket und könnt euch an der Wertung des Vorgängers (67%) orientieren.

Pro

offizielle Lizenz für drei Leistungsklassen...
Vorgänger-Saison enthalten
diverse Fahrphysik-Modelle und Hilfen
großer Umfang (Karriere, WM, Zusatz-Modi)
eigenes Setup möglich
verschiedene Witterungsbedingungen...
optionales Schadensmodell
optionaler Reifenverschleiß
optionale Rückspulfunktion
komplette Rennwochenenden möglich
fordernde KI
immersive Helmansicht
Splitscreen-Rennen
gute Auswahl und Anpassungen bei Online-Modi

Kontra

...aber viele Fahrer & Teams müssen erst freigespielt werden
massives, dreistes Recycling
technisch hoffnungslos veraltet
vereinzelte Einbrüche der Bildrate
schlimmer Sprecher
...deren Auswirkungen man erst in höheren Klassen spürt
magere Präsentation
häufige Ladeunterbrechungen
repetitive Parc-Fermé-Szenen statt Siegerehrung
lasches Strafsystem ohne echte Auswirkungen
Spieler wird bei Kollisionen fast immer benachteiligt
enttäuschender Fahrer-Editor
Frauen-Profile werden als Männer bezeichnet
keine Zuschauer-Funktion (online)
kein automatischer Host-Wechsel (online)

Wertung

PlayStation4

Mit Moto GP 15 recycelt Milestone den Vorgänger nahezu 1:1. Für Neulinge ein solides Paket, als Besitzer des Vorgängers dürfte man sich aber veräppelt vorkommen.

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