Toukiden: The Age of Demons12.03.2014, Benjamin Schmädig
Toukiden: The Age of Demons

Im Test:

Um Toukiden zu beschreiben, verlinke ich einfach den Test des aktuellen Monster Hunter, erwähne den leichteren Schwierigkeitsgrad des Nachahmers sowie das Fehlen einer glaubwürdigen Welt und verabschiede mich mit dem zynischen Hinweis, dass das immerhin besser ist, als weiterhin vergeblich auf ein Monster Hunter für PlayStation Vita zu warten. Danke und schönen Feierabend!

Monstoukiden

Der Vollständigkeit halber sollte ich hinzufügen, dass ich im spektakulären Getümmel durchaus meinen Spaß hatte. Man kann es aber nicht anders sagen: Toukiden ist eine ganz schön dreiste Kopie des großen Vorbilds.

Und sie hat durchaus ihre Berechtigung. Denn so lange Capcom Sonys Handheld ignoriert, dürsten Vita-Jäger nach den Monstern, die sie auf PSP in gleich mehreren Abenteuern erlegt haben. Jetzt heißen die Jäger zwar Slayer statt Hunter (das Spiel bietet ausschließlich englische Texte), jagen Dämonen statt Monster, tun im Wesentlichen aber das Gleiche wie ihre Kollegen inzwischen auf 3DS und Wii U.

Das bedeutet, sie werden in einem Dorf stationiert, wo sie ihre Ausrüstung zusammenstellen und Aufträge annehmen. Sie wählen Missionen, für deren Erledigung sie die verlangte Anzahl ausgewiesener Gegner töten. Dafür erkunden sie eine Welt, die in sehr kleine Areale aufgeteilt ist. In diesen kämpfen sie wieder und wieder gegen Dämonen,

Toukiden sieht seinem Vorbild Monster Hunter in jeder Minute spielerisch frappierend ähnlich.
die immer nur in bestimmten Gebieten vorkommen. Sie lesen außerdem Naturalien sowie Gegenstände auf, mit den sie handeln oder aus denen neue Waffen entstehen. Erlegte Gegner hinterlassen ebenfalls Materialien.

"Es eilt! Aber lass dir Zeit!"

Ich sollte außerdem die Geschichte hervorheben, die der Jagd einen erzählerischen Rahmen verleiht – der tut dem Abenteuer im Ansatz nämlich gut. Allerdings ist die Handlung so belanglos, die Unterhaltungen so profan, dass die Dialogfenster irgendwann zu lästigen Reaktionsspielen verkommen. Was dem Schein nach geschieht, hat ja keinerlei Auswirkung aufs Spiel: Selbst wenn die Häuser längst unter dem Angriff eines Riesendämons zittern, kann ich stundenlang andere Missionen erledigen, meine Rüstung verbessern, eine neue Waffe ausprobieren und unterm Wasserfall baden gehen, bevor ich dann doch mal das Dorf rette. Dann lieber ohne Geschichte!

ABM: Jäger gesucht

Es ist nicht die einzige Inkonsequenz, die mir sauer aufstößt. So motivierend es z.B. ist aus neuen Materialien mächtige Waffen zu schmieden, so mühselig ist das Beschaffen der Gegenstände. Wo ich in Monster Hunter etwa den Namen vieler Gegenstände entnehme, welches Monster ich dafür jagen oder welches Erz ich abbauen muss, verlangt der hiesige Waffenschmied Materialien, deren Bezeichnungen mich völlig im Dunkeln lassen.

Die Ursache sehe ich darin, dass sich Toukiden nur oberflächlich darum schert, eine glaubwürdige Welt zu erschaffen. Immerhin wühle ich anders als im Vorbild nicht im Boden um eine Wurzel auszugraben. Ich weide keine Monster aus, nachdem ich sie erlegt habe. Ich nutze keine Spitzhacke um Erz zu gewinnen. Und ich betreibe keinen Ackerbau um meine heimischen Ressourcen aufzustocken. Stattdessen hebe ich stets nur ein blinkendes Etwas auf oder halte eine Taste gedrückt, um vermutlich die Energie toter Dämonen zu gewinnen. Im Dorf ist es noch schlimmer, denn anstatt sinnvollen Tätigkeiten nachzugehen, stopfe ich Geld an drei Zugänge, die mir daraufhin zufällige Gegenstände oder kurzzeitig bessere Fähigkeiten spendieren.

Das alles wirkt wie ein animierter Klick. Die Entwickler denken gar nicht daran, die Kulisse als interaktive Welt greifbar zu machen. Ihr Toukiden ist kein virtuelles Abenteuer, sondern eine nüchterne Beschäftigungsmaßnahme.

Gute Kumpel

Zu allem Überfluss ist diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme fast durchgehend ein Kinderspiel und besteht über weite Strecken aus ständiger Wiederholung. Ich treffe ja stets die gleichen Dämonen an, zumal deren Vielfalt zu wünschen übrig lässt. Weil von der ersten Minute an fast keine Gefahr besteht,

Einzeln oder im Quartett?

Ähnlich wie in Monster Hunter dürfen sich auch in Toukiden bis zu vier menschliche Spieler zur Jagd verabreden. Dafür wurden spezielle Missionen erstellt; fehlende Mitspieler können durch vom Spiel gesteuerte Figuren ersetzt werden.

Die Verbindung ist sowohl online als auch über die AdHoc-Funktion möglich. Solisten dürfen die Missionen ebenfalls mit beliebig vielen Begleitern erleben. wurde ich den Missionen deshalb bald überdrüssig. Selbst wenn ich darauf verzichte mit bis zu drei Begleitern loszuziehen, stellen die Ausflüge keine Gefahr dar. Sie dauern dann nur länger.

Das ist allerdings auch ein Lob an die guten Kameraden, deren unterschiedliche Fähigkeiten ich sehr schätzen gelernt habe. Sie nehmen ja nicht nur rege am Kampf teil, sie helfen mir auch auf die Beine, falls mich ein großer Dämon zu Boden wirft. Sie nutzen Spezialfähigkeiten und sie greifen Bossgegner energisch an, wenn diese am verwundbarsten sind.

Imposante Höhepunkte

Diese Bosse sind es, die für spektakuläre Höhepunkte und im späteren Verlauf auch echte Herausforderungen sorgen. Riesige Tiergestalten trampeln, sprinten oder fliegen da auf mich zu, toben unter den Slayers und verwandeln sich in in noch aggressivere Bestien, wenn sie viel Schaden einstecken mussten. Diese letzte Phase und das Taumeln eines verletzten Dämons – das sieht verdammt imposant aus! Vor einigen der fantasievollen Kulissen entwickeln sich so beeindruckende Szenen.

Den Bossen kann ich durch gezieltes Angreifen außerdem Körperteile abschlagen, die als wertvolle Materialien dienen. Dass ich sie rechtzeitig aufsammeln muss, verleiht den Gefechten eine taktische Note. Auch magische Fähigkeiten wie mächtige Schüsse, Unverwundbarkeit oder das Schwächen der Verteidigung sollte ich überlegt einsetzen, da sie nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.

Die Neugier siegt

Eigene Zauber beherrsche ich zwar nicht, ich füge aber die Seelen ehemaliger Dämonenjäger in meine Waffen ein. Mit jedem Einsatz werden die Seelen dabei stärker und erhalten zusätzliche Attribute. Diese verbessern wiederum verschiedene Fähigkeiten oder Werte – ich muss mich allerdings für eine begrenzte Anzahl entscheiden. Über die Persönlichkeiten der Verstorbenen kann ich mich also gezielt spezialisieren.

Weil ich auch meine Ausrüstung Stück für Stück verbessere oder neue herstellen lasse, treibt mich vor allem die Neugier in den Kampf: Was nützt wohl diese neue Fähigkeit? Wie wirkt sich eine stärkere Rüstung aus? Auch wenn das schrittweise Stärken der Ausrüstung nur ein Umlagern der Erfahrungspunkte ist: Beim Verbessern meiner Werkzeuge fühle ich mich eher wie ein Teil der Spielewelt als beim Besserwerden durch einen künstlichen Stufenaufstieg.

Die Wahl der Waffen

Verschiedene Waffen stellen mich dabei vor unterschiedliche Herausforderungen. Mit einem Speer richte ich etwa großen Schaden an, schnelles Ausweichen ist damit natürlich schwieriger. Ein

Die Bewegungen und Verwandlungen einiger Gegner sind beeindruckend.
Messer in jeder Hand macht mich zu einem flinken Attentäter – ich muss allerdings häufiger zuschlagen. Und als Bogenschütze unterstütze ich meine Begleiter, indem ich verschiedene Körperteile eines Bosses für starke Verletzungen vorbereite.

Die meisten Waffen ermöglichen zudem eindrucksvolle Bewegungen, wenn ich mich mit einem Speer z.B. in die Höhe drücke, um die gesenkte Spitze während des Falls durch den Gegner in den Boden zu bohren. Mit Klingen kann ich hingegen vom Rücken eines Feindes immer wieder in die Luft springen. So schade ich ihm da, wo ihn meine Begleiter nicht erreichen. Die Choreografie ist um einiges überzeichneter als in Monster Hunter. Kein Wunder: Toukiden entstand in dem Studio, das für Dynasty Warriors verantwortlich zeichnet.

"Einfachheit" war scheinbar ein Motto der Entwickler, denn selbst die mächtigste Waffe ist nie so schwer, dass ich sie nach einem starken Hieb mühsam vom Boden aufheben müsste. Auch die Bewegung der Kamera sowie die Handhabung der Waffen fallen hier leichter, weil sie den Gewohnheiten moderner Action entsprechen. Immerhin ist Toukiden das erste Monster Hunter seit langem, das die Vorteile von zwei Analogsticks nutzen darf.

Fazit

Toukiden ist in keiner Weise ein besseres Monster Hunter. Bosskämpfe können noch so aufwändig inszeniert sein: Die über weite Strecken anspruchslose Jagd nach den immer gleichen Dämonen zielt nur auf den oberflächlichen Kick, das ständige "Größer, Weiter, Stärker!" des Sammeltriebs. Auf einen glaubwürdigen Schauplatz legt man keinen Wert. Dazu ist die Geschichte zu banal, die winzigen Areale sind reine Schießbuden. Und wo Monster Hunter mit dem Fördern von Mineralien, der Suche nach Pflanzen sowie dem Bewirtschaften von Feldern einen Fantasyalltag simuliert, gibt es hier nur den billigen Klick da, wo es blinkt. Dämonenjäger legen nicht einmal Fallen aus, sie stürzen sich ohne Umweg in spektakuläre Showdowns mit beeindrucken Bestien – und das hat ja durchaus seinen Reiz. Das ständige Verbessern der Ausrüstung sowie das Stärken der Fähigkeiten sind zumindest funktionierende Köder für den immer gleichen Kampf gegen immer gleiche Dämonen. Dass sich bis zu vier Onlineabenteurer in komfortablen Lobbys zusammentun, ist zudem eine durchdachte Ergänzung. Lebendiger wird das Spiel dadurch allerdings nicht.

Pro

spektakuläre Kämpfe gegen große Bosse
hilfreiche Begleiter
unterschiedliche Waffen ermöglichen verschiedene Kampfstile
eindrucksvolle akrobatische Angriffstechniken
umfangreiches Verbessern der Ausrüstung
beeindruckende Kulissen
zahlreiche Missionen für bis zu vier AdHoc- und Onlinespieler

Kontra

ständige Wiederholung der gleichen Gegner und Gebiete
winzige Areale statt zusammenhängender, lebendiger Welt
mühselige Erzählung ohne Spannung oder Emotion
fast durchgehend viel zu leicht
wenig Abwechslung unter den kleineren Dämonen
profane Sammelaufgaben als Nebenmissionen
Zufallsgegenstände statt gezieltem Acker
oder Bergbau u.ä.
Fundorte vieler Gegenstände nicht am Namen erkennbar
einfallsloses Kopieren von Monster Hunter
ausschließlich japanische Sprache und englische Texte

Wertung

PS_Vita

Dreiste Monster-Hunter-Kopie, die die Faszination der Jagd für oberflächliche Action und spektakuläre Bosskämpfe opfert.

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